Gefesselte Soldaten beschossen: Selenskyj-Berater verurteilt mutmaßliches ukrainisches Kriegsverbrechen

Soldaten liegen auf dem Boden und werden beschossen. In einem Video soll ein mutmaßlich ukrainisches Kriegsverbrechen zu sehen sein. Selenskyjs Berater reagiert prompt.
Charkiw - Im Ukraine-Krieg ist immer wieder auch von Kriegsverbrechen die Rede. Also Verletzungen gegen das Völkerrecht. Gemeint ist damit beispielsweise die vorsätzliche Tötung oder Verletzung von Menschen sowie die Misshandlung von Kriegsgefangenen. Im eskalierten Ukraine-Konflikt gab es in den bisherigen 32 Kriegstagen diese Vorwürfe vor allem in Richtung Russland. Russische Truppen würden gezielt Zivilisten angreifen, sagte die Ukraine. Nun ist allerdings ein Video aufgetaucht, das ein mutmaßlich ukrainisches Kriegsverbrechen zeigt.
Ukraine-Krieg: Gefesselte Soldaten beschossen - Video zeigt Kriegsverbrechen
Auf Telegram kursiert ein rund sechsminütiger Clip, der russische Soldaten zeigen soll, die von ukrainischen Soldaten misshandelt werden. In dem Video sind rund zehn Männer zu sehen, die als russische Soldaten zu erkennen sind. Ihnen gegenüber stehen rund 20 Männer, mutmaßlich Ukrainer.
Die mutmaßlich russischen Soldaten werden von den bewaffneten Männern gefesselt und verhört. Zu Beginn des Videos liegen sechs Männer auf dem Boden, mindestens zwei von ihnen bluten aus den Beinen. Dann werden drei weitere Männer aus einen Kastenwagen geholt. Die mutmaßlich ukrainischen Männer schießen daraufhin auf die drei Männer. Die Schüsse gehen ins Bein, womöglich damit die Gefangenen nicht mehr Laufen können. Ein weiterer Mann scheint sich zu ergeben und geht auf die Knie - ihm wird allerdings dennoch ins Bein geschossen. Das Video liegt der Redaktion vor. Wir verzichten jedoch darauf, es hier zu veröffentlichen.

Ukraine-News: Kriegsverbrechen nahe Charkiw? Selenskyj-Berater verurteilt Video
Das Video scheint echt zu sein, ließ sich von unserer Seite zunächst jedoch nicht überprüfen. Mehrere Medien haben es allerdings unabhängig voneinander verifiziert. Wie die Bild berichtet, soll es in Mala Rohan, etwa 20 Kilometer südöstlich der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw aufgenommen worden sein. Laut ukrainischen Angaben wurde Mala Rohan am Wochenende von ukrainischen Truppen zurückerobert. Dabei sollen offenbar auch die rechtsradikalen Ultranationalisten des Asow-Bataillons beteiligt gewesen sein. Sie gelten als besonders brutal.
Das Video schlug in sozialen Medien hohe Wellen. Die Ukraine wurde aufgefordert, Stellung zu den Szenen zu nehmen. Oleksiy Arestovych, in Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, äußerte sich bereits am Wochenende zu dem mutmaßlichen Kriegsverbrechen. Er verurteilte das Vorgehen der Männer in dem Video und versprach rasche Aufklärung.
Arestovych erklärte in einem auf Youtube veröffentlichten Interview mit dem russischen Aktivisten Mark Feygin, das Video zeige „ein absolut inakzeptables Verhalten. Das ist ein Kriegsverbrechen“. Die Verantwortlichen würden „hart“ bestraft werden. Die ukrainische Regierung nehme die Kriegsverbrechensvorwürfe „sehr ernst“. „Wir misshandeln keine Kriegsgefangenen, wir sind eine europäische Armee.“
Ukraine-News: Vereinte Nationen untersuchen Kriegsverbrechen
Das UN-Büro für Menschenrechte hat unterdessen klare Anzeichen für russische Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentiert. Eine abschließende Beurteilung sei aber bislang nicht möglich, sagte die Leiterin des Ukraine-Büros, Matilda Bogner, am Freitag. Geprüft würden Berichte, wonach russisches Militär Flüchtende in Autos oder bei Demonstrationen erschossen hätte. Unter anderem hätten Mitarbeiter auch den Einsatz von Streumunition festgestellt. Das Büro prüfe auch Berichte über den Einsatz von Phosphormunition. Solche Brandbomben entzünden sich durch Kontakt mit Sauerstoff und richten verheerende Schäden an. Der Einsatz von Phosphorbomben ist verboten.
Die UN prüfen allerdings auch mögliche Kriegsverbrechen auf ukrainischer Seite. „Wir haben von beiden Seiten Videos von ukrainischen Kriegsgefangenen gesehen, die von der russischen Seite entführt wurden, und von russischen Kriegsgefangenen, die von der ukrainischen Seite entführt wurden“, sagte die Leiterin des Ukraine-Büros, Matilda Bogner, am Montag bei einem Briefing.
Was das aktuelle Video aus der Ostukraine betrifft, liefen die Ermittlungen. Die Vereinten Nationen seien noch dabei, „das gesamte Material zu überprüfen“, sagte Bogner am Montag und fügte hinzu, dass es „ernsthafte Bedenken“ hervorrufe. „Wir fordern die Behörden auf beiden Seiten auf, die Anschuldigungen, die in diesen Videos erhoben werden, vollständig zu untersuchen“, sagte Bogner. „Es ist wichtig, dass diese Art von Videos und jede Art von Misshandlung sofort gestoppt werden.“ (as)