Chaos in Russlands Armee: Putins Soldaten geraten wohl zunehmend außer Kontrolle
Die russischen Streitkräfte in der Ukraine klagen über mangelhafte Ausrüstung. Auch die Stimmung innerhalb der Truppe wird offenbar immer schlechter schlechter.
Kiew - Die ukrainische Armee konnte bei ihrer Gegenoffensive im Süden des Landes mit der Rückeroberung der Stadt Cherson einen wichtigen Zwischenerfolg im Ukraine-Krieg einfahren. Im Vorlauf hatten ukrainische Offizielle mit einem erbitterten Kampf um die Metropole am Ufer des Dnjepr gerechnet. Doch das russische Militär gab seine Stellungen in der Stadt auf und zog sich aus der Region zurück. Die Stadt gilt als wichtiger Brückenkopf für die Ukraine, um in die Gebiete östlich des Dnjepr vorzustoßen, der aktuell im Süden die Frontlinie bildet.
Ukraine-News: Mangelhafte Ausrüstung für russische Rekruten - Scharfschützen ohne Gewehre
Bei einem weiteren Vorstoß könnten die ukrainischen Truppen offenbar von dem immer schlechter werdenden Zustand der russischen Armee profitieren. Das schrieben die Experten des US-Thinktanks Institute for the Stufdy of War (ISW) in ihrem Lagebericht vom Montag (27. November). In diesem fasst das ISW diverse Berichte zusammen, die ein katastrophales Bild vom Zustand der russischen Armee zeigen. Die Truppen hätten nicht nur mit fehlender und mangelhafter Ausrüstung zu kämpfen, sondern auch mit der immer weiter sinkenden Moral unter den Soldaten.

Russische Quellen berichten demnach unter anderem, dass Scharfschützen aus den in der Region Leningrad mobilisierten Spezialeinheiten keine Scharfschützengewehre erhalten würden. Stattdessen sollen die Soldaten normale Gewehre ohne Zielfernrohre bekommen. Auch in anderen Regionen könne das Training der russischen Rekruten kaum durchgeführt werden. Truppen im westlichen Militärbezirk würden aktuell aus Mangel an Ausrüstung nicht an Panzerabwehrwaffen ausgebildet werden. Die mechanisierte Infanterie - die im Einsatz mit Schützenpanzern oder andern gepanzerten Fahrzeugen arbeiten soll - trainiere demnach aktuell nur mit normalen LKWs.
Ukraine-Krieg: Putins Soldaten geraten wohl zunehmend außer Kontrolle
Neben der mangelhaften Ausrüstung stellt das ISW aber auch eine zunehmende Verrohung bei den in der Ukraine stationierten Soldaten fest. Das Ukrainian Resistance Center berichtete, dass die russischen Truppen in der Stadt Melitopol vermehrt plünderten. Außerdem soll es immer wieder zu physischen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der russischen Streitkräfte kommen. Ebenso soll die Zahl an Vergewaltigungen von Einheimischen angestiegen sein. Die Berichte lassen sich aktuell nicht unabhängig überprüfen.
Immer mehr Rekruten verweigern Kriegseinsatz - 280 Soldaten inhaftiert
Aufgrund der miserablen Zustände in der russischen Armee kommt es deswegen auch immer wieder zu Vorfällen, bei denen sich Rekruten weigern, ins Kriegsgebiet versetzt zu werden. Wie das in Lettland ansässige russische Portal Medzua am 28. November berichtete, wurden 280 russische Soldaten inhaftiert, nachdem sie sich aufgrund mangelnder Ausrüstung und medizinischer Versorgung dem Kampfeinsatz verweigert hatten. Die Männer sollen anschließend von ihren Vorgesetzten in der Region Donezk bedroht und psychisch gefoltert worden sein.
Eine weiter russische Quelle berichtete zudem von einem Vorfall in der Region Nowosibirsk. Ein für den Kriegsdienst eingezogener Mann soll sich in der „Higher Military Command School“ selbst in das Bein geschossen haben, um einen Einzug in das ukrainische Kriegsgebiet zu verhindern.
Kein Einzelfall: Zustand der russischen Armee verschlechtert sich
Berichte wie diese stellen im Ukraine-Krieg keine Seltenheit dar. Bereits im September wurde öffentlich, dass das russische Militär seine Soldaten aus Mangel an Verbandszeug dazu aufgefordert hat, selber Damenbinden und Tampons zu erwerben, um im Ernstfall Blutungen zu stillen. Am Wochenende meldete das britische Verteidigungsministerium wiederum, Russland feuere aus Mangel an normalen Raketen atomare Trägerraketen ohne Sprengkopf ab, um die ukrainische Luftverteidigung zu überlasten.
Auch bei der Artilleriemunition sollen die Vorräte der russischen Streitkräfte weitestgehend aufgebraucht sein. Das habe auch erhebliche Einflüsse auf das strategische Vorgehen Russlands. Bisher hatte die Armee ihre Bodenoffensive immer wieder mit erheblichem Artilleriefeuer vorbereitet. Auf dem Schlachtfeld könnte Russland somit immer weiter in die Defensive gedrängt werden. (fd)