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„Wer verletzt ist, muss sich selber wegrollen“: Wagner-Söldner schildern Grausamkeit an der Front

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Von: Jens Kiffmeier

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Hohe Verluste und kaum Hilfe für Verwundete: Söldner der Wagner-Gruppe haben über den Alltag an der Ukraine-Front ausgepackt. Dort lauert vor allem der Tod.

Kiew/Bachmut – Landminen, Mörsergranaten und Scharfschützenfeuer: Rund um die Region Bachmut toben die Kämpfe im Ukraine-Krieg derzeit besonders heftig. So versucht Russland derzeit, mit einem massiven Soldatenaufmarsch die Frontlinie zu durchbrechen. Besonders im Feuer stehen die Söldner der Wagner-Gruppe, die für ihre brutale Vorgehensweise berüchtigt ist. Doch der Stellungskrieg erfordert einen Blutzoll. Die Verluste in den Reihen der Privatarmee sind hoch.

Tatsächlich führen die rekrutierten Söldner einen Überlebenskampf. Das berichteten zumindest zwei ehemalige Kämpfer in einem Interview mit dem US-Sender CNN. In ein Gefecht seien sie mit 90 Mann geschickt worden, sagte der Söldner und fügte hinzu: „Sechzig starben bei diesem ersten Angriff, getötet durch Mörserfeuer. Eine Handvoll blieb verwundet zurück.“ Wer sich weigere, in solche Gefechte zu gehen, werde erschossen – teilweise von den eigenen Kommandanten.

Hohe Verluste im Ukraine-Krieg: Söldner der Wagner-Gruppe schildern Kriegsalltag an der Front

Die hohen Verluste in den eigenen Reihen werden demnach billigend in Kauf genommen. So schicken die Befehlshaber der Wagner-Privatarmee, die von dem Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin gegründet wurde, die Angreifer im Ukraine-Krieg immer wieder in mehreren Wellen nach vorne. Die ersten Kämpfer müssen laut dem Insider-Bericht loslaufen und sich eingraben. Wenn sie keinen Erfolg haben, wird sofort eine zweite Truppe losgeschickt. Scheitert diese auch, kommt sofort die dritte hinterher.

Söldner zahlen im Russland-Ukraine-Krieg einen hohen Blutzoll: Sieben von zehn waren sofort tot

Die Kämpfe dauern so stundenlang. Die Geländegewinne sind dabei überschaubar. Bei einem dieser Angriffe im Russland-Ukraine-Krieg seien die „ersten Schritte in einen Wald wegen der vielen Landminen schwierig“ gewesen, schilderte der Söldner die Kämpfe und den hohen Blutzoll. „Von zehn Männern wurden sieben sofort getötet.“

Ist für seine Brutalität im Ukraine-Krieg bekannt: Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin.
Ist für seine Brutalität im Ukraine-Krieg bekannt: Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin. ©  Libkos/Uncredit/dpa/Montage

Damit bestätigten die beiden interviewten Söldner einen Bericht von ukrainischen Soldaten, die diese Wagner-Taktik bereits mehrfach beobachtet hatten und die Angreifer mit Zombie-Heerscharen verglichen hatten. Die Soldaten kämen immer wieder aus den Schützengräben gekrochen, kletterten über die Leichen ihrer Kameraden und liefen immer weiter.

In dem CNN-Interview begründen die beiden Wagner-Söldner das Vorgehen im Ukraine-Krieg mit einem Selbsterhaltungstrieb. „Manche bleiben im Wald stehen und lassen ihre Waffen fallen. Aber wenn man seine Waffen fallen lässt, gerät man unter Scharfschützenfeuer und stirbt.“ Also mache man immer weiter – selbst, wenn man verletzt wird. „Wenn man verwundet ist, rollt man sich erst einmal selbst weg, so gut es geht, an einen neutralen Ort, wo es kein Feuer gibt, und wenn niemand in der Nähe ist, leistet man sich selbst Erste Hilfe“, berichtete einer der Kämpfer. Eine Evakuierung durch die Kameraden gebe es nicht.

Russlands Angriffskrieg in der Ukraine: Wagner-Chef Prigoschin rekrutiert seine Söldner im Gefängnis

Unabhängig überprüfen lassen sich diese Berichte im Ukraine-Krieg nicht. Aber die Wagner-Gruppe ist durchaus für ihre Skrupellosigkeit bekannt. Für Russlands Angriffskriegs hatte Wagner-Boss Prigoschin seine Kämpfer bis vor Kurzem auch in Gefängnissen rekrutiert. Für sechs Monate Dienstzeit soll angeblich im Anschluss die Freiheit winken.

Auch die von CNN interviewten Männer fanden so den Weg in Prigoschins Privatarmee. Beide sind nach eigenen Angaben verheiratet, haben Kinder und saßen in Russland in Haft. Einer von ihnen sogar mit einer Strafe von 30 Jahren – wegen Totschlags. Er habe noch zehn Jahre vor sich gehabt, sagte er dem US-Sender. Da sei die Aussicht auf Freiheit nach sechs Monaten einfach zu verlockend gewesen. Ende des vergangenen Jahres geriet er in der Ukraine in Gefangenschaft. Nun sitzt er dort in Haft. (jkf)

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