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„Putins Koch“ lobt plötzlich Selenskyj: „stark, pragmatisch, selbstbewusst“

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Von: Felix Durach

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Prigoschin und Putin
Prigoschin und Putin gelten als Vertraute – doch hinter den Kulissen brodelt es offenbar. (Archivbild) © Alexey Druzhinin/AFP

Der Chef der Söldner-Truppe Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat mit lobenden Worten für Wolodymyr Selenskyj überrascht. Eine bewusste Provokation?

Moskau - Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland ist auch ein Konflikt der beiden Staatsoberhäupter Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin. Aktuell scheint nur schwer vorstellbar, dass sich beide Präsidenten in naher Zukunft an einen Tisch setzen, um eine diplomatische Lösung zu finden. Zu groß scheint die gegenseitige Abneigung, zu stark der Rückhalt in den eigenen Reihen.

Umso ungewohnter sind deswegen die Töne, die am Dienstag (1. November) aus dem Büro von Jewgeni Prigoschin drangen. Der 61-Jährige ist Chef der berüchtigten Söldnertruppe Gruppe Wagner und gilt als enger Vertrauter Putins. Lobende Worte fand Prigoschin dieses Mal jedoch nicht für den Kreml-Chef, sondern ausgerechnet für dessen Gegenüber im Ukraine-Krieg. „Obwohl er derzeit Präsident eines Landes ist, das Russland feindlich gegenübersteht, ist Herr Selenskyj ein starker, selbstbewusster, pragmatischer und netter Kerl“, erklärte der 61-Jährige in einem Statement im sozialen Netzwerk VKontakte.

„Obwohl er derzeit Präsident eines Landes ist, das Russland feindlich gegenübersteht, ist Herr Selenskyj ein starker, selbstbewusster, pragmatischer und netter Kerl.“

Jewgeni Prigoschin

Ukraine-Krieg: Putins Koch überrascht mit Lob an Selenskyj - „pragmatischer und netter Kerl“

In einem weiteren Beitrag riet Prigoschin seinen Followern mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten: „Unterschätzt ihn nicht“. Die neuen Aussagen des Wagner-Chefs stehen im krassen Gegensatz zu der eigentlichen Kommunikationsstrategie des Kremls. Gerade kurz nach Kriegsbeginn bezeichnete die russische Propaganda Selenskyj immer wieder als Drogenabhängigen, Komiker oder Neonazi. Der Kreml sprach Selenskyjs Regierung zugleich die Legitimierung ab und machte einen Umsturz im Kiew zum Kriegsziel.

Neben der Gruppe Wagner machte sich Prigoschin vor allem auch mit einem Gastronomieunternehmen und einem Restaurant im Parlamentsgenäude in Moskau einen Namen. Daraus ergab sich der Spitzname „Putins Koch“.

Russland im Ukraine-Krieg: Prigoschin „gewinnt weiter an Macht“ und übt Kritik an Putin

Die Aussagen von Prigoschin sind die nächste Episode in einer Reihe von Provokationen. Der 61-Jährige und der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow hatten sich zuletzt auch offen unzufrieden über den Verlauf des Ukraine-Krieges gezeigt und vom russischen Präsidenten härtere Maßnahmen gefordert.

Der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ schrieb zuletzt in seinem Lagebericht über den „Wagner“-Chef: „Prigoschin gewinnt weiter an Macht und baut parallel zu den russischen Streitkräften eine militärische Struktur auf, die Putins Herrschaft gefährden könnte – zumindest im Informationsbereich.“ Prigoschin, der aktuell keinerlei offizielle Position im Kreml innehat, wies ähnliche Anschuldigungen zurück. Er habe kein Interesse an politischer Macht und würde ein Amt ablehnen, sollte es ihm angeboten werden, erklärte der 61-Jährige auf seinem Telegram-Kanal.

Prigoschins Spiel mit dem Feuer - Ukraine-Krieg nur ein „Geschäftsprojekt“?

Auch die politische Analystin Tatiana Stanovaya geht nicht davon aus, dass der Wagner-Chef eine politische Karriere anstrebt. „Ich denke, dass es für ihn eher wie ein ‚Geschäftsprojekt‘ ist, das er an Putin ‚verkaufen‘ muss, um enger an den Kreml gebunden zu sein“, erklärte die Russin der Agentur Reuters mit Blick auf Prigoschins Söldnertruppe. Bemerkenswert seien die Äußerungen dennoch. Es gebe nicht viele Personen in Russland, die es wagen würden, solche Äußerungen zu tätigen „Prigoschin wagte es. Er denkt, er hat ein Recht und er denkt, es würde Putin nicht verärgern“, so Stanovaya.

Erst vor wenigen Wochen hatte sich Prigoschin erstmals öffentlich dazu bekannt, tatsächlich Gründer und Chef der Gruppe Wagner zu sein. (fd)

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