Kreml droht in Panzer-Debatte: „Ukrainisches Volk muss bezahlen“, wenn Deutschland liefert

Moskau mischt sich in die Panzer-Diskussionen rund um Leopard 2 ein. Das Nicht-Liefern Deutschlands stehe für Unruhe in der Nato, heißt es vom Kreml – inklusive Drohung.
Moskau – Deutschland liefert der Ukraine vorerst keine Leopard-2-Panzer. „Der Entscheidungsprozess läuft und den werden wir jetzt abwarten müssen“, sagte der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dazu am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. Kritik an der Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kam von Union, Grünen und FDP – und auch der Kreml deutete die Geschehnisse im politischen Berlin auf seine Weise.
„Ukrainisches Volk muss dafür bezahlen“
Kremlsprecher Dmitri Peskow nahm den „Austausch von Erklärungen zwischen europäischen Hauptstädten“ zum Anlass, der Nato ein Grundsatzproblem in der Kommunikation zu bescheinigen. „Die Unruhe unter den Mitgliedern des Bündnisses wird immer größer, immer größer“ zitierte ihn am Montag die russische Nachrichtenagentur Tass. „Alle Länder, die sich direkt oder indirekt daran beteiligen, die Ukraine mit Waffen vollzupumpen und ihr technologisches Niveau zu erhöhen, sind alle dafür verantwortlich.“
Der Kreml beobachte die Waffenlieferungen von Drittländern. „Das Wichtigste ist jedoch, dass das ukrainische Volk für all diese Aktionen, für all diese Pseudo-Unterstützung, bezahlen muss“, betonte Peskow. Noch am Freitag kritisierte der Kremlsprecher die diskutierten Lieferungen als Eskalation des Konflikts und eine zunehmende „indirekte und direkte Beteiligung der Nato-Länder“ am Ukraine-Krieg. Westliche Panzer könnten Russland aber ohnehin nicht stoppen. „Das beschert der Ukraine zusätzliche Probleme, aber ändert nichts am Vorankommen der russischen Seite beim Erreichen ihrer Ziele“, sagte der 55-Jährige der Agentur Interfax.

Explizit nannte Peskow Warschau und Berlin. Wie am Montagvormittag bekannt wurde, will Polen bei Deutschland die Genehmigung beantragen, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine liefern zu können. Da sie aus deutscher Produktion stammen, müsste die Bundesregierung dafür ihre Zustimmung erteilen. Am Sonntag hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gesagt, die Bundesregierung werde eine Lieferung durch Polen nicht blockieren. „Wenn man uns fragt, würden wir dem nicht im Weg stehen“, sagte Baerbock.
Panzer-Debatte in Deutschland: FDP und Grüne attackieren SPD, CDU spricht schon von „Jamaika“
Aus den Reihen von Baerbocks Grünen gab es derweil zunehmende Kritik an der ausbleibenden Leopard-Zusage. Anton Hofreiter sprach im Sender Phoenix von „ungeschicktem Handeln in einzelnen Bereichen“. Dadurch habe Deutschland „so viel Ansehen zerdeppert“. Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, meinte im Tagesspiegel: „Unser Zögern spielt dem Kriegsverbrecher Putin in die Hände.“ Kritik gab es auch vom Koalitionspartner.
Zuvor rechnete auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), mit Scholz ab: „Die Kommunikation ist einfach miserabel“, sagte sie im ZDF. Die Haltung Deutschlands sei „einfach nur beschämend“. Etwas diplomatischer, wenngleich in der Sache ähnlich, forderte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im Tagesspiegel „jetzt wegweisende und zügige Entscheidungen“.
Angesichts dieser Spannungen in der Ampel forderten erste Oppositionspolitiker der CDU, FDP und Grüne bereits zum Koalitionsbruch auf. Die beiden kleineren „Ampel“-Partner müssten wegen der Differenzen mit der SPD in der Ukraine-Politik „endlich konsequent handeln und einen Neuanfang unter veränderten Vorzeichen suchen“, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der Bild. Frei schlug eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union vor: „Wir stehen jedenfalls parat, Verantwortung zu übernehmen.“ Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. (as)