Brisanter Spionagefall im Ukraine-Krieg: Geheimdienst soll Unterhändler erschossen haben

Spionage-Fall im Ukraine-Krieg: Nach Medienberichten hat der Geheimdienst SBU den ukrainischen Unterhändler Denis Kireew wegen Hochverrats auf der Flucht erschossen.
Kiew – Der Ukraine-Konflikt* hat seinen ersten Spionage-Fall. Trotzdem liest sich diese Meldung eher wie ein Agententhriller aus der Feder von John le Carré: Ein hochrangiger ukrainischer Unterhändler der Russland-Ukraine-Gesprächen soll im Krieg ums Leben gekommen sein. Dabei war der 44-jährige Denis Kireew noch am Montag bei den Verhandlungen mit Russland in der Stadt Gomel vor Ort. Nach übereinstimmenden ukrainischen Medienberichten ist der Vater dreier Kinder nun auf der Flucht erschossen worden.
Ukraine-Krieg: Unterhändler Kireew wohl von ukrainischem Inlandsgeheimdienst (SBU) getötet – Verdacht auf Hochverrat
Den Berichten aus verschiedenen ukrainische Medien, die sich auf Behördenkreise berufen, ist zu entnehmen, dass Kireew vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst (SBU) beim Fluchtversuch getötet worden sein soll. Die Begründung: Verdacht auf Hochverrat. Unter anderem soll der Finanzexperte Informationen an Russland weitergegeben haben. Die Beweislast soll durch Aufzeichnungen von Telefongesprächen untermauert worden sein.
Der Verdacht der Spionage von Denis Kireew ist hingegen nicht neu. Bereits 2020 sollen laut ukrainischer Medien Ermittlungen gegen den ukrainischen Unterhändler aufgenommen worden sein. Damals hätten sich allerdings keine Beweise für die Anschuldigungen finden lassen. Weshalb der Finanz-Experte trotz des Verdachts überhaupt an den Verhandlungen mit Russland am vergangenen Montag teilnehmen durfte und welche Rolle er bei den Russland-Ukraine-Gesprächen einnahm, ist hingegen unklar.
Ukraine-Krieg: Möglicher Doppelagent – Widersprüchliche Berichte über den Tod von Unterhändler Kireew
Während die Medien vom Verdacht auf Hochverrat sprechen, äußern sich die ukrainischen Behörden von offizieller Seite mit anderen Worten. Kireew sei einer von drei Männer gewesen, die bei einer Spezial-Operation des Militärgeheimdienstes GUR ums Leben gekommen sind, lautete die GUR-Stellungnahme am Samstagabend auf Facebookseite. Sie hätten ihrem Land einen heldenhaften Dienst erwiesen und seien bei dessen Verteidigung ehrenvoll gefallen.
Dennoch machen auch andere Gerüchte die Runde. Sogar von einer Tätigkeit als Doppelagent, der in Diensten beider Länder stand, ist die Rede. Der Investigativ-Journalist Michael Weiss äußerte sich zu den Gerüchten via Twitter. Seiner Ansicht nach halte er es für durchaus plausibel, dass Kireew vom SBU getötet wurde. Der ehemalige Geheimdienstchef habe ihm mitgeteilt, dass Kireew „genauso viel Zeit“ damit verbracht habe, feindliche Spione zu verstecken wie sie zu fassen. Eine Bestätigung gibt es dafür nicht und deutliche Beweise wurden bisher weder in die eine noch andere Richtung präsentiert.
Ukraine-Krieg: Unterhändler Kireew war bei Russland-Verhandlungen in Gomel
Während die russischen Truppen weiter auf dem Vormarsch sind und in Mariupol ein zweiter Evaluierungsversuch gestartet wurde, berichtet das Nachrichtenportal „Obozrevatel“ darüber, was über den ukrainischen Unterhändler und möglichen Doppelagenten Denis Kireew noch bekannt war. Der Finanz-Experte sei im Bank- und Private-Equity-Geschäft tätig gewesen und habe nach den Erkenntnissen des Nachrichtenportals oft Reisen nach Russland unternommen. Zudem unterhielt er wohl Verbindungen zu Oligarchen, die in den Diensten des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch stehen.
Zudem machte das Nachrichtenportal eine pikante Entdeckung: Denn nach der offiziellen Teilnehmerliste des ukrainischen Präsidentenbüros für die Russland-Ukraine-Gespräche in Gomel war Kireew gar nicht als Teilnehmer vorgesehen. Dennoch zeigen die Bilder von Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland aber deutlich, dass er in Gomel aufseiten der Ukraine am Verhandlungstisch Platz nahm. Die Hintergründe bleiben im Fall von Denis Kireew weiterhin undurchsichtig. Sicher ist nur, dass der Unterhändler an den nächsten Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland* nicht teilnehmen wird. (mst) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.