Gas-Sorgen: Linke will nun Russland-Sanktionen lockern - und sogar über Nord Stream 2 sprechen

Der Linken-Politiker Klaus Ernst beklagt, die energiepolitischen Sanktionen gegen Russland seien wirkungslos - deren Risiko für die deutsche Industrie hingegen groß.
Düsseldorf - Nord Stream 2 liegt wegen des Ukraine-Konflikts auf Eis. Doch um die deutsche Gasversorgung zu sichern, müsse die Ampel-Koalition wieder mit Russland über das Projekt sprechen - und die Sanktionen lockern. Das forderte der Linke Fraktions-Energieexperte Klaus Ernst gegenüber der Rheinischen Post.
Er schlug vor, die Ostseepipeline gegebenenfalls befristet in Betrieb zu nehmen. Eine Unterbrechung der Gasversorgung würde nicht nur die Bürger treffen, sondern „das industrielle Rückgrat“ Deutschlands irreparabel beschädigen.
Der Linken-Politiker argumentierte, die energiepolitischen Sanktionen wirkten nicht. Sie bremsten das Militärgeschehen in der Ukraine nicht aus. „Im Gegenteil: Die Energiesanktionen nutzen Russland. Sie führen dazu, dass zwar weniger verkauft wird, aber die Erlöse aus diesen Verkäufen insgesamt höher sind.“
Russland-Sanktionen im Ukraine-Krieg: Doch Gespräche über Nord Stream 2?
Kanzler Olaf Scholz (SPD) will erst über die Aufhebung internationaler Sanktionen sprechen, wenn es eine faire Einigung zwischen Moskau und Kiew im Ukraine-Krieg gibt, das sagte er beim G7-Gipfel in Elmau. Er sagte aber auch: „Gegenwärtig ist ja doch leider zu beobachten, dass Russland den Krieg mit unveränderter Brutalität fortführt.“
Wladimir Putin hingegen hatte die westlichen Sanktionen vergangenen Monat noch verhöhnt, bezeichnete sie als „wahnsinnig“ und „gedankenlos“. Die Strafmaßnahmen träfen die EU ebenfalls hart. Er bezifferte den Schaden für Europa mit 400 Milliarden Dollar. „Der wirtschaftliche Blitzkrieg hatte von Anfang an keine Chancen auf Erfolg“, sagte der Kremlchef beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg.
Gas-Streit mit Russland: Sanktionen spürbar - beim russischen Volk
Allerdings gibt es auch andere Stimmen. Das Wirtschaftsmagazin Capital berichtete Mitte Juni, dass Arbeitnehmer und Verbraucher in Russland die Sanktionen allmählich spüren. Ein Indiz seien etwa die ausgeschriebenen Stellen, im April seien seien sie laut der Rekrutierungsplattform Headhunter im Vergleich zum Vormonat um fast 30 Prozent zurückgegangen.
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt. Das Genehmigungsverfahren hat Deutschland jedoch kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf Eis gelegt. Die Gaslieferung über Nord Stream 1 hat Russland gedrosselt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet, dass Russland bald kein Gas mehr nach Westeuropa leitet. (frs mit dpa)