Verwirrung um klimasündige Minister: Ausgerechnet Scheuer ganz vorne - doch der kontert

Klimaschutz scheint auch in der GroKo Chefsache - doch ausgerechnet der Verkehrsminister hat laut Deutscher Umwelthilfe die mieseste CO2-Bilanz beim Dienstwagen. Andreas Scheuer kontert.
- Die Deutsche Umwelthilfe hat die Dienstwagen der deutschen Regierungspolitiker einem „Check“ unterzogen.
- Das Ergebnis: Ausgerechnet Verkehrs- und Umweltminister(in) fahren die größten CO2-Schleudern.
- Minister Andreas Scheuer (CSU) konterte am Montagabend persönlich auf Twitter.
Berlin - Die Bundesregierung ringt seit Monaten und Jahren um Fortschritte beim Klimaschutz - ausgerechnet in der Dienstwagenwahl von Angela Merkels Ministern scheint sich der oft betonte gute Wille aber ganz und gar nicht niederzuschlagen. Entsprechende Rückschlüsse lassen zumindest von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) am Montag veröffentlichte Zahlen zu.
Umwelthilfe veröffentlicht CO2-Ranking: Scheuer auf blamablen ersten Platz - CSU-Minister kontert
Durchaus brisant: Unter den Klimasündern ganz vorne mit dabei ist den Daten ausgerechnet der Verkehrsminister. Der Dienstwagen von Ressortchef Andreas Scheuer (CSU) ist nach Angaben der Umwelthilfe im Bundeskabinett der mit dem höchsten realen CO2-Ausstoß - obwohl es ein Benzin-Elektro-Hybridwagen ist.
Scheuer konterte allerdings noch am Montagabend höchstpersönlich auf Twitter. Unter der Zeile „und das ist die Wahrheit“ lieferte er ein Foto eines Fahrzeugscheins - nach Angaben des Ministers handelte es sich dabei um das Papier zu seinem Dienstwagen. Zu erkennen ist hier jedenfalls ein anderer Wert, 60 Gramm CO2 pro Kilometer. Scheuers Sprecher Wolfgang Ainetter erklärte, das Ministerium könne die Angaben der Umwelthilfe „nicht nachvollziehen“.
Die wahrscheinlichste Erklärung für die Differenz in den Zahlen auch in diesem Fall: Die Definition des „realen Ausstoßes“ der DUH ist nicht identisch mit den Angaben zum offiziellen CO2-Normausstoß der Autohersteller, die deutlich tiefer liegen. Bei ihrer eigenen Erhebung stützt sich die Umwelthilfe auf Daten des Umweltforschungsverbunds ICCT. Zugleich bezog der Verband die CO2-Bilanz des im Elektro- oder Hybridauto verwenden Stromes mit in die Rechnung ein.
Umweltministerin ganz vorne in der Dienstwagen-Negativliste: „Kannste dir nicht ausdenken“
Knapp hinter Scheuer landen in der Tabelle der DUH die Benzin-Elektro-Hybride von Justizministerin Christine Lambrecht und Umweltministerin Svenja Schulze (beide SPD), wie die Organisation am Montag in Berlin mitteilte. Unter den Länderchefs rangiert der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), erneut auf dem letzten Platz.
Dass ausgerechnet Verkehrsminister und Umweltministerin auf den vordersten Rängen landeten, sorgte für Spott im Netz: „Kannste dir nicht ausdenken“, kommentierte beispielsweise ein User kühl. Ein anderer warf insbesondere Schulze eine „große Klappe“ vor. Nur Stunden zuvor hatte auch die frischgebackene SPD-Chefin Saskia Esken Kritik kassiert - auch sie zeigte in den Augen einiger Beobachter „Doppelmoral“ in Klimafragen.
Minister und ihre Dienstwagen: Gerd Müller (CSU) laut Umwelthilfe am klimafreundlichsten unterwegs
Den niedrigsten CO2-Ausstoß im Bundeskabinett hatte der Dienstwagen von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und das Diesel-Auto von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Diesel-Pkw haben in dem Fall ganz offensichtlich einen niedrigen CO2-Ausstoß, sie sind aber laut Umweltbundesamt Hauptquelle für Stickoxid in den Städten. Auch bundesweit scheint die Krise der Diesel-Modelle bereits unerwünschten Folgen zu haben.
Unter den Länderchefs hat laut DUH der Benzin-Hybrid des Bremer Bürgermeisters Andreas Bovenschulte (SPD), der teilweise elektrisch fährt, die niedrigsten Emissionen.
Neue Klima-Zahlen zur Regierungsflotte: CO2-Emission erstmals gestiegen
Insgesamt seien die CO2-Emissionen bei Dienstwagen erstmals gestiegen, hieß es. Zudem halte keiner der Dienstwagen der Regierungspolitiker im Bund und in den Ländern EU-Flottengrenzwerte ein - auch die drei Fahrzeuge nicht, die einen reinen Elektroantrieb hätten. Bei Fahrzeugen mit teil- oder vollelektrischem Antrieb wurde den Angaben zufolge der CO2-Gehalt des deutschen Strommixes zugrunde gelegt.
Deutsche Umwelthilfe: 237 Dienstwagen untersucht - Angela Merkels Fahrzeug war nicht darunter
Insgesamt seien 237 Dienstwagen untersucht worden. Davon verfügten 143 Fahrzeuge über Dieselantrieb, 74 seien mit Plug-In-Hybridantrieb ausgestattet. 17 der Autos seien konventionelle Benziner, 3 elektrobetrieben gewesen. Mehrere Regierungsfahrzeuge wurden allerdings nicht untersucht: Daten zum Wagen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Fahrzeugen der Leitung von Verteidigungs-, Innen-, Finanz- und Außenressort wurden von der DUH nicht veröffentlicht.
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dpa/fn