USA schießen Spionageballon ab: Es ist Zeit für die China-Zeitenwende, Kanzler!

Zwischen den USA und China sinkt die Temperatur nach dem Abschuss eines Spionage-Ballons auf den Gefrierpunkt. Doch der Fall hat auch ernste Konsequenzen für Deutschland. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Auf die Idee sind sogar die Macher von James Bond neidisch: Ein chinesischer Spionageballon „verirrt“ sich über die USA und wird dort auf Befehl des US-Präsidenten abgeschossen. Was nach überdrehter Kino-Action klingt, ist in Wahrheit das nächste Kapitel im Kalten Krieg zweier Supermächte, der auch noch in einen heißen münden könnte, wenn die Beteiligten nicht sehr aufpassen. Der neueste, für Peking hochpeinliche Vorfall unterbricht die jüngsten Entspannungsbemühungen beider Länder und ruft einen Schreckmoment in Erinnerung, für den zuletzt der amerikanische Vier-Sterne-General Mike Minihan gesorgt hatte, als er in drastischen Worten vor einem bevorstehenden Angriff Chinas auf Taiwan warnte: „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden.“
Deutschland und Europa brauchen eine China-Strategie, die auch Risiken beachtet
So weit ist es zum Glück noch nicht. Doch klar ist schon jetzt, dass das immer aggressivere Vorgehen des Pekinger Diktators Xi den Europäern die Spielräume nimmt, um zwischen beiden Supermächten zu manövrieren und dabei eigene Handelsinteressen voranzustellen. Manfred Weber, Chef von Europas bürgerlichen Parteien, fordert richtigerweise einen Schulterschluss der freien Welt, um sich für den gewaltigen Systemwettbewerb zu rüsten und nicht naiv in die nächste große Krise zu stolpern.
Vor allem in Deutschland haben, wie zuvor in der Russlandpolitik, viele den Schuss noch nicht gehört. Als gäbe es keine Zeitenwende, hofierte der Kanzler die Pekinger Führung zuletzt als Handelsreisender, ganz im Stil seiner allzu vertrauensseligen Vorgängerin Angela Merkel. Und während die Mittelständler inzwischen einen großen Bogen um neue China-Investments machen, haben Dax-Riesen wie VW, BMW, Mercedes und (schon wieder!) BASF ihre Geschäfte im Reich der Mitte zuletzt noch einmal massiv ausgeweitet.
Deutschland und Europa brauchen – neben einer Antwort auf Bidens neue, unfaire US-Subventionspolitik – eine China-Strategie, die nicht mehr dem Scholz’schen Business-first-Denken folgt, sondern die Risiken in den Blick nimmt und Antworten formuliert: Unternehmen müssen in Stresstests ihre China-Abhängigkeit offenlegen, staatliche Exportgarantien gestoppt und Staatskonzerne wie Huawei von Projekten zum Aufbau kritischer Infrastruktur in Deutschland ausgeschlossen werden. Es ist Zeit für die China-Zeitenwende. Wer das nicht erkennt, hat aus der Katastrophe in der Ukraine nichts gelernt.