1. Startseite
  2. Politik

Russlands Erdgas: Plötzlich scheint ein Embargo möglich - Grüner gibt Deutschen Tipp, um Putin zu „schaden“

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Kathrin Reikowski

Kommentare

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) beim TV-Duell (Archivfoto).
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Die Grünen) bei einem TV-Duell (Archivfoto). © Sven Hoppe/dpa

Sollte Deutschland ein Gasembargo gegen Russland auf den Weg bringen? Die Debatte läuft - Finanzminister Lindner erklärt die Folgen für die Bevölkerung.

Berlin - Am 11. Kriegstag in der Ukraine, an dem das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte nunmehr mindestens 364 getötete Zivilisten bestätigte, verschärft sich in Deutschland die Debatte um ein Embargo, also ein Importverbot, gegen russisches Gas.

„Ich appelliere an die Bundesregierung: Wir müssen die russischen Gas- und Ölimporte jetzt stoppen“, sagte der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen zum Ukraine-Konflikt. „Deutschland muss alle wirtschaftlichen Register ziehen, um Putins System so hart wie möglich von innen zu treffen und finanziell auszutrocknen“, schreibt Röttgen in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel . Zu den Sanktionen gehöre, auch die wichtigsten russische Banken - Sberbank und die Gazprombank - vom Swift-Bezahlverfahren auszunehmen. Über die Geldhäuser liefen täglich eine Milliarde Euro Gesamteinnahmen für Energieexporte an Russland.

Ähnlich äußerte sich der neue Chef der Münchner Sicherheitskonferenz: „Bei der Art und Weise, wie Putin vorgeht, sollten wir jetzt auch ein Embargo zu den Öl- und Gaslieferungen ins Auge fassen“, sagte Chrstoph Heusgen am Sonntag im ARD-„Europamagazin“. „Unser Land, die Menschen, die sehr solidarisch mit den Ukrainern sind, die würden das auch mittragen, wenn bei Ihnen es in der Stube etwas kälter würde.“ Für Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sieht er keine Spielräume.

Öl-Embargo für Russland: USA diskutieren Möglichkeiten mit europäischen Partnern

Auch die USA scheinen sich von ihrer bisherigen Linie abzuwenden. Noch vergangene Woche hatte sich die Biden-Regierung von Forderungen nach einem Öl-Embargo distanziert.

Anthony Blinken, US-amerikanischer Außenminister, sagte am Sonntag gegenüber CNN: „Was das russische Öl angeht habe ich gestern mit dem Präsidenten und Kabinettsmitgliedern gesprochen. Wir wenden uns jetzt an unsere europäischen Partner und Verbündeten, um einen koordinierten Ausstieg aus dem Ölimport genauer anzusehen, während wir gleichzeitig sicherstellen müssen, dass es eine angemessene Versorgung mit Öl für den Weltmarkt gibt.“ Die USA sollten sich besser von russischem Öl verabschieden, anstatt Putin die Macht zu verleihen, die Gas- und Ölpreise zu erhöhen oder die Versorgung der USA abzuschalten. Bis die Versorgung mit eigenem, US-amerikanischem Öl angelaufen sei, müsse es einen Puffer geben, auch aus Notreserven, meinte Blinken.

„Schadet Putin“ - Bayerns Grünen-Fraktionschef Hartmann appelliert an Deutsche

Ludwig Hartmann, Grünen-Fraktionschef in Bayern, argumentiert unterdessen, dass auch Energiepolitik Sicherheitspolitik sei. Im Bayerischen Rundfunk betonte er, dass sich Deutschland vom Energielieferanten Russland unabhängiger mache müsse.

Ludwig Hartmann (Grüne)
Ludwig Hartmann (Grüne) spricht. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Archivbild

 „Jeder, der jetzt Energie spart, schadet Putin.“

Ludwig Hartmann, Grünen-Fraktionschef in Bayern

Konkret schlug er vor, die Heizung in Privathaushalten auf 21 Grad herunterzuschalten und beim Autofahren Benzin zu sparen. Wladimir Putin zu schaden, könne auch durch verringertes Tempo, wie „120 statt 180“, passieren.

„Jeder Liter, den wir nicht verbrauchen, fehlt Putin in seiner Kriegskasse“, sagte Hartmann. Wenn Deutschland weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien komme, habe das darüber hinaus nicht nur im aktuellen Krieg Vorteile. Auch aus anderen Staaten wie Saudi-Arabien müsse dann kein Öl mehr bezogen werden.

Abreißende Gaslieferketten aus Russland: Habeck (Grüne) sorgt sich um den nächsten Winter

„Falls die Lieferketten reißen würden, wäre der kommende Winter eine Herausforderung“, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Sonntag im ZDF. „Das Frühjahr und den Sommer werden wir gut bestehen können, aber der nächste Winter bereitet mir noch ein bisschen Sorgen.“ Man prüfe deswegen sogar, ob ein längerer Betrieb der Atomkraftwerke in Deutschland etwas nützen würde. „Aber nachdem, was man absehen kann, ist das nicht der Fall“, sagte Habeck, der betonte, dass er weiter für einen Ausstieg aus der Atomenergie sei.

In Bezug auf Kohlekraft sagte Habeck, es sei für den Fall der Fälle eine Möglichkeit, „Kraftwerke in der Reserve zu halten“. Sie sollten aber nicht weiter laufen. „In der Reserve heißt, sie werden vorgehalten, sie werden nicht verschrottet, aber sie sind nicht mehr am Betrieb.“ Er betonte, man müsse darauf hinarbeiten, möglichst unabhängig von fossilen Energien zu werden. „Wir haben ja die andere Krise, die wir nicht aus dem Kopf verlieren dürfen“, sagte Habeck mit Blick auf die Klimakrise.

Ukraine-Krieg: Was würde ein Embargo für russisches Gas bedeuten? Lindner gegen Steuererleichterungen

Dass ein Embargo unmittelbare Folgen für die Bevölkerung hätte, bestätigte Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Sender Bild.tv. Er kenne die Probleme der Menschen, die auf ein Auto nicht verzichten können. Es gebe aber aktuell keine Überlegungen der Bundesregierung, Steuern zu senken. „Was man nicht tun kann, ist, über ein Embargo nachzudenken, und dann hoffen, dass der Staat die Folgen abfedert.“ Ein Sondervermögen für den Spritpreis - wie von Kanzler Olaf Scholz (SPD) für die Bundeswehr angekündigt - sei nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren.

Der Staat könne kein Geld verteilen, das er nicht habe. „Ich bin nicht dafür, dass wir für gestiegene Preise beim Sprit einen Kredit bei unseren Enkeln nehmen. Wir alle werden ärmer, wenn die Preise für die Rohstoffe steigen, auch der Staat, etwa durch höhere Sozialleistungen, die durch Inflation steigen, oder durch steigende Investitionen“, sagte Lindner.

„Wir werden sozial abfedern und versuchen zu dämpfen, aber es gibt Grenzen.“ Dass der Staat durch höhere Spritpreise auch mehr Umsetzsteuereinnahmen habe, sei zwar richtig, aber insgesamt profitiere der Staat nicht davon. „Menschen verzichten wegen höherer Ausgaben auch darauf, andere Dinge zu kaufen, was auch dem Staat an Steuereinnahmen fehlt“, so Lindner. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte zuletzt Pläne für größere Energie-Unabhängigkeit von Russland vorgestellt. (dpa/kat)

Auch interessant

Kommentare