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USA betreiben offenbar geheime Kommando-Struktur in der Ukraine - nach Vorbild aus Afghanistan

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Von: Felix Durach

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Nato und USA beteiligen sich offiziell nicht direkt am Krieg in der Ukraine. Dennoch befinden sich offenbar CIA-Agenten vor Ort und unterstützen die ukrainischen Streitkräfte.

Kiew – Die Nato steht im andauernden Ukraine-Konflikt geschlossen hinter der Ukraine. Diese Position bekräftigten die Vertreter des Militärbündnisses in den vergangenen Monaten immer wieder. Auf dem Nato-Gipfel Ende Juni kündigte US-Präsident Joe Biden an, man werde die Ukraine „so lange unterstützen, wie es nötig ist.“ Ein deutliches Statement auch deshalb, weil Generalsekretär Jens Stoltenberg zuvor befürchtet hatte, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine könne noch „Jahre dauern“.

Die Nato-Mitglieder betonten jedoch immer wieder, man sei keine aktive Partei im Krieg gegen Russland. Das Militärbündnis setzt in seiner Unterstützung für Kiew vor allem auf finanzielle Unterstützung und die Lieferung von schweren Waffen in das Kriegsgebiet. Die Präsenz von Nato-Soldaten auf ukrainischem Boden wird abgelehnt. Zu hoch ist die Gefahr einer Eskalation des Konflikts mit der Atommacht Russland. Wie ein Bericht der New York Times nun aufdeckt, befinden sich offenbar sehr wohl Nato-Einheiten und US-Agenten in der Ukraine.

Ukraine-Krieg: Vorbild Afghanistan - US-Spezialeinheit errichtet Kommando-Netzwerk

Wie die renommierte Zeitung berichtet, unterstützt ein geheimes Netzwerk an Kommandos und Agenten die Ukraine im Krieg gegen Russland von Europa aus. Die Spezialeinheiten seien vor allem für Aufklärung, die Bereitstellung von Waffen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten verantwortlich. Der Großteil der Arbeit findet dabei außerhalb der Ukraine auf US-Stützpunkten in Deutschland, Frankreich und Großbritannien statt. Doch wie der Bericht mit Verweis auf US-Offizielle vermeldet, befinden sich auch Angehörige des US-amerikanischen Auslandsgeheimdienstes CIA in der Ukraine. Von der Hauptstadt Kiew aus sollen sie die Aufklärungsarbeit koordinieren.

Die 10. Special Forces Group der US-Army hatte nach der russischen Invasion in die Ukraine Ende Februar zunächst eine Planungszelle in Deutschland eingerichtet, um die Unterstützung für die Ukraine zu koordinieren, wie die New York Times berichtete. Dieser haben sich mittlerweile 19 weitere Nationen angeschlossen. Eine offizielle Bestätigung der Arbeit gibt es auch aus der US-Regierung. Die Organisation orientiere sich dabei an einem ähnlichen Modell, welche das US-Militär während des Kriegs in Afghanistan eingerichtet hatte. Christine Wormuth, Secretaty of the Army in der Biden-Regierung, sprach bereits im vergangenen Monat über die Aufgaben der Zelle.

US-Soldaten trainieren in einem Militär-Camp in Polen für den Ernstfall.
US-Streitkräfte sind an mehreren Stützpunkten in Europa auch mit der Ausbildung von ukrainischen Truppen betraut. © WOJTEK RADWANSKI/AFP

Ukraine-News: US-Regierung über Einsätze im Kriegsgebiet - „Koordinierung von Waffenströmen“

Deren Hauptaufgabe sei die Koordinierung von Waffen- und Ausrüstungsströmen in das Kriegsgebiet. „Die Ukrainer versuchen die Waffen und Ausrüstung zu transportieren und dabei den russischen Truppen auszuweichen, welche die Konvois ins Visier nehmen. Wir versuchen bei der Koordination und dem Transport der verschiedenen Ladungen zu helfen“, so Wormuth. „Ein weiterer Punkt, in dem wir helfen können, ist die, Aufklärung darüber, wo die Gefahren für diese Konvois sich befinden.“

Ukraine-News: CIA unterstützt Kiew wohl bei Aufklärung - auch diverse Nato-Kommandos vor Ort

Teile der Aufklärung werden auch direkt in der Ukraine koordiniert. CIA-Agenten sollen hierfür vor allem von Kiew aus agieren, jedoch auch an anderen Positionen im Westen des Landes vertreten sein. Auskünfte zu den Auslandseinsätzen des Geheimdienstes erteilt die US-Regierung grundsätzlich nicht. Die Präsenz der CIA vor Ort gilt jedoch international als offenes Geheimnis und soll auch von Russland registriert worden sein.

Darüber hinaus sollen sich auch ein paar Dutzend Kommandos von anderen Nato-Mitgliedern in der Ukraine befinden und zu dem Netzwerk zählen. Dazu zählen Großbritannien, Frankreich, Kanada und Litauen. Die Staaten hatten entweder bereits vor dem Kriegsbeginn Truppen in der Ukraine, oder haben sie in den vergangenen Monaten hinzugezogen. Die USA hingegen hatten vor der russischen Invasion alle 150 militärische Ausbilder aus der Ukraine abgezogen.

