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„Um Putin zu verspotten“? Prigoschin-Interview lässt Experten staunen

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Von: Katharina Brumbauer

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Die Wagner-Gruppe kämpft weiter vor Bachmut. Söldner-Chef Prigoschin gibt unterdessen ein Interview - und könnte dabei Wladimir Putin imitiert haben.

Bachmut - Jewgeni Prigoschin, Chef der Privatarmee Wagner, hat im Ukraine-Krieg an Einfluss gewonnen. Seine Söldner-Truppe kämpfen um die Einnahme der ostukrainische Stadt Bachmut. Prigoschin kritisiert immer wieder die Kriegsführung der russischen Armee und positioniert sich damit auch gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Jetzt hat er russischen Staatsmedien ein Interview gegeben, in dem sich Prigoschin unerwartet ganz ähnlich wie Putin in Szene setzt.

Für Stirnrunzeln sorgen vor allem die Bilder: Der Chef der Gruppe Wagner saß an einem Tisch, den Interviewpartnern des staatlichen Fernsehsenders Russia Today sowie der staatlichen Nachrichtenagenturen Russlands FNA und Ria Novosti gegenüber. Prigoschins Augen sind weit geöffnet, die Mimik starr. Die Körpersprache von „Putins Koch“ erinnerte stark an die des Kreml-Chefs. „Während des Interviews schien Prigoschin die Art und Weise nachzuahmen, wie Wladimir Putin sich bei öffentlichen Auftritten aufnehmen lässt“, bemerkte auch der US-amerikanische Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW).

Der Wagner Chef Jegweni Prigoschin.
Der Wagner Chef Jegweni Prigoschin. © IMAGO / ITAR-TASS

Prigoschin präsentiert sich bei Interview ähnlich wie Putin - um den Kreml-Chef „zu verspotten“?

Ein solches Interview-Setting ist für Prigoschin ungewöhnlich. Normalerweise lässt sich der Wagner-Chef im Ukraine-Krieg auf dem Schlachtfeld filmen. Im Weitwinkel. Diese Videos sollen vermutlich dynamisch und düster wirken. Den Hintergrund des neuesten Medien-Auftritts von „Putins Koch“ halten die Experten des ISW für „einzigartig“. Ihrer Einschätzung nach hat sich Prigoschin bei seinem Interview ähnlich wie der Kreml-Chef präsentiert, „entweder um Putin zu verspotten, oder um subtil anzudeuten, dass Prigoschin wie Putin russischer Präsident werden könnte“.

Prigoschin: seinen Einfluss in Moskau will der Wagner-Chef weiter steigern

Es ist kein Geheimnis, dass Prigoschin seinen Einfluss in Moskau weiter steigern möchte. Mitte März hatten die Analysten des ISW geschrieben, der Wagner-Chef könnte seine private Söldner-Truppe nach der Einnahme von Bahmut in eine „ideologische Elite-Parallel-Militärorganisation“ umwandeln, die dann der russischen Armee ebenbürtig wäre. Kurz zuvor hatte Prigoschin in einem Video noch angekündigt, er wolle bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2024 gegen Wolodymyr Selenskyj und dessen Vorgänger Petro Poroschenko antreten.

Das Video kann nicht unabhängig auf seine Echtheit überprüft werden. Das ISW nannte Prigoschins Ankündigung, ukrainischer Präsident werden zu wollen „sarkastisch“ und verwies darauf, dass er sich im Hintergrund vielmehr für die Präsidentschaftswahlen in Russland in Position bringen könnte. Diese sind ebenfalls für 2024 geplant.

Keine Munition, Telefonleitungen gekappt: Prigoschin wiederholt Vorwürfe gegen Kreml und widerspricht Putins wichtigstem Kriegs-Narrativ

In seinem jGespräch mit den russischen Staatsmedien sprach Prigoschin das Thema Präsidentschaftswahlen nicht an. Er wiederholte seine Vorwürfe gegenüber der russischen Staatsführung, denen zufolge der Kreml absichtlich verhindert, dass die Gruppe Wagner Bachmut einnimmt. Seit Wochen beschwert sich Prigoschin, dass seinen Streitkräften Munition vorenthalten werde und sämtliche Telefonleitungen in dem Kreml gekappt seien. Außerdem widersprach der Wagner-Chef der Kriegs-Propaganda Putins in einem wichtigen Punkt: Prigoschin zweifelte an, dass Russland im Ukraine-Krieg gegen die Nato und gegen ein ukrainisches Regime von Neonazis kämpfe. „Wir kämpfen nur gegen Ukrainer.“

Was auch immer Prigoschin mit seinem jüngsten Medien-Auftritt aussagen wollte: Ob er Putin parodieren und damit den Kreml erneut angreifen wollte, oder ob er eigene Ambitionen auf eine Präsidentschaft andeuten wollte. Die ISW-Analysten sind sich sicher, „dass Prigoschin größere politische Ambitionen in Russland hat“. (kb)

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