Katar statt Kreml: Habeck will Russland-Abhängigkeit mit Wüstengas stoppen

Deutschland will sich unabhängiger von russischer Energie machen - und dabei auch auf Katar setzen. Grünen-Minister Habeck bringt „großartige“ Nachrichten aus Doha.
Doha - Die Mehrheit des in Deutschland verbrauchten Erdgases kommt aus Russland. Der Ukraine-Krieg* hat die Gas-Preise in die Höhe getrieben. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) fordert daher stetig, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Deutschland müsse sich unabhängig machen von der „Preis- und Kriegstreiberei“ anderer Länder, sagte der Vizekanzler schon am 22. Februar.
Erdgas aus Katar statt Russland? Habecks „großartige“ Neuigkeiten
Knapp ein Drittel des „deutschen“ Erdgases kommt bisher aus Norwegen, ein kleiner Teil aus den Niederlanden. Der Rest aus Russland. Neben einem stärkeren Fokus auf Norwegen und die Niederlande wird immer wieder auch das Erschließen neuer Märkte diskutiert. Aktuell im Fokus: Katar*. Der Golfstaat ist nach dem Iran und Russland der größte Erdgasimporteur. Beim Flüssiggas (auch LNG genannt) ist Katar sogar weltmarktführend. Das ist auch für die Bundesregierung interessant.
Deutschland und Katar haben laut Habeck eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart. Habeck sagte am Sonntag in Doha nach einem Treffen mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, es sei „großartigerweise“ fest vereinbart worden, eine langfristige Energiepartnerschaft einzugehen. Die Unternehmen, die mit nach Katar gekommen seien, würden nun mit der katarischen Seite tief in Vertragsverhandlungen einsteigen. Habeck wollte keine Angaben zu vereinbarten Mengen machen.
Habeck schickte in Doha gleich noch eine Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin*: „Wenn wir vielleicht auch in diesem Jahr noch russisches Gas brauchen werden: In der Zukunft nicht mehr. Und das fängt ja jetzt erst an. Also wer Ohren hat, der höre.“
Flüssiggas (LNG)
Flüssigerdgas (LNG) wird eingesetzt, wenn es keine Pipelineverbindung zwischen Hersteller und Abnehmer gibt. Erdgas wird flüssig, wenn es auf -162 Grad Celsius abgekühlt wird. Es ist für gewöhnlich teurer als Pipelinegas.
Wegen Ukraine-Krieg bald Erdgas aus Katar? Es bleiben Probleme
Aktuell kommt katarisches Gas noch nicht in Deutschland an. Bis es soweit ist, dauert es freilich auch. So müssen die gesamte Infrastruktur umgestellt sowie Katars bisherige Lieferverträge überarbeitet werden. Auch hierzulande gibt es nicht zu unterschätzende Probleme: „Deutschland selbst kann kein Flüssiggas importieren“, erklärt die Professorin Anke Weidlich vom Institut für Nachhaltige Technische Systeme an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg unserer Redaktion. „Dafür werden Regasifizierungsterminals benötigt, also Anlagen, in denen das flüssige Gas wieder in den gasförmigen Zustand zurück verwandelt wird.“
Solche Terminals werden in Deutschland aktuell zwar gebaut, fertiggestellt sind sie allerdings noch nicht. Sie waren viele Jahre politisch und wirtschaftlich umstritten, benötigen Zeit für die Planung, Genehmigung und den Bau - und sind teuer. „Es ist unter normalen Umständen günstiger, russisches Pipeline-Gas zu importieren als teureres LNG-Gas“, sagt Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft im Gespräch mit Merkur.de*.

In Bayern ist die Abhängigkeit von Russland übrigens besonders stark, wie Fischer erklärt. „Das norwegische Gas wird rein physikalisch in Norddeutschland verbraucht. Das niederländische kann aufgrund seiner Eigenschaften (sog. L-Gas) in unseren Geräten (sog. H-Gas) gar nicht eingesetzt werden. Wir in Bayern hängen derzeit damit fast vollständig am russischen Erdgas. Das ist die bittere Wahrheit.“
Fischer sieht die Katar-Pläne indes kritisch und fragt: „Wollen wir wirklich auf Dauer weiter machen so wie bisher? Wollen wir wirklich LNG-Gas aus einem Land beziehen, das im Verdacht steht, damit den internationalen Terrorismus zu finanzieren?“
Unterdessen tobt in Deutschland auch ein Streit um die Benzinpreise. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger äußerte am Sonntag einen Verdacht gegen die Öl-Konzerne*. (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA