Update vom 7. Februar, 20.37 Uhr: Bei ihrem Treffen am Montag im Oval Office demonstrierten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden Geschlossenheit. Deutschland sei einer der engsten Verbündeten Amerikas, so Biden am Montag. Beide Länder würden „im Gleichschritt“ daran arbeiten, eine „russische Aggression in Europa“ zu verhindern, sagte der US-Präsident weiter.
„Wir sind engste Verbündete und arbeiten intensiv zusammen, und das ist notwendig, um die Schritte zu unternehmen, die wir zum Beispiel im Kampf gegen die russische Aggression gegenüber der Ukraine unternehmen müssen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Deshalb sei es ein wichtiges Treffen zu einer sehr wichtigen Zeit.
Ein Einmarsch Russlands in die Ukraine habe einen hohen Preis, warnte der Bundeskanzler: „Es wird einen sehr hohen Preis haben, wenn es dazu kommt, dass die Ukraine militärisch angegriffen wird. Wir bereiten das auch präzise vor.“
Allerdings war das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA in den vergangenen Wochen im Ukraine-Konflikt nicht immer ohne Spannungen. Uneinigkeit gab es teilweise bei der Höhe möglicher Sanktionen gegen Russland, ebenso bei Waffenlieferungen an die Ukraine und beim Thema Nord Stream 2, der umstrittenen Erdgas-Pipeline.
Update vom 7. Februar, 12.44 Uhr: CSU-Chef Markus Söder hofft, dass es mit den anstehenden Reisen von Olaf Scholz nun „keine hektische Reiseaktivität“ gibt. Stattdessen brauche es brauche eine „klare Strategie“, sagte der Ministerpräsident soeben auf seiner Pressekonferenz zu Bayerns Corona-Lockerungen. Bündnisbekenntnisse seien wichtig, so aber auch Gesprächsangebote und eine Strategie des Westens zu finden. Ziel dürfe laut Söder im Rahmen des Ukraine-Russland-Konflikt nicht sein, nur darüber zu reden, was passiert, wenn etwa ein Einmarsch erfolgt. Sondern das „oberste Ziel“ sei, den Konflikt weiter zu verhindern, meinte Söder.
Update vom 7. Februar, 12.10 Uhr: Vor dem Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im Weißen Haus hat die US-Regierung die Geschlossenheit der USA und Deutschlands im Ukraine-Konflikt unterstrichen. „Wir haben sehr eng mit unseren deutschen Partnern zusammengearbeitet, auch mit der neuen deutschen Regierung in den zwei Monaten seit ihrem Amtsantritt“, sagte eine hochrangige US-Regierungsmitarbeiterin in einer Telefonschalte mit Journalisten. Die USA stimmten sich mit Deutschland eng über das Sanktionspaket ab, das im Falle einer russischen Invasion der Ukraine in Kraft treten solle.
„Deutschland ist nach wie vor ein wichtiges Mitglied des transatlantischen Bündnisses, in dem wir alle zusammenarbeiten, um verschiedene Teile desselben Problems anzugehen“, sagte die US-Regierungsmitarbeiterin. „Ich bin absolut zuversichtlich, dass Deutschland unsere Besorgnis über die russische Aggression teilt.“ Sie machte erneut deutlich, dass eine russische Invasion der Ukraine aus US-Sicht das Aus für Nord Stream 2 bedeuten würde, ließ aber offen, ob es eine entsprechende Zusage der Bundesregierung gebe.
Allerdings waren in den vergangenen Wochen im Ukraine-Konflikt Differenzen zwischen Berlin und Washington deutlich geworden. Dabei geht es unter anderem um das Ausmaß möglicher Sanktionen gegen Russland im Falle eines Angriffs auf die Ukraine, um Waffenlieferungen an Kiew und um die umstrittene Erdgas-Pipeline Nord Stream 2. Ein Biden-Vertrauter erhöhte dahingehend bereits den Druck auf Deutschland (siehe Update vom 6. Februar, 20.15 Uhr).
Update vom 7. Februar, 10.20 Uhr: Womöglich spürt Kanzler Olaf Scholz den Druck: Aus Deutschland jedenfalls kommen einige Forderungen bezüglich seiner USA-Reise (siehe Update vom 7. Februar, 8.10 Uhr). Die Vorsitzende des Verteidigungs-Ausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) erwartet von Scholz beispielsweise eine klare Aussage zu der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2. „Er muss sich natürlich diesbezüglich äußern.“ Angesichts dessen, was Russlands Präsident Wladimir Putin „an der ostukrainischen Grenze veranstaltet, kann Nord Stream 2 nicht an den Start gehen“, sagte sie in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“.
Unter den Nato-Staaten herrsche Konsens, dass es im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine harte politische und wirtschaftliche Konsequenzen gebe. „Und dazu gehört natürlich auch Nord Stream 2“, betonte Strack-Zimmermann. Zugleich verteidigte die FDP-Politikerin den zurückhaltenden Ton des Kanzlers in der Krise: „Es gibt Momente, da arbeitet man diskret und still und macht nicht aus jeder Information eine große mediale Sache.“
Update vom 7. Februar, 9.50 Uhr: Grünen-Chef Omid Nouripour hat die Kritik des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zurückgewiesen, die USA-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) käme zu spät. „Ich verstehe, dass Friedrich Merz jetzt seine Rolle als Oppositionsführer finden will, aber das ist keine sachliche Kritik“, sagte Nouripour zu SWR Aktuell.
