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„Keine Bestellungen bekannt“: Hat Deutschland keinen einzigen neuen Leopard-Panzer bestellt?

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Von: Patrick Mayer

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„Zeitenwende“ verschlafen? Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor der Besatzung eines Bundeswehr-Leopard-2.
„Zeitenwende“ verschlafen? Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor der Besatzung eines Bundeswehr-Leopard-2. © IMAGO/Björn Trotzki

Die Ampel-Regierung habe keine neuen Leopard 2 für die Bundeswehr geordert, klagt CDU-Politiker Roderich Kiesewetter bei Merkur.de. Er fordert Maßnahmen.

München - Wie ist es um die Panzer-Flotte der deutschen Bundeswehr bestellt? Schlecht, geht es nach einem Bericht des ZDF von Mitte Februar. Diesem zufolge waren zu diesem Zeitpunkt nur 90 von 290 Leopard-2-Kampfpanzer einsatzfähig.

Leopard 2 der Bundeswehr: Ampel-Bundesregierung hat offenbar keine neuen Exemplare bestellt

18 der kampftüchtigen Exemplare gehen aktuell zur Unterstützung an die ukrainischen Streitkräfte. Acht weitere Panzer stehen dem Vernehmen nach an der NATO-Ostflanke in Litauen. Blieben angesichts einer einfachen Rechnung für eine Landesverteidigung Deutschlands noch 64 „Leos“ - bundesweit.

Bestünde also nicht Bedarf, neue Leopard-2-Kampfpanzer bei der deutschen Rüstungsindustrie zu bestellen? Die „Leos“ werden beim Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann in München zusammengebaut. Aber: Wie der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter auf Anfrage von Merkur.de erklärte, liegen dem Deutschen Bundestag keinerlei Informationen vor, dass die Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP auch nur einen einzigen modernen „Leo“ bestellt hat. Und zwar nicht, seit Kanzler Olaf Scholz (SPD) im März 2022 die sogenannte „Zeitenwende“ ausgerufen hatte.

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„Mir sind keine derartigen Bestellungen bekannt, vielmehr wurden erst 600 Millionen Euro, also weniger als ein Prozent des Sondervermögens, effektiv eingeplant“, erklärte Kiesewetter: „Es fehlt schlicht an Bestellungen und Finanzierungszusagen für die Rüstungsindustrie. Wenn keine Leopard 2 bestellt werden, dann werden auch keine produziert.“ Das „Sondervermögen Bundeswehr“ über 100 Milliarden Euro hatte Scholz zeitgleich zur konkreten Umsetzung der „Zeitenwende“ bekannt gegeben.

Kiesewetter war zwischen 1982 und 2009 Berufssoldat, zuletzt im Rang eines Oberst, ehe er erstmals als Abgeordneter für den baden-württembergischen Wahlkreis Aalen-Heidenheim in den 17. Deutschen Bundestag gewählt wurde. Von 2011 bis 2016 war der heute 59-Jährige zudem Präsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr - und stets nah an der Truppe dran.

Leopard 2 der Bundeswehr: CDU-Politiker Kiesewetter kritisiert Ampel-Bundesregierung scharf

Gegenüber Merkur.de kritisiert der Schwabe, der bei der Bundeswehr auf dem Balkan und in Afghanistan im Auslandseinsatz war, ein angebliches früheres „Planungsverbot des Kanzleramts für die Vorbereitung von Kampfpanzern für die Ukraine aus Industriebeständen“. „Das hat dazu geführt, dass auf Bundeswehrbestände zurückgegriffen werden musste, als das Kanzleramt durch den internationalen Druck zur Zusage für Kampfpanzer gedrängt war“, meint der Oppositionspolitiker mit Blick auf das anfängliche Zögern der „Ampel“ in dieser Frage.

Verteidigungspolitiker der CDU: Roderich Kiesewetter.
Verteidigungspolitiker der CDU: Roderich Kiesewetter. © IMAGO/Bernd Elmenthaler

Es fehlt schlicht an Bestellungen und Finanzierungszusagen für die Rüstungsindustrie. Wenn keine Leopard 2 bestellt werden, dann werden auch keine produziert.

CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter gegenüber Merkur.de

Seiner Ansicht nach „kam es für das Kanzleramt wohl selbst überraschend. Der Rückgriff wäre so nicht nötig gewesen, hätte man ab April mit Planung und Vorbereitung der Industriebestände begonnen“, blickte Kiesewetter in das Jahr 2022 zurück.

Sondervermögen Bundeswehr: Gingen durch Inflation und Zögern der „Ampel“ 13 Milliarden verloren?

Kiesewetter kritisierte ferner, der Verlust beim „Sondervermögen Bundeswehr“ durch vernachlässigte Bestellungen und gleichzeitig steigender Inflation liege seinen Schätzungen nach bereits bei 13 Milliarden Euro.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg habe die NATO-Staaten schon im Sommer 2022 samt Rüstungsindustrien gebeten, die Produktion von Munition und Gerät anzukurbeln und zu beschleunigen. „Nur die USA ist der Bitte gefolgt, in Deutschland wartet die Industrie bis heute auf Aufträge“, erklärte Kiesewetter. Er fordert jetzt „Maßnahmen, um die Beschaffung zu beschleunigen“.

Waffenlieferungen an die Ukraine: Die deutsche Bundeswehr braucht wohl erheblich Ersatz

So könne etwa bei der Abgabe von Material der Bundeswehr an die Ukraine die sofortige Neubeschaffung für die Bundeswehr angeordnet werden, „ohne den üblichen Weg über 25 Millionen-Euro-Vorlagen und Einzelbeschlüsse zu gehen, sondern lediglich mit einer Informationspflicht gegenüber dem Parlament“, nennt er ein Beispiel.

Der „Leopard 2“: Hunderte Unternehmen liefern Bauteile - montiert wird in München

Wer fertigt den Kampfpanzer? Laut „heute live“ des ZDF liefern Hunderte Firmen Bauteile zu. Krauss-Maffei Wegmann aus München-Allach produziert die Wanne und ist für die Montage zuständig. MWK-Defence aus Sachsen liefert für eben jenen Zusammenbau die Panzerketten, Das Getriebe kommt von der Augsburger Renk-Group, die Rolls Royce-Tochter MTU aus Friedrichshafen am Bodensee produziert den Dieselmotor. Den Panzerstahl stellt der schwedische Konzern SSAB bereit. Die Glattrohrwaffe kommt vom deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall aus Düsseldorf.

Ein wichtiger Schritt sei auch die Erhöhung der Taktzahl in der Industrie. Dafür könne zum Beispiel das Schichtsystem bei den Produzenten ausgeweitet und durch Planungssicherheit eine Einstellungsoffensive gestartet werden, schlug der CDU-Politiker vor: „All das muss man aber politisch auch wollen. Und das habe ich das letzte Jahr leider nicht vom Kanzleramt und nicht vom Bundesverteidigungsministerium gesehen.“

Leopard 2 der Bundeswehr: CDU-Mann Kiesewetter fordert Mindestbestand von 290 Kampfpanzern

Wie viele einsatzbereite Leopard-2-Kampfpanzer die Bundeswehr eigentlich bräuchte? Der Soldat außer Dienst antwortet auf diese Frage: „Das absolute Minimum wäre, wenn die in den Medien genannten 290 Leopard-2-Panzer, die wir haben, alle einsatzfähig wären. Aufgrund unserer Zusagen bei der NATO dürfte der Bedarf aber deutlich höher liegen.“ (pm)

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