Zoff ums Wahlrecht: SPD bietet nun Kompromiss – wie reagiert Söder?

Der Streit um die beschlossene Wahlrechtsreform geht weiter. Die SPD schlägt einen Kompromiss vor - und Markus Söder lehnt ab.
Berlin/München - Es scheint kein Ende in Sicht: Die Ampel-Koalition hat ihre Wahlrechtsreform bereits beschlossen hat, doch Regierung und Opposition streiten sich weiter. Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer hat nun einen Kompromissvorschlag vorgestellt. Er schlägt vor, die Fünf-Prozent-Hürde auf vier Prozent zu senken. Das würde vor allem der CSU sowie der Linken entgegenkommen, denn die beiden Oppositionsparteien sind von der Ampel-Reform besonders betroffen.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, begründete Schäfer seinen Vorstoß in einer zweiseitigen Stellungnahme. Darin lobt er zwar, dass der Regierung mit der Reform des Wahlrechts „ein wichtiger parlamentarischer Erfolg gelungen“ sei, allerdings habe der Wegfall der Grundmandatsklausel „aus allen Richtungen zu erheblicher Kritik geführt“, die nun adressiert werden müsse. Weiter schreibt er, es bestehe jetzt „ein erhebliches Potenzial für Fake News und Legendenbildung sowie vermeidbare Auseinandersetzungen.“ Dem sollte die Ampel-Koalition „sowohl widerstehen als auch eine weitere Reform des Wahlrechts in Angriff nehmen und konkret über eine Absenkung der Sperrklausel auf vier Prozent beraten“.
Schäfer verwies er auch auf andere Staaten der Europäischen Union: „In acht EU-Staaten gibt es Sperrklauseln unterhalb von fünf Prozent, und beim Europäischen Parlament genügen weniger als ein Prozent, um einen