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Drohnen-Sichtungen auch über Nato-Gebiet: Was hat es mit den Funden auf sich?

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Von: Linus Prien

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Zuletzt sind russische Drohnen offenbar auch über Nato-Ländern aufgetaucht. Experten halten Spionage für möglich - oder auch Tests.

Bistritz/Zagreb - Experten halten es für möglich, dass Russland mit Drohnen experimentiert, um diese im Anschluss im Krieg gegen die Ukraine zu verwenden. Der Spiegel hat zwei Experten zum Einsatz von Drohnen im Ukraine-Konflikt befragt.

Ukraine-Krieg: Es tauchen vermehrt russische Drohnen auf

In der vergangenen Woche gab es drei Vorfälle mit russischen Drohnen in Nato-Gebieten. Im rumänischen Bistritz ist eine Aufklärungsdrohne in einem Feld gelandet. Es handelte sich wahrscheinlich um eine Drohne des Typs Orlan-10. Die Drohne trug kein Hoheitskennzeichen, kommt jedoch aus russischer Produktion. Sie hat eine Spannweite von circa drei Metern.

Einige Kilometer außerhalb von Zagreb stürzte eine deutliche größere Drohne ab. Es handelte sich um eine Tupolew TU-141. Die Drohne stammte noch aus der Sowjetunion. Ob das Flugzeug tatsächlich aus Russland bis zur kroatischen Hauptstadt geflogen war, ist unbekannt, Kroatien kontaktierte die Ukraine mit der Bitte um Aufklärung. Beim Absturz der sechs Tonnen schweren Drohne kam niemand zu Schaden.

Überreste einer Sowjetdrohne, die in der Nähe der kroatischen Hauptstadt Zagreb abstürzte.
Überreste der Sowjetdrohne © IMAGO/Slavko Midzor/PIXSELL

Am vergangenen Montag meldete dann die ukrainische Luftwaffe, dass eine russische Aufklärungsdrohne den polnischen Luftraum überquerte, bevor sie in die Ukraine zurückkehrte und dort abgeschossen wurde. Es handelte sich den Angaben zufolge um eine „Forpost“. Ein ursprünglich aus Israel stammendes Drohnenmodell, das in Russland weiterentwickelt wurde.

Ukraine-Krieg: Was bedeutet die plötzliche Präsenz russischer Drohnen?

Die ukrainische Armee äußerte sich klar bezüglich der Vorkommnisse: „Wie wir sehen, führen die Invasoren weiterhin ihre provokativen Aktionen ohne Scham durch.“ Aus den Ländern, in denen die Funde gemacht wurden, und vonseiten der Nato wurde die Lage nüchterner beschrieben. Man habe die Drohnen verfolgen können und man untersuche die Ereignisse.

Federico Borsari ist Experte für unbemannte Flugzeuge beim European Council on Foreign Relations (ECFR). Bosari könnte sich nach eigenen Angaben vorstellen, dass falsch eingegebene Koordinaten zu den Unfällen führten. In Kriegssituationen könne etwas derartiges durchaus vorkommen. Der Experte hielt es jedoch auch für möglich, dass es sich um russische Spionageoperationen handle. Im Gegensatz zum Einsatz bemannter Kampfjets verliere man mit Drohnen keine Menschenleben. Dies könne angesichts der kolportierten niedrigen Moral der russischen Armee für den Kreml vorteilhaft sein. Zudem seien Drohnen billiger als Kampfjets.

Russland hat es lange nicht geschafft, die Hoheit im ukrainischen Luftraum zu erlangen. Hinzu kommt, dass die Ukraine bisher erfolgreicher Gebrauch von Drohnentechnologie gemacht hat, als die Armee Wladimir Putins. Die Armee verwendet die Bayraktar TB2 aus türkischer Produktion. Es wurde in den vergangenen Wochen immer wieder über ukrainische Drohnenangriffe berichtet. Laut Federico Borsari wäre es möglich, dass Russland seine veralteten Drohnen lediglich zur Aufklärung verwende. Man könne herausfinden, von wo der Gegner seine Drohnen abschießt. Diese Information könne wertvoll sein. Der Abschuss von Drohnen, die aus der Sowjetunion stammen, sei kein großer Verlust.

Ukraine-Krieg: Werden im Krieg Waffen getestet?

„Es ist brutal: Kriege sind immer auch Testläufe zum Ausprobieren neuer Waffensysteme, das gilt auch für diesen Krieg“, sagte indes Elisabeth Hoffberger-Pippan, Expertin für Militärtechnologie der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Nachrichtenmagazin. Der Drohnen-Typ der Aufklärungsdrohne, die sich kurzzeitig in Polen befand, sei zuvor nur auf Messen ausgestell worden. Erstmals wurden russische Truppen beim Einsatz dieser Drohne gesichtet.

Die Firma Kalaschnikow hat ebenfalls eine Kleindrohne namens „KUB-E“ entwickelt. Eine Exportgenehmigung für diese Drohne wurde erst Ende Januar dieses Jahres erteilt. Die Kleindrohne soll bereits in Kiew im Einsatz gewesen sein. Sie muss zwar von vergleichsweise kurzer Distanz aus bedient werden, kann dennoch enorm gefährlich sein. Die mit einer Kamera und einem Sprengsatz versehene Drohne wird für gezielte Tötungen verwendet. Bei der Detonation des Sprengsatzes wird die Drohne ebenfalls zerstört. Expertin Hoffberger-Pippan sagte dazu: „Oft werden staatliche Aufträge an Rüstungsfirmen erst vergeben, nachdem die jeweiligen Waffensysteme nicht nur unter Laborbedingungen, sondern in einem tatsächlichen, blutigen Krieg getestet worden sind.“ (lp)

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