„Seit über zehn Jahren hat kein Land der Ukraine so viel beigestanden wie Deutschland, finanziell, politisch und mit Know-How.“ Der gewählte Grünen-Chef fügte hinzu: „Wenn man jetzt nur große Buchstaben sieht und auf die Fußnoten komplett verzichtet, dann ist es nachvollziehbar, was Friedrich Merz sagt, aber seriös ist es nicht.“ Merz hatte am Wochenende in einem Interview gesagt, Deutschland gefalle sich unter Scholz als Kanzler „offenbar in seiner Rolle als Außenseiter, als Nein-Sager und Verhinderer einer europäischen Strategie“. Dem sei nicht so, entgegnete nun Nouripour.
Update vom 7. Februar, 8.10 Uhr: Der Besuch bei US-Präsident Joe Biden an diesem Montag wird für Kanzler Olaf Scholz kein leichter Termin. Die Erwartungen an den Kanzler vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts sind groß. Außenpolitiker der Union verlangen von ihm, US-Präsident Joe Biden in zentralen Forderungen entgegen zu kommen.
„Scholz muss klar machen, dass Deutschland bereit ist, mehr zum Nato-Bündnis beizutragen, etwa in Litauen und bei der Ausrüstung der Bundeswehr“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), der Welt. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der Zeitung wiederum, Scholz „kann und muss begründen, worin der Sinn liegt, dass Deutschland keine Waffen an die Ukraine liefert“. Der Kanzler „sollte nicht vermeiden, klar auszusprechen, dass eine russische Aggression das vorläufige Aus für Nord Stream 2 bedeutet“.
Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte vor diesem Hintergrund bei Welt eine „gemeinsame und deutliche Botschaft“ an den russischen Präsidenten Wladimir Putin von Scholz. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), sagte dem Medium unterdessen: „Die wichtigste Botschaft des Bundeskanzlers wird sein: Zweifel an Deutschlands Bündnistreue und Solidarität mit der Ukraine sind völlig unbegründet.“
Update vom 7. Februar, 6.30 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zu seinem Antrittsbesuch in den USA eingetroffen. Scholz landete am Sonntagabend (Ortszeit) am Flughafen der US-Hauptstadt Washington, wie die deutsche Botschaft bestätigte.
Vor seinem Besuch bei Joe Biden im Weißen Haus betonte Scholz die Geschlossenheit mit den USA im Ukraine-Konflikt. Ziel seiner Visite sei „die Stärkung unserer transatlantischen Partnerschaft“, sagte der SPD-Kanzler in einem am Sonntagabend (Ortszeit) veröffentlichten Interview der Washington Post. „Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Verbündete Deutschlands und Europas; wir sind gemeinsam in der Nato, und es ist absolut entscheidend, dass es eine starke Einheit zwischen allen wichtigen Partnern, den transatlantischen Parteien und zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland gibt.“
„Wir haben hart daran gearbeitet, Russland eine klare Botschaft zu übermitteln, dass es einen hohen Preis zahlen wird, wenn es in der Ukraine intervenieren sollte“, sagte Scholz. Er lobte Bidens Engagement in der Krise. „Ich weiß wirklich zu schätzen, was Präsident Biden in den bilateralen Gesprächen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland tut. Sie sind sehr schwierig.“ Das Interview mit der Washington Post wurde nach Angaben der Zeitung am Freitag auf Englisch geführt.
Update vom 6. Februar, 20.15 Uhr: Für Kanzler Olaf Scholz (SPD) beginnen erste entscheidende Wochen* - und zwar mit einem so symbolträchtigen wie herausfordernden Termin: Der deutsche Regierungschef reist inmitten der Ukraine-Krise zum Antrittsbesuch nach Washington. Dass bei Joe Biden kein leichter Termin bevorsteht, zeigte sich schon am Sonntagabend. Ein Berater der US-Präsidenten erhöhte bereits den Druck in Sachen Nord Stream 2.
Im Falle einer russischen Invasion in der Ukraine werde „Nord Stream 2 nicht weitergeführt“, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, dem Sender NBC am Sonntag. Auf die Frage, ob Bundeskanzler Olaf Scholz eine solche Maßnahme bei seinem Antrittsbesuch in Washington am Montag öffentlich zusichern werde, sagte Sullivan: „Ich werde den deutschen Kanzler für sich selber sprechen lassen.“ Sullivan machte auch keine Angaben dazu, ob die Bundesregierung der US-Regierung eine Zusage für ein Aus für Nord Stream 2 im Fall einer Eskalation gegeben habe. Er wolle sich nicht zu „diplomatischen Diskussionen“ mit Deutschland äußern, sagte er.
