Gibt es Hoffnung auf Deeskalation? Das sind Putins Forderungen – und das bietet Selenskyj Russland an
Gelingt im Ukraine-Krieg doch noch eine diplomatische Lösung des Konflikts? Russland und die Ukraine scheinen in ihren Positionen aufeinander zuzugehen.
„Wer redet, schießt nicht“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock noch vor wenigen Wochen bei ihrem Staatsbesuch in Russland. Einige Tage später startete der russische Präsident Wladimir Putin den Ukraine-Krieg*, seitdem fallen Bomben, es gibt Tausende Tote, Millionen Geflüchtete. Ein winziger Hoffnungsschimmer ist, dass sich die Vertreter beider Länder zuletzt mehrmals zu Verhandlungen trafen, um eine Lösung des Konflikts zu erreichen.
Am Donnerstag, 10. März, gibt es eine neue Verhandlungsrunde zwischen Russland und der Ukraine - die mittlerweile vierte seit Beginn des Ukraine-Kriegs. Der russische Außenminister Sergej Lawrow trifft dann in Antalya auf seinen ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. Es ist das ranghöchste Gespräch seit Kriegsbeginn.
Ukraine-Verhandlungen: Experte sieht Chance auf Deeskalation des Konflikts
Und es gibt zarte Anzeichen, dass beide Parteien zu Zugeständnissen bereit sind: Das russische Außenministerium hat am Mittwoch, 9. März, verkündet, angeblich nicht mehr den Sturz der ukrainischen Regierung anzustreben. Begründung: In den Verhandlungen mit der Ukraine über eine Beilegung des Konflikts seien „einige Fortschritte erzielt worden.“ Die russischen Truppen hätten nicht den Auftrag, „die aktuelle Regierung zu stürzen“. Der Sturz der Regierung in Kiew war bisher eine der drastischen Forderungen Putins gewesen, die er an die Ukraine stellte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederum erklärte in einem Interview am Montag, 8. März, sein Land strebe keine Mitgliedschaft in der Nato mehr an - damit würde er eine der zentralen Forderungen Putins erfüllen. Auch sonst wählte Selenskyj im Interview mit dem US-Sender ABC News einlenkende Worte: Der Abschied von der NATO und der Halbinsel Krim, ein unabhängiger Donbass, die Verpflichtung zu Neutralität - der ukrainische Staatschef scheint zu schmerzhaften Zugeständnissen bereit sein, wenn Putin im Gegenzug dem Krieg ein Ende macht.

Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität in Köln, sagte am Mittwoch im Interview mit ntv, er sehe „hoffnungsvolle Zeichen“ auf eine Deeskalation im Ukraine-Krieg. Beide Seiten seien „von einigen Forderungen abgerückt“. Er glaubt, Russland und die Ukraine würden erkennen, dass sie den Krieg militärisch nicht gewinnen können.
Ukraine-Krieg: Welche Forderungen stellt Putin an die Ukraine?
Am Montag, 8. März, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Ukraine eine neue Liste mit Forderungen übermittelt. Folgende Forderungen sind aufgeführt:
- Einstellungen aller militärischen Aktionen vonseiten der Ukraine
- Aufnahme der Neutralität in die Verfassung, dies bedeutet auch das Ende des von der Ukraine eigentlich gewünschten Nato-Beitritts
- Anerkennung der Krim als russisches Staatsgebiet. Russland hat die Halbinsel im Jahr 2014 annektiert und verstieß damit gegen Völkerrecht.
- Anerkennung der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten
Ukraine-Krieg: Was bietet Selenskyj Russland an?
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat zuletzt mehrere Zugeständnisse angedeutet.
- Die Partei des ukrainischen Präsidenten erklärte, das Ziel eines Nato-Beitritts nicht mehr zu verfolgen
- Eine Verpflichtung zur Neutralität scheint für die Ukraine denkbar: „Solche Fragen ließen sich in Verhandlungen diskutieren, das ist durchaus möglich“, sagte Ihor Showkwa, außenpolitischer Berater von Selenskyj, am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen
- Selenskyj signalisiert Gesprächsbereitschaft in Bezug auf die Anerkennung der Krim und der „Volksrepubliken“ im Donbass. Man könne versuchen, einen Kompromiss zu finden, sagte er im Interview mit ABC News am Montag.
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