Von der Leyen im Kreuzfeuer: So steht‘s um den Fall Franco A.

München - Ursula von der Leyen ist nun gefordert. Die Verteidigungsministerin will den Fall des rechtsextremen Offiziers Franco A. aufklären. Doch was ist bisher bekannt?
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Einsatz: Zusammen mit Generalinspekteur Volker Wieker inspizierte sie am Mittwoch die Kaserne der deutsch-französischen Brigade in Illkirch/Elsass. Sie will herausfinden, was in der Affäre um den rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. schiefgelaufen ist. „Das Dunkelfeld auszuleuchten, das wird mühsam, das wird schmerzhaft, das wird nicht schön werden“, sagte sie in den „ARD-Tagesthemen“. Der 28-Jährige, der sich als syrischer Flüchtling ausgab, hatte offenbar Mitwisser bei der Truppe. Schmerzhaft ist die Angelegenheit auch für seine oberste Chefin. Von der Leyen steht weiter im Kreuzfeuer der Kritik, weil sie eine „Führungsschwäche“ bei der Bundeswehr angeprangert hatte. Neue Erkenntnisse und die Kritik:
Was ist inzwischen über Franco A.s Umfeld bekannt?
Die Ermittler des Generalbundesanwalts, der den Fall am Dienstag an sich gezogen hat, interessieren sich jetzt auch für einen zweiten Soldaten in Illkirch sowie für einen Reservisten, der im Ausland lebt. Nach Recherchen der Zeit soll ein Soldat namens Maximilian T. die inzwischen aufgetauchte handschriftliche Liste mit Namen von Prominenten - u. a. von Joachim Gauck und Heiko Maas - verfasst haben, die als Anschlagsziele gelten.
In der Kaserne in Illkirch waren Wehrmachtsbilder und ein Sturmgewehr mit eingeritztem Hakenkreuz gefunden worden. Ministerin von der Leyen betonte gestern nach der Besichtigung des Gemeinschaftszimmers in der Kaserne: „Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr. Einzige Ausnahme sind einige herausragende Einzeltaten im Widerstand. Aber sonst hat die Wehrmacht nichts mit der Bundeswehr gemein.“
Warum ermittelt der Generalbundesanwalt?
Franco A., der seit Dezember 2015 ein Doppelleben als „syrischer Flüchtling David Benjamin“ geführt hat, steht unter Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet zu haben. Darunter werden etwa Terroranschläge verstanden.
Gab es Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung?
Schon 2014 lagen der Bundeswehr Hinweise darauf vor, ohne dass Konsequenzen folgten. Franco A. fiel durch rassistische Thesen in seiner Masterarbeit mit dem Titel „Politischer Wandel und Subversionsstrategien“ auf, die er im Zuge seines Studiums in Fontainebleau angefertigt hatte. Darin wird etwa Immigration als „Tabuthema“ bezeichnet.
Ein renommierter deutscher Historiker, der mit der Begutachtung beauftragt war, kam im Januar 2014 zu dem Schluss, es handle sich bei der Arbeit um „einen Aufruf dazu, einen politischen Wandel herbeizuführen, der die gegebenen Verhältnisse an das vermeintliche Naturgesetz rassischer Reinheit anpasst“.
Wurde Franco A. denn nicht zur Rede gestellt?
Doch, aber er konnte sich aus der Affäre ziehen. Danach hatten sich die „Zweifel an seiner Grundgesetztreue“ nach dem Soldatengesetz zerstreut. Es erfolgte entsprechend auch kein Eintrag in die Personalakte - der Militärische Abschirmdienst (MAD) erhielt keine Kenntnis von dem Vorgang. A. schloss sein Studium mit einer neuen Arbeit noch 2014 ab und wurde später Berufssoldat.
Was wird der Ministerin vorgeworfen?
Der Bundeswehrverband nimmt es von der Leyen übel, dass sie „Führungsschwäche“ und „falsch verstandenen Korpsgeist“ beim Militär in einem offenen Brief kritisiert hatte. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz findet, die Ministerin lasse „ihre Soldaten im Stich“.
Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warf ihr vor, sie habe eigene Fehler nicht eingestanden und stattdessen pauschal Kritik an der Truppe geübt. „Es war falsch, es hat Vertrauen zerstört, und es war auch unnötig.“ Arnold sprach von einer Zunahme rechtsextremer Fälle in der Bundeswehr. „Das müssen wir sehr ernst nehmen.“
Die Baustellen bei der Bundeswehr
Die Bundeswehr war in den vergangenen 25 Jahren auf Schrumpfkurs. Sparzwänge spielten auch bei der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 eine Rolle. Um 1990 gab es noch eine halbe Million aktive Soldaten, 2016 gerade noch knapp 178.000. Nun soll die Truppenstärke wieder wachsen.
Skandale, u. a. wegen Sex-Mobbing, gab es in jüngster Zeit bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall und in Pfullendorf (Baden-Württemberg). 2016 gab es rund 60 meldepflichtige Ereignisse „mit Verdacht auf Extremismus oder Verstoß gegen die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“.
Die Ausrüstung ist teils marode, teils veraltet und sorgt für viel Spott. Technische Pannen und explodierende Kosten machen bei Waffensystemen Probleme. Die Produktion des „Eurofighter“ ist verzögert, die Kosten des Kampfjets liegen mit mehr als 6,5 Mrd. Euro massiv über der Planung. 2016 waren einige der Hubschrauber nur bedingt einsatzbereit: der „Sea Lynx“ zu 23 und der „NH90“ zu 31 Prozent. Größtes Sorgenkind: der „A400M“. Bislang besitzt die Bundeswehr nur acht von 53 bei Airbus bestellten Transportmaschinen. Auch deren Einsatz ist nicht uneingeschränkt möglich.
BW