Aber auch aus Deutschland kamen bereits Forderungen an den Kanzler. Ex-Außenminister und SPD-Parteigenosse Sigmar Gabriel regte in einem Tagesspiegel-Gastbeitrag mit dem Vorsitzender American Council on Germany, John B. Emerson, an, „mehr als Helme“ zu liefern - etwa in Form von Kevlar-Schutzwesten, Ausrüstung für den Funkverkehr und Support im Transport- und Logistikbereich. Waffenlieferungen erteilte Scholz indes vor Abreise eine Absage. Weitere Ideen der beiden: Scholz solle Bereitschaft zeigen, Nord Stream 2 als Druckmittel zu nutzen. Zugleich könne Deutschland die Verteidigungsausgaben erhöhen und amerikanische F-35-Flugzeuge kaufen - als Zeichen in Sachen „nukleare Teilhabe“.
In den USA waren zuletzt Zweifel an Scholz Zuverlässigkeit* aufgekommen, wie auch Gabriel und Emerson betonten. Sie verwiesen zugleich allerdings auch auf Deutschlands finanzielle Bemühungen um die Ukraine - und das wieder aufgenommen „Normandie-Format“.
Vorbericht vom 6. Februar: Washington - Seine Vorgängerin Angela Merkel* (CDU) benötigte 51 Tage, deren Vorgänger Gerhard Schröder* (SPD) sogar nur 18 Tage. Bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD*) sind es 60 Tage. Gemeint ist der Zeitraum, in dem die drei Politiker nach Amtsantritt in die USA reisten.
Umso größer sind die Erwartungen an Scholz, der am Sonntag (6. Februar) in Richtung Vereinigte Staaten startet. Denn das Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus* am Montag findet unter dem Eindruck der Ukraine-Krise* statt. Diese und die Sicherheit Europas dürften Kernthemen der Unterredung der beiden Politiker sein.
Der Kanzler muss bei dem Partner in Washington jeglichen Zweifel an der Bündnistreue Deutschlands ausräumen. Diese sind entstanden, weil Scholz zu große Nachsicht im Konflikt mit Russland zeigen soll. Laut der Nachrichtenagentur AFP taucht inzwischen des Öfteren in diesem Zusammenhang sogar der deutsche Begriff „Putinversteher“ in der angelsächsischen Presse auf.
Hintergrund ist die Weigerung Deutschlands, Waffen an die bedrohte Ukraine zu liefern*. Es geht aber auch um die Härte möglicher Sanktionen gegen Russland und auch um die Frage, ob ein russischer Einmarsch im Nachbarland ein Aus für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 bedeuten würde. Als Sanktionsinstrument legte Scholz die Gasleitung erst nach langem Zögern auf den Tisch, ohne sie allerdings beim Namen zu nennen.
Scholz Antrittsbesuch in Washington geht eine Werbekampagne der Bundesregierung für ihre Ukraine-Politik voraus. Wie das Nachrichtenportal T-Online am Sonntag berichtete, sandte die deutsche Botschaft in der US-Hauptstadt ein umfassendes Informationsschreiben zu dem Thema an US-Abgeordnete und -Senatoren. Darin wird vor allem die finanzielle Unterstützung Deutschlands für die Ukraine* hervorgehoben.
Demnach heißt es in dem Schreiben mit dem Titel „German Support for Ukraine“ („Deutsche Unterstützung für die Ukraine“), dass Deutschland seit 2014 mehrere Milliarden US-Dollar an Hilfen bereitgestellt habe. Zwei Milliarden Dollar für zivile Projekte, etwa im Klimaschutz- und Energiebereich, medizinische Hilfen für das ukrainische Militär und die Lieferung eines mobilen Feldlazaretts im Februar gehören laut dem Onlinemagazin zu insgesamt 14 von der Bundesregierung aufgelisteten Punkten.
In den kommenden zwei Wochen wird Scholz versuchen aus der Defensive zu kommen. Die USA-Reise ist der Auftakt einer ganzen Serie von Reisen und Gesprächsterminen, die alle die diplomatischen Bemühungen um eine Entspannung mit Russland voranbringen sollen.
So will Scholz nach der Rückkehr aus Washington die Präsidenten von Frankreich und Polen, Emmanuel Macron* und Andrzej Duda, in Berlin zur Abstimmung empfangen. Am kommenden Donnerstag wird der Kanzler versuchen, die Staats- und Regierungschefs der baltischen Staaten vom deutschen Kurs in der Krise zu überzeugen. Es folgen getrennte Reisen von Scholz nach Kiew und Moskau an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.
Anschließend treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs, bevor Scholz bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die vom 18. bis 20. Februar 2022 in München stattfindet, eine Grundsatzrede zur Außenpolitik halten und weitere Gespräche zur Ukraine-Krise führen wird. US-Vizepräsidentin Kamala Harris und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj werden dort auch erwartet.
Die Opposition wirft Scholz dagegen vor, mit seiner Krisenmission zu spät dran zu sein. „Sie wäre schon vor Wochen notwendig gewesen und dann mit einer klaren Botschaft der wichtigsten europäischen Staaten im Gepäck“, sagte CDU*-Chef Friedrich Merz der Bild am Sonntag. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA