1. Startseite
  2. Politik

Putins Plan B: Bringt Donbass-Kleinstadt Russland jetzt den Sieg?

Erstellt:

Von: Andreas Schmid

Kommentare

Rauch steigt im Gebiet zwischen Soledar und Bachmut hervor.  (Archivfoto)
Rauch steigt im Gebiet zwischen Soledar und Bachmut hervor. Nun soll es abermals Kämpfe um die Städte geben. (Archivfoto) © IMAGO/Daniel Carde

Im Ukraine-Krieg avanciert die Kleinstadt Soledar zum neuen Epizentrum der Kämpfe: Auch mit Beteiligung von Wagner-Söldner will Putin im Donbass vorrücken.

Soledar – Russische Truppen wollen nach wie vor die ostukrainische Stadt Bachmut einnehmen. Weil die Eroberung jedoch stockt, setzt Russland offenbar auf einen Plan B: Nun konzentrieren sich die Soldaten auf die Kleinstadt Soledar, ein Zentrum der berüchtigten Wagner-Söldner. Dabei machen russische Truppen offenbar Fortschritte.

Russische Fortschritte im Donbass: Wagner-Söldner rücken in Soledar vor

Der britische Geheimdienst berichtete am Dienstag von russischen Zugewinnen in der Region. So gebe es „leichte Fortschritte“ bei den Kämpfen um Bachmut. Reguläre Truppen und Wagner-Einheiten hätten in den vergangenen vier Tagen taktische Vorstöße in das zehn Kilometer nördlich gelegene Soledar gemacht. Sie kontrollierten wahrscheinlich den größten Teil des Ortes, hieß es im aktuellen Lagebericht. Nach ukrainischen Angaben beschoss Russland die Stadt mittlerweile 86-mal, sie sei „praktisch zerstört“.

Wagner-Kämpfer von Putin-Freund Jewgeni Prigoschin („Putins Koch“) versuchen seit Monaten vergeblich, die Stadt Bachmut einzunehmen. Sie ist auch aus kommerziellen Gründen, wegen der Salz- und Gipsminen vor Ort, interessant. Unter anderem hat die bayerische Firma Knauf ein Werk in Bachmut. Es wurde nach Kriegsbeginn geschlossen und soll nun unter der Kontrolle von Wagner-Söldnern stehen.

Nach abermals erfolglosen Angriffen auf Bachmut im Dezember konzentrierten sich die berüchtigten Söldner Anfang Januar auf Soledar. Die Ukraine schien überrascht. Kiews Truppen konnten zunächst dagegenhalten, müssen nun aber nach und nach Gebietsverluste hinnehmen. Soledar soll zu 80 Prozent unter russischer Kontrolle stehen.

Wichtige Kleinstadt Soledar: Nahe Bachmut könnte sich der Kriegsverlauf im Donbass entscheiden

Warum Soledar? Die Kleinstadt (vor dem Krieg 10.000 Einwohner) ist aufgrund ihrer Nähe zu Bachmut strategisch bedeutend. Bachmut bleibe das vorrangige Ziel der russischen Offensive, hieß es vom britischen Geheimdienst weiter. Der Vorstoß nach Soledar solle die Stadt von Norden her einschließen und ukrainische Kommunikationswege unterbrechen.

Die Kämpfe konzentrierten sich auf Zugänge zu stillgelegten Salzminenstollen, die unter dem Gebiet verlaufen und insgesamt rund 200 Kilometer lang sein sollen. Trotz des erhöhten Drucks auf Bachmut sei es unwahrscheinlich, dass Russland die Stadt bald einnimmt, da die ukrainischen Streitkräfte stabile Verteidigungsstellungen aufgebaut hätten und auch die Versorgungswege weiter kontrollierten.

Soledar und Bachmut sind Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk. Die Einnahme dieses Gebiets wäre aus russischer Sicht ein bedeutender Schritt hin zur Eroberung des gesamten Donbass – eines der Kriegsziele des Kreml.

Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, nimmt an der Beerdigung eines Kämpfers der Wagner-Gruppe, der während eines Spezialeinsatzes in der Ukraine ums Leben kam, auf einem Friedhof außerhalb von St. Petersburg teil.
Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin. Er ist auch bekannt als „Putins Koch“. © Uncredited/AP/dpa

„Bachmut steht kurz vor der Befreiung“: Russen berichten schon von Einnahme

Die beiden Kriegsparteien äußerten sich am Dienstag vielstimmig zu den Kämpfen in Soledar. So veröffentlichte die russische Nachrichtenagentur Tass mehrere Aussagen von prorussischen Kräften der selbst ernannten Volksrepublik Donezk. Apty Alaudinow, Kommandeur der Spezialeinheit Bachmut, geht demnach davon aus, dass Soledar in den nächsten Tagen vollständig kontrolliert werden könnte. Das hätte auch Auswirkungen auf Bachmut. „Bachmut steht kurz vor der Befreiung“, sagte Yan Gagin, ein Berater der Volksrepublik Donezk, dem Fernsehsender Rossija-1.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beschrieb die Lage vor Ort als hoch angespannt. „Es ist sehr schwer: Es sind dort kaum noch intakte Wände übrig“, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft. Zugleich versicherte er: „Auch wenn die Besatzer jetzt ihre größten Anstrengungen auf Soledar konzentriert haben, wird das Ergebnis dieses schweren und andauernden Kampfes die Befreiung unseres gesamten Donbass sein.“ Der Widerstand der ukrainischen Soldaten in Soledar verschaffe der ganzen Armee Zeit, meinte Selenskyj. „Die Schlacht um den Donbass dauert an.“ (as mit dpa)

Auch interessant

Kommentare