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Merkels Ex-Berater warnt vor Eskalation: Cherson „keine Niederlage“ für Putin – „Wir müssen aufpassen“

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Von: Franziska Schwarz

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Experte Erich Vad sieht den Cherson-Rückzug Russlands mit Skepsis - er warnt bei Merkur.de vor einer Eskalation durch weitere Waffenlieferungen.

München - Der Ukraine-Krieg ist zum Abnutzungskampf für Russen und Ukrainer geworden – in dem vor allem im Winter wenig Bewegung zu sehen sein wird. Den möglichen russischen Rückzug aus Cherson könne Kiew zwar als „Sieg“ verkaufen, und „das ist ja auch gut“, schätzt der deutsche Militärexperte Erich Vad im Gespräch mit Merkur.de die Lage ein. Eine Wende im Militärgeschehen sieht er aber nicht. Beide Seiten erlitten große militärische Verluste und befänden sich in einer Phase des „Unentschieden“.

„Es gibt keine militärische Lösung im Ukraine-Krieg“, sagte der frühere Militär-Berater Angela Merkels weiter. „Wir brauchen den baldigen Einstieg in Verhandlungen“. Vad sah sich im Laufe des russischen Angriffskrieges immer wieder relativ allein mit dieser Position. Deutsche Experten setzten dagegen mehrheitlich auf mehr Waffen und einen militärischen Sieg der Ukraine. Aktuelle Äußerungen von US-Generalstabschef Mark Milley sieht Vad aber als Unterstützung für seine Position.

Ukraine-Krieg: Mehr Waffenlieferungen? Militärexperte Vad warnt vor Eskalation

Ex-Kanzlerinnen-Berater Erich Vad (li.) sieht den russischen Rückzug aus Cherson nicht als Niederlage Wladimir Putins.
Ex-Kanzlerinnen-Berater Erich Vad (li.) sieht den russischen Rückzug aus Cherson nicht als Niederlage. © ITAR-TASS/Imago (Montage)

Das Pentagon habe zudem nun der Ukraine eine Drohnen-Lieferung verweigert – aus Sorge, der Konflikt könne dadurch eskalieren, erklärte Vad. Kiew wünsche sich seit Monaten die Hightech-Drohne „Gray Eagle“. „Wir haben eine militärische Pattsituation und müssen bei Waffen im Hightech-Bereich weiterhin aufpassen, um die militärische Eskalation nicht hochzutreiben“, befürwortete Vad die Entscheidung der Vereinigten Staaten. 

Nicht ohne Grund hätten die USA – in denen gerade die Midterms 2022 stattfanden – nur Raketenwerfer mit begrenzter Reichweite an Kiew geliefert und auch auf Kampfpanzer-Lieferungen verzichtet. Auch wolle die neue Regierung in Rom unter Premier Giorgia Meloni die Waffenlieferungen zurückfahren, betonte der Experte gegenüber Merkur.de. Eine mögliche deutsche Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern der Ampel-Koalition mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) hält Vad nach eigenen Angaben nach wie vor nicht für zielführend.

Putins Truppen in „Umgruppierung“: Merkels Ex-Berater Vad sieht Gelegenheit für Verhandlungen

Der Rückzug des russischen Militärs aus Cherson sei keine militärische Niederlage für die Russen, sondern es gehe um eine Umgruppierung der Kräfte und den Aufbau einer nachhaltigen Verteidigung am Dnipro (siehe folgende Karte), erklärte der Ex-General. Dieser Prozess könne sich über Wochen und Monate hinziehen. „Immerhin handelt es sich um etwa 25.000 bis 30.000 Kämpfer“. Im Winter werde sich im Militärgeschehen in der Ukraine entlang einer rund 1000 Kilometer langen Frontlinie wenig verändern.

Vad plädierte deshalb für mehr humanitäre Hilfe statt Waffen für die Angegriffenen. Er verwies etwa auf die gut drei Millionen Menschen in Kiew, die stark unter der von Russland unter Kremlchef Wladimir Putin beschädigten Energie-Infrastruktur leiden. Ein möglicher Cherson-Abzug der Russen sei für beide Seiten zudem eine „gute Gelegenheit, in beide Seiten gesichtswahrende Verhandlungen einzusteigen“. (frs)

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