Ukraine-News: USA und Nato vor Ort - Auswirkungen bereits auf dem Schlachtfeld sichtbar

Über die weiteren Einsatzgebiete der CIA und der Kommandos sei aktuell nur wenig bekannt. Die New York Times ordnet die Präsenz der Agenten als Zeichen für die Reichweite der US-Unterstützung in der Ukraine ein. Sie würde auch darauf hinweisen, welche Risiken die US-Regierung und ihre Verbündeten in der aktuellen Lage ergreifen würde.

Die Auswirkungen dieser Unterstützung lassen sich auch auf dem Schlachtfeld beobachten. Diverse untergeordnete ukrainische Kommandeure hatten sich zuletzt bei der US-Regierung für die bereitgestellten Satellitenbilder zur Aufklärung bedankt. Die Bilder können über ein Tablet abgerufen werden und geben Aufschluss über die Position der russischen Truppen. In der Stadt Bakhmut in der umkämpften Region Donbas, sollen Soldaten darüber hinaus sogar US-amerikanische Patches auf ihren Ausrüstungen getragen haben.

Wenige Wochen später warnt ein ranghoher Bundeswehr-General vor Putin – und erntet harsche Kritik aus dem Ausland, speziell den USA. Auch die Verwunderung über Olaf Scholz‘ Regierung wächst mancherorts.

Ukraine-News: US-Unterstützung für Kiew - Ukrainer brauchen jetzt „klassisches Militär-Training“

Der ehemalige CIA-Mitarbeiter Douglas Wise bezweifelt gegenüber der New York Times jedoch, ob die Präsenz der Agenten ausreichend für eine Unterstützung der Ukraine sei. Die CIA sei auf Aufstandsbekämpfung und Anti-Terrorismus-Operationen spezialisiert. Themenfelder, die nur bedingt im aktuellen Krieg benötigt werden. „Was die Ukrainer jetzt brauchen, ist klassisches Militär-Training“, so Wise. Im Fokus steh dabei vor allem die Ausbildung in der Nutzung des Mehrfachraketenwerfers Himars.

Himars

Himars (High Mobility Artillery Rocket System) ist die Bezeichnung für ein Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem des US-amerikanischen Rüstungsherstellers Lockheed Martin. Die mobilen Maschinen können auf Lastwägen aufgeladen werden und mehrere präzisionsgelenkte Raketen gleichzeitig auf Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung abfeuern. US-Präsident Joe Biden hatte erklärt, Himars ermögliche es, mit größerer Präzision Ziele auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zu treffen – die ukrainische Armee werde aber damit nicht ermutigt oder in die Lage versetzt, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen.

Vier dieser Systeme hat die US-Regierung bereits an die Ukraine geliefert, vier weitere seien bereits auf dem Weg. US-Soldaten erhalten in der Regel eine sechs- bis achtwöchige Ausbildung in der Bedingung der Raketenwerfer. Aufgrund des Zeitmangels in der aktuellen Situation bekommen ukrainische Soldaten ein zweiwöchiges Kurzprogramm der Ausbildung - aktuell noch von US-Einheiten in Deutschland. „Diese Systeme kann man nicht einfach auf das Schlachtfeld werfen“, erklärte US-General Mark A. Milley zuletzt. Die Raktenwerfer spielen aktuell auch bei der ukrainischen Gegenoffensive im Süden des Landes eine entscheidende Rolle.

Zwei Himars-Raketenwerfersysteme stehen auf einer Straße im ukrainischen Oblast Saporischschja.
Die ukrainischen Streitkräfte setzten Himars-Raketenwerfer aktuell vor allem im Süden des Landes ein, um die besetzten Gebiete am Schwarzen Meer zurückzuerobern. © Armed Forces of Ukraine/imago-images

Ukraine-News: Kiews Militär verliert „100 Soldaten am Tag“ - Probleme bei medizinischer Versorgung

Darüber hinaus beklagen US-Beamte auch die mangelhafte Ausbildung der ukrainischen Truppen bei der Versorgung und dem Transport von Verwundeten. „Sie verlieren 100 Soldaten am Tag. Das ist fast so hoch, wie unsere Verluste im Vietnam-Krieg. Es ist furchtbar“, sagte ein ehemaliger Beamter der Trump-Regierung. Auch hier könnten US-Truppen weitere Trainings anbieten, wie man ein Netzwerk aus mobilen Krankenhäusern in Frontnähe aufbaut und Verwundete schneller versorgen kann.

Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass die Präsenz von mehr US-amerikanischen Ausbildern in der Ukraine eine weitere Eskalation vonseiten Russlands auslösen könnte. Ex-CIA-Mitarbeiter Douglas Wise sagte dazu: „Würde eine Erweiterung des Trainings den Preis rechtfertigen, der für diese möglicherweise gezahlt werden müsste? Die Antwort ist: wahrscheinlich nicht.“ (fd)

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