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Ukrainische Gegenoffensive: Putins Soldaten erwarten offenbar Kämpfe im Stadtgebiet von Cherson

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Ein ukrainischer Soldat überprüft in Cherson die von russischen Soldaten ausgehobenen Schützengräben (Bild vom 12. Oktober 2022). Russische Truppen zogen sich Anfang Oktober um 20 Kilometer zurück. © Leo Correa/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der russische Verwaltungschef der südukrainischen Region Cherson erbat am Donnerstag von Moskau die Evakuierung von Zivilisten aus dem Gebiet. Offenbar erwarten die russischen Truppen Kämpfe.

Cherson - Der Oblast Cherson mit der gleichnamigen Hauptstadt liegt im Süden der Ukraine und grenzt an die von Russland annektierte Halbinsel Krim. Anfang Oktober mussten sich die russischen Truppen um rund 20 Kilometer im Norden des Sektors der strategisch wichtigen Region zurückziehen. Britische Geheimdienstberichte weisen nun darauf hin, dass Russland im Ukraine-Krieg offenbar den neuen Frontverlauf festigen will - und womöglich Kämpfe im Stadtgebiet der Seehafenstadt Cherson erwartet.

Ukraine-Krieg: Was die Region Cherson strategisch bedeutsam macht

Kremlchef Wladimir Putin will die Stadt Cherson um jeden Preis halten. Sie war die erste größere Stadt, die seit Beginn des Krieges an die russischen Truppen fiel. Berichten der US-Zeitung New York Times (NYT) zufolge soll sich der russische Präsident angesichts der erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensive deshalb sogar direkt in die Militärstrategie eingemischt und Befehle an die Front erteilt haben. Seinen Generälen in der Region habe er den Rückzug untersagt, hieß es in einem Bericht Ende September. Dies habe das Leben der russischen Soldaten aufs Spiel gesetzt und ihre Moral untergraben.

Als ukrainische Soldaten im Oktober im zurückeroberten Dorf Welyka Olexandriwka in der Region Cherson durch die Straßen patrouillierten, fanden sie auf Mauern und Zäunen handgeschriebene Botschaften. „Was auch immer wir tun, wir werden dieses Leben nicht lebend verlassen“, lautete einem NYT-Bericht vom Montag zufolge eines der Graffitis, das als Hinweis auf die schlechte Moral in der russischen Armee gewertet werden könnte. Aus russischer Sicht war die Befürchtung, dass bei einem Rückzug gar die Landbrücke zur Krim in Gefahr sein könnte – falls die Ukraine es schaffen würde, russische Streitkräfte weiter zurückzudrängen. Der andere Zugang auf die Krim ist die sogenannte Kertsch-Brücke, die am Samstag durch eine Explosion schwer beschädigt wurde.

Die Region Cherson bleibt aktuell eine von zwei Regionen, in denen die ukrainischen Truppen ihre Gegenoffensive weiter vorantreiben. Ein Geheimdienstbericht des britischen Verteidigungsministeriums weist nun darauf hin, dass die russischen Besatzungsbehörden offenbar mit bevorstehenden Kämpfen innerhalb des Stadtgebiets von Cherson rechnen.

Britische Geheimdienstinformationen: Russische Truppen bemüht, neuen Frontverlauf zu halten

Laut dem Bericht aus London sind russische Truppen nun bemüht, einen neuen Frontverlauf westlich der Ortschaft Mylowe zu festigen. Mylowe liegt rund 100 Kilometer von der Stadt Cherson entfernt in nordöstlicher Richtung und war im März von russischen Truppen besetzt worden. Diese Linie sei weiterhin schwer umkämpft, vor allem an ihrem westlichen Ende, betonte der Bericht der Briten. Dort habe der ukrainische Vorstoß dazu geführt, dass die Russen nicht mehr von dem Schutz des Flusses Inhulez profitierten. Die meisten der russischen Einheiten seien zudem unterbesetzt, so die britischen Experten weiter.

„In den vergangenen Tagen haben die russischen Besatzungsbehörden wahrscheinlich Vorbereitungen zur Evakuierung einiger Zivilisten aus Cherson angeordnet“, hieß es in der Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter. Es sei daher wahrscheinlich, dass sie mit bevorstehenden Kämpfen innerhalb der Stadt rechneten. Kurz darauf wurde bekannt, dass die von Russland eingesetzte Verwaltung der Region von Moskau die Evakuierung von Zivilisten aus Cherson erbat.

Ukraine-Krieg: Pro-russische Behörden im besetzten Cherson wollen Zivilisten evakuieren

„Wir haben vorgeschlagen, dass alle Einwohner der Region Cherson, die sich vor (ukrainischen) Angriffen in Sicherheit bringen wollen, sich in andere (russische) Regionen begeben können“, erklärte Verwaltungschef Wladimir Saldo am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. „Nehmen Sie Ihre Kinder mit und gehen Sie“, rief er die Einwohner auf. Saldo hatte laut Informationen der Kriegsexperten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) zuvor angegeben, dass Russland in der Region auch Menschen auffordere, „sich freiwillig zu melden“, um ein Aufklärungsbataillon zusammenzustellen.

Die ISW-Experten gaben unter Berufung auf ukrainische Quellen zudem an, dass derzeit iranische Ausbilder russischen Streitkräften den Einsatz von Shahed-135-Drohnen beibringen würden. Demnach sollen die iranischen Ausbilder unter anderem in den Städten Salisnyj Port und Hladivtsi in der Region Cherson stationiert sein. Ukrainische Militärs bestätigten indes am Mittwoch, dass ukrainische Truppen fünf Siedlungen im Norden der Oblast Cherson befreit hätten und nun vermehrt militärische Einrichtungen Russlands in Cherson sowie Regionen mit einer hohen Truppenkonzentration angreifen würden.

Derweil entlockt ein russischer Fake-Anruf dem ukrainischen Außenminister brisante Aussagen. Es geht um Angriffe auf Russland und die Verbindung zu den USA.

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