Giffey vor dem Fall? Forsa-Chef geht „keine Wette“ über Aussagekraft von Umfragen ein
Aktuelle Umfragen sehen die CDU bei der Berlin-Wahl vorne. Doch: Wie zuverlässig ist das? Nur bedingt, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner im Gespräch. Warum?
Berlin – Die Berlin-Wahl 2023 steht unmittelbar bevor, es gibt Umfragewerte und Debatten darüber, wer mit wem koalieren würde – und wer nicht. Erste Meinungserhebungen sehen die CDU vorne, doch bei der Wahl könnte es auch noch ganz anders kommen. Kann sich die amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) doch im Amt halten? Der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Professor Manfred Güllner, sieht Spielraum für Überraschungen. Im Gespräch mit merkur.de von IPPEN.MEDIA erklärt er, warum er sich auch auf die eigenen Daten nicht verlassen möchte.
Umfragen zur Berlin-Wahl 2023: „Stimmungen sind keine Stimmen“
Die Umfragen zur Berlin-Wahl 2023 sollen eine Vorstellung über die politische Stimmung in der Hauptstadt liefern. Dabei drängt sich insbesondere Laien eine Frage auf: Wie verlässlich sind diese Werte? Forsa-Chef Manfred Güllner macht im Gespräch deutlich: „Es gibt eine Grundregel bei der Wahlforschung, nämlich, dass Stimmungen keine Stimmen sind. Wir sagen es immer wieder im ‚Beipackzettel‘, dass das die jeweils zum Zeitpunkt der Befragung ermittelte politische Stimmung ist, die aber abweichen kann von den Stimmen am Wahltag.“ Dafür gibt es Güllners Ansicht nach vor allem einen Grund.

Der Meinungsforscher erklärt, die Abweichungen seien vor allem darauf zurückzuführen, dass „die Menschen uns nicht sagen, wenn sie nicht zur Wahl gehen. Wir fragen sie, welche Partei würden sie wählen? Und sie sagen Partei A, B, C oder D. Wenn sie hingehen würden zur Wahl, würden sie das wohl auch wählen. Aber: wenn sie nicht zur Wahl gehen und das sind von Partei B überproportional viele, dann haben wir ein Problem in der Einschätzung“. Besonders in Berlin hält er die Daten-Erhebung aktuell für schwierig.
Wahl in Berlin 2023: „Würde keine Wette eingehen, dass unsere Zahlen den Wahlergebnissen entsprechen“
Bei den Erhebungen zur Wahl in Berlin 2023 gibt es derzeit vor allem ein Problem laut Güllner – Unzufriedenheit. „Wir haben gerade eine große Studie in Berlin durchgeführt. Ich habe nie solchen Unmut gesehen, wie aktuell in Berlin“, so der Meinungsforscher. Die Folge: „Hier kann es sein, dass viele zwar sagen, ich würde jetzt die und die Partei wählen, aber noch grummeln, ob sie überhaupt hingehen.“ Für die Meinungsforschung bedeutet das ganz konkrete Erschwernisse, mit Folgen für die Aussagekraft der erhobenen Daten. „Deswegen sind diese Daten, die wir kurz vor der Wahl ermittelt haben nur ein Stimmungsbild, was aber von den Stimmen am Wahltag abweichen kann“, so Güllner.
Der Meinungsforscher glaubt: „Die große Unsicherheit ist die Frage, ob man sich an der Wahl beteiligt oder nicht“. Angesprochen auf mögliche Überraschungen bei der Berlin-Wahl sagt er mit Blick auf die Situation in der Hauptstadt: „Die Unsicherheit dieses Mal ist größer als bei vielen anderen Wahlen, wegen extrem hoher Wahlenthaltungen. Deshalb würde ich keine Wette eingehen, dass unsere Zahlen auch den Wahlergebnissen entsprechen.“
Es gibt auch bei der Berlin-Wahl 2023 noch Raum für Überraschungen, kurzum: Es bleibt spannend rund um die wiederholte Abstimmung in der Hauptstadt – nicht nur bei der Frage, ob dieses Mal genug Wahlzettel zur Verfügung stehen. (ales)