Ukraine evakuiert Kupjansk: Frontstadt ist sogar wichtiger als Bachmut
Die Ukraine hat die Evakuierung der Frontstadt Kupjansk angeordnet. Russland bombardiert die Stadt wohl ununterbrochen, denn sie ist taktisch bedeutender als Bachmut.
Kupjansk - Russische Bombardierungen gehören in der ukrainischen Stadt Kupjansk seit Ende Januar zur grausamen Normalität: Seitdem Russlands Präsident Wladimir Putin eine neue Offensive im Donbass anordnete, werde die Stadt im Nordosten von der russischen Armee täglich angegriffen, heißt es in einem Bericht des US-Nachrichtenportal Voice of America.
Die Ukraine reagierte am Donnerstag (2. März) und ließ die Stadt teilweise zwangsevakuieren: „Die obligatorische Evakuierung von Familien mit Kindern und Einwohnern mit eingeschränkter Mobilität hat in der Gemeinde Kupjansk begonnen“, teilte die Militärverwaltung von Charkiw auf ihrer Homepage mit.

Wichtiger als Bachmut im Ukraine-Krieg? Kupjansk bedeutsam für Versorgung der Truppen
Kupjansk, eine Stadt im Osten von Charkiw, sei im Ukraine-Krieg strategisch noch bedeutsamer als die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut, schreibt die unabhängige russische Nachrichtenseite The Moscow Times. Wichtig ist sie offenbar vor allem für die Versorgung der Truppen: Nach Charkiw sei Kupjansk der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt der Region, schreibt The Moscow Times und bezeichnet sie als „Schlüsselstadt“ im Ukraine-Krieg.
Nur 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt zählte Kupjansk im Jahr 2020 etwa 30.000 Einwohner - nach einem Jahr Ukraine-Krieg dürften mittlerweile aber viele Bewohner geflohen sein. Und nun besteht offenbar die Gefahr, dass die Stadt zum zweiten Mal von der russischen Armee erobert wird.
Russland eroberte Kupjansk schon drei Tage nach Beginn des Ukraine-Kriegs
Russland hatte Kupjansk sehr schnell nach Beginn des Ukraine-Kriegs eingenommen: Bereits am 27. Februar 2022, drei Tage nach Beginn der Invasion, stand sie unter Kontrolle der Russen. Für Russland war dies ein bedeutender Gewinn: Kupjanks war ein wichtiger Verkehrskontenpunkt für die Versorgung von russischen Soldaten, die von dort aus weiter vorrückten.
Doch bei ihrer Gegenoffensive Ende August gelang es der Ukraine, Kupjansk zurückzuerobern.: Am 10. September 2022 wurde dort wieder die ukrainische Flagge gehisst, die russische Armee zog sich zurück. Seit Ende Januar greift Putins Armee jedoch wieder massiv an, eine erneute russische Besatzung droht.
Bachmut sei zu einem Symbol geworden, Kupjansk aber bedeutsamer
Laut einem Bericht von Newsweek ist Kupjansk aus strategischer Sicht für Russland und die Ukraine noch wichtiger sein als Bachmut, die wegen der monatelangen schweren Kämpfe im Fokus der Aufmerksamkeit ist. Bachmut sei vor allem politisch bedeutsam für die Ukraine und Russland, wird der pensionierte US-Major John Spencer zitiert: Wegen der intensiven Kämpfe sei die Stadt im Ukraine-Krieg zu einem wichtigen Symbol geworden. Kupjansk dagegen habe „größeren taktischen Wert.“
Auch Politikwissenschaftler William Reno sagte gegenüber Newsweek, Kupjansk sei taktisch gesehen „bedeutender“ sei als Bachmut. Bachmut habe vor Beginn des Kriegs relativ wenig Bedeutung gehabt - abgesehen davon, dass es ein Zentrum der ukrainischen Salzindustrie war.
Putin versessen auf Einnahme von Bachmut im Ukraine-Krieg
Trotz immenser eigener Verlust ist Russland jedoch seit Monaten darauf versessen, die ukrainische Stadt einzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass sie kaum strategische Vorteile für das russische Militär habe, sei dies auf den ersten Blick rätselhaft, berichtet The Guardian unter Berufung auf US-Experten. Eine entscheidende Rolle spiele aber offenbar Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin: „Putins Koch“ wolle aus der Kontrolle über die Salz- und Gipsminen in der Nähe von Bachmut Profit schlagen. (smu)