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„Finden ein Gegengift“: Putins Armee beißt sich an Bachmut die Zähne aus

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Von: Bedrettin Bölükbasi

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In der ukrainischen Stadt Bachmut kommt es immer wieder zu heftigen Detonationen.
In der ukrainischen Stadt Bachmut liefern sich russische und ukrainische Truppen schwere Kämpfe. © Libkos/dpa

Im Ukraine-Krieg konzentrieren sich die Zusammenstöße auf die Ostukraine. Aktuell befindet sich die Stadt Bachmut im Visier von Putins Truppen – obwohl sie strategisch wenig bedeutend ist.

München – Im Ukraine-Krieg lag die Aufmerksamkeit sehr lange auf Cherson im Süden. Nach der Rückeroberung der Stadt durch ukrainische Truppen und die nun vergleichsweise ruhigere Lage in der Region rückt jetzt der Donbass im Osten des Landes erneut stärker in den Fokus.

Die Stadt Bachmut im Oblast Donezk etwa ist Schauplatz schwerer Gefechte im Krieg in der Ukraine. Seit mehr als sieben Monaten versucht das Militär von Kreml-Chef Wladimir Putin die Stadt einzunehmen. Dabei hält sich die strategische Rolle der Stadt in Grenzen. So stellt sich die Frage, warum russische Truppen dennoch verzweifelt versuchen, Bachmut zu erobern. Indes spricht die Ukraine von einer strategischen Änderung der Taktik auf russischer Seite.

Ukraine-Krieg: Kampf um Bachmut – Putins Armee leidet unter schweren Verlusten

Seit August konzentriert sich eine gewaltige Anzahl russischer Truppen und Militärausrüstung um die auch als Artemiwsk bekannte Stadt Bachmut. In erster Linie führt dabei Putins Söldner – die Gruppe Wagner – die Offensive an und wird von Luft- und Artillerieangriffen unterstützt. Daneben sind auch reguläre Soldaten sowie im Rahmen der Teilmobilisierung eingezogene Rekruten beteiligt. Die Stadt wurde fast komplett zerbombt, so dass der ukrainische Präsident Selenskyj jüngst von „verbrannten Ruinen“ sprach. Ein Durchbruch bleibt bislang aber aus.

Hinzu kommt: Russland verliert täglich unzählig viele Soldaten bei den Kämpfen um Bachmut. Täglich würden 50 bis 100 russische Soldaten an der Front in Bachmut sterben, erklärte Serhij Tscherewatyj, ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes, Anfang Dezember laut dem Nachrichtenportal Kyiv Independent. Zudem setzen die Wetterbedingungen beiden Seiten schwer zu. Videos zeigen, wie gepanzerte Fahrzeuge im Schlamm stecken bleiben und Soldaten kniehoch im Matsch herrumlaufen.

Bachmut eine strategisch wichtige Stadt im Ukraine-Krieg oder doch nur wichtig für das russische Image?

Doch wofür die ganzen Verluste auf russischer Seite im Ukraine-Krieg? Strategisch ist Bachmut laut Analysten nur für eine weitere Offensive gegen die Städte Slowjansk und Kramatorsk im Krieg in der Ukraine bedeutend, wie die englisch-sprachige Oppositionszeitung Moscow Times schreibt. Daneben stellt die Stadt einen regionalen Knotenpunkt aufgrund einer Schlüsselstraße dar. Dennoch lohnt es sich für Moskau offensichtlich nicht, für die Eroberung der Stadt derart schwere Verluste im Russland-Ukraine-Krieg hinzunehmen.

„Niemand versteht die Bedeutung von Bachmut. Niemand kann wirklich erklären, warum die Russen so wild dafür kämpfen“, zitierte die Zeitung den Verteidigungsanalysten Konrad Musjika von Rochan Consulting, einem polnischen Unternehmen für Kriegsbeobachtung. Für die Einstellung des russischen Militärs liefert die Moscow Times eine mögliche Begründung. Demnach geht es vor allem darum, das durch mehrere Niederlagen beschädigte militärische Image von Putins Truppen wiederherzustellen.

Ukraine-Krieg: Bachmut im Mittelpunkt der Gefechte – Prigoschin will wohl unbedingt einen Sieg

Das Image der russischen Armee leidet schwer unter der Vertreibung aus Charkiw sowie dem Rückzug aus Cherson. Außerdem bleibt seit Monaten ein entscheidender Fortschritt im Osten aus. Die Eroberung von Bachmut könnte dem endlich ein Ende setzen. „Russland kämpft seit einer so langen Zeit, weshalb sie denken, dass sie genauso gut auch alles tun können, um Bachmut einzunehmen“, erklärte Musjika.

Daneben dürfte es auch um den Ruf von Wagner-Chef Yevgeny Prigoschin gehen. Immerhin kämpfen die Söldern von Putins Koch ganz vorne und wären bei einer Eroberung von Bachmut womöglich auch die ersten Einheiten, die in die Stadt einmarschieren würden. Wagner würde den Sieg für sich beanspruchen, was den Ruf von Prigoschin in Russland stark ankurbeln würde. Aktuell gibt es zudem Befürchtungen über einen Angriff von Wagner-Verbündeten auf Nato-Territorium.

Mark Galeotti, ein Experte für russische Sicherheit an der University College London, unterstrich gegenüber der Moscow Times, zuvor habe es bei russischen Vorstoßversuchen eine Art „militärische Vernunft“ gegeben. Jetzt handle es sich aber um „blutige Gesinnung“ und Prigoschins „Wunsch“ nach einem Sieg.

Ukraine will „Gegengift“ in Bachmut finden – Militärsprecher erzählt von neuer Taktik Russlands

Der ukrainische Militärsprecher Tscherewatyj bestätigte unterdessen die schweren Kämpfe um Bachmut. „Der Donbass ist die Hauptfront im Kampf um die Unabhängigkeit der Ukraine“, betonte er im ukrainischen Fernsehen zur aktuellen Situation im Ukraine-Krieg. Ihm zufolge setzt das russische Militär neue Mittel ein, um in Bachmut und Awdijiwka erfolgreich zu sein. So wollen die Russen wohl endlich Erfolge verzeichnen.

„Der Feind hat seine Taktik geändert“, so Tscherewatyj. Anstelle von Angriffen größerer Einheiten erfolgten nunmehr Attacken kleinerer Gruppen, dabei vor allem der Söldnertruppe Wagner, unterstützt von Rohr- und Raketenartillerie. Zugleich versicherte Tscherewatyj: „Wir analysieren diese Taktik und finden für jedes militärische Gift ein Gegengift.“ (bb)

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