Sein Facebook-Posting ging nicht darauf ein, ob und in welcher Form er mit Kräften rechts von der EVP zusammenarbeiten will. Dazu zählen im Europaparlament die rechtsnationale EKR und die noch weiter rechts stehende Gruppe ID.
Update vom 3. März, 14.30 Uhr: Der Rückzug der Fidesz-Abgeordneten aus der Fraktion der Konservativen schlägt im EU-Parlament hohe Wellen. Nach dem Bruch mit der EVP-Fraktion wirbt nun der AfD-Politiker Jörg Meuthen um die Politiker der Orbán-Partei: „Es ist offenkundig, dass Viktor Orbán und der Fidesz unserer Fraktion Identität und Demokratie (ID) inhaltlich viel näher sind als der EVP“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Der rechtspopulistischen Fraktion gehören neben der AfD auch die französische Rassemblement National (ehemals Front National) und die italienische Lega-Partei an.
„Aufseiten der AfD, und sicherlich auch seitens der anderen ID-Delegationen, würde sich keiner einem Beitritt des Fidesz zur ID versperren“, zitierte die AFP Meuthen. Besonders beim Thema Migration gebe es Überschneidungen. Der AfD-Ko-Parteivorsitzende betonte: „Orbán ist bei uns willkommen“.
Brisante Fragen gibt es unterdessen an die Adresse der CSU. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz fragte CSU-Generalsekretär Markus Blume nach dem parlamentarischen Beben auf Twitter: „Wird die CSU trotzdem ‚ihren Freund‘ Orbán weiter zu den Parteitagen einladen?“ In der Vergangenheit war der ungarische Regierungschef bei der CSU ein gern gesehener Gast. Im Jahr 2018 luden die Christsozialen Orbán sogar zu ihrer traditionellen Klausurtagung in Seeon ein.
EVP-Fraktionschef Manfred Weber, warf Fidesz unterdessen eine Abkehr von christdemokratischen Grundwerten vor. Die Partei stehe nicht länger auf derselben Grundlage wie die christdemokratischen Gründerväter einschließlich Konrad Adenauer, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch. „Es ist der Fidesz, der sich abgewandt hat.“ Weber sagte, er bedaure den Rückzug. „Dies ist kein Tag, wo ich sagen könnte, ich wäre glücklich, über das, was passiert ist.“
Erstmeldung vom 3. März: Brüssel - Viktor Orbáns Fidesz-Partei war jahrelang Gegenstand erbitterter Streitereien innerhalb der christdemokratischen Parteienfamilie im EU-Parlament. Zuletzt änderte die EVP-Fraktion ihre Geschäftsordnung, um die Fidesz-Partei aus dem Parteienverbund auszuschließen, die Differenzen schienen unüberbrückbar. Diesem Schritt kam nun Ungarns Regierungschef und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orbán zuvor.
In einem Brief erklärt er den Rückzug der zwölf Abgeordneten aus der EVP-Fraktion. „Ich informiere Sie hiermit, dass die Fidesz-Europaabgeordneten ihre Mitgliedschaft in der EVP-Fraktion beenden“, teilte Orbán am Mittwoch in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit.
Seine Stellvertreterin Katalin Novak veröffentlichte das Schreiben auf Twitter. „Wir werden es nicht zulassen, dass unsere Abgeordneten mundtot gemacht oder in ihrer Möglichkeit Wähler zu repräsentieren eingeschränkt werden“, schreibt die Fidesz-Politikerin.
Mit dem Rückzug aus der Fraktion kommt Orbán einer Suspendierung zuvor. Unmittelbar davor hatte die EVP-Fraktion in einer Online-Sitzung mit der nötigen Mehrheit für eine Änderung der Geschäftsordnung gestimmt, die einen generellen Ausschluss der Fidesz-Gruppe in der Fraktion ermöglicht hätte.
Orbán hatte bereits am letzten Sonntag in einem Brief an Weber damit gedroht, die Fidesz-Abgeordneten aus der Fraktion zurückzuziehen, falls die Fraktion die Änderung der Geschäftsordnung billigen sollte. Zuletzt sorgte der Streit um den ungarischen Radiosender „Klubradio“ für Schlagzeilen. Orbáns Medienrat entzog dem Medium das Recht, auf UKW-Frequenz zu senden. „Klubradio“ war der letzte unabhängige Sender, nun ist er nur noch über das Internet empfangbar. Die EU-Kommission bezeichnete die Gründe für die Entscheidung als „extrem fragwürdig“.
Die Beendigung der Fidesz-Mitgliedschaft in der EVP-Fraktion setzt einen Schlusspunkt unter den jahrelangen Streit, den der rechtsnationale Orbán mit den europäischen Christdemokraten ausfocht, denen auch CDU und CSU angehören. Auf Parteiebene ist die Mitgliedschaft des Fidesz in der EVP bereits seit 2019 suspendiert, unter anderem wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte sowie wegen Verbalattacken gegen den damaligen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
Zur Fraktion gehörten die Fidesz-Abgeordneten bis zu ihrem Austritt am Mittwoch weiter. Der nun vollzogene Bruch bedeutet auch eine Zäsur für EVP-Fraktionschef Weber, der lange zu vermitteln versuchte, zuletzt aber in scharfen Konflikt mit Orbán geriet. Denkbar wäre in weiterer Folge ein Wechsel der Fidesz-Abgeordneten zur rechtsnationalen EKR oder zur noch weiter rechts stehenden Gruppe ID im Parlament. Beides würde die Rechte stärken. Die EVP bliebe aber stärkste Fraktion.
Der Unions-Bundestagsfraktions-Vize Arnold Vaatz hatte die Fidesz jüngst erst in einem Interview verteidigt - und dafür harte Kritik einstecken müssen. (dpa/jjf)