Russland spürt den Ukraine-Krieg: Politiker urlaubt mit Cocktail und Krabben – und erntet geballten Zorn

Die russische Region Kursk leidet unter dem Ukraine-Krieg. Ein Abgeordneter hat offenbar den Zorn des Volkes unterschätzt: Sein Urlaub wird zum Politikum.
Kursk – Der Ukraine-Krieg scheint zunehmend schmerzhaft im Bewusstsein der Russinnen und Russen anzukommen: Ein im sonnigen Mexiko mit Cocktails und Leckereien urlaubender Regional-Politiker hat nun einen Sturm der Entrüstung geerntet. Der Anschein von Dekadenz wirkt angesichts von massiven Problemen in Russlands-Angriffskrieg wohl nicht mehr angemessen. Sogar von der Spitze der Putin-Partei „Einiges Russland“ gab es einen Rüffel. Der Politiker selbst gehört nicht der Partei an – wohl aber seine Ehefrau.
Ukraine-Krieg: Abgeordneter wünscht aus Strandbar „viel Geld und gute Laune“
Der Stein des Anstoßes: Maxim Wassiljew, Abgeordnete des Kursker Landtags, hatte in einem Video posiert. Er wünschte aus einer Strandbar „viel Geld und gute Laune“. Dazu gönnte er sich einen offenbar alkoholischen Cocktail und Krabben. Die Region Kursk grenzt an die Ukraine und spürt in zunehmendem Maße die Folgen des Krieges. Tausende Kursker sind an der Front, der Tod von rund 100 Menschen aus der Gegend wurde bereits offiziell bestätigt. Grenznahe Orte geraten regelmäßig unter Beschuss, im Dezember erlebte der Flugplatz Kursk eine Drohnenattacke.
„Wie Tausende meiner Landsleute bin ich entrüstet über den Videogruß, den der Abgeordnete des Kursker Landtags, Maxim Wassiljew, aus Mexiko geschickt hat“, schrieb der Kursker Gouverneur Roman Starowoit in seinem Telegram-Kanal. Er nannte den Luxus-Urlaub des Politikers in Kriegszeiten „unethisch“. Starowoit selbst hatte zuletzt laut der früheren Sprecherin von Wolodymyr Selenskyj, Iulija Mendel, öffentlichkeitswirksam an einem Militärtraining der Gruppe Wagner teilgenommen. „Ich frage mich, ob er in den Krieg ziehen wird...“, spottete sie in einem Tweet.
Putin-Partei wütet über Politiker-Urlaub im Ukraine-Krieg: „Weiß nicht, was sie dazu bewegt hat“
Auch Rücktrittsforderungen an Wassiljew wurden unterdessen laut. „Ich weiß nicht, was die Wassiljews zu einer solchen Entscheidung bewegt“, schrieb der Generalsekretär der Kremlpartei „Einiges Russland“ Andrej Turtschak. „Aber ich hoffe, dass sich die Reihen der Kursker Abgeordneten nach den Neujahrsferien lichten.“
Wassiljew, der lange für die Kommunisten im Landtag saß, ist parteilos. Seine Ehefrau gehört hingegen zur Fraktion „Einiges Russland“. Wassiljew hat sich in der Vergangenheit als aktiver Unterstützer des Kriegs gegen die Ukraine gezeigt. Den Wirbel um seinen Neujahrsgruß nannte er übertrieben – und zeigte sich als Opfer eines Streichs.
Er habe den Gruß nur an Freunde geschickt, aber ein ehemaliger Bekannter aus der Westukraine, „mit dem ich vor der militärischen Spezialoperation befreundet war“, habe das Video im Netz weiter verbreitet, erklärte der Abgeordnete. Ob das die Kursker beruhigt, ist fraglich: In sozialen Netzwerken kursierten am Sonntag Bewegtbilder von einer Explosion in der Region. Die Ukraine schien zumindest in den besetzten Regionen Donezk und Luhansk vermehrt Energie-Infrastruktur anzugreifen. Womöglich gilt das auch für Kursk. (dpa/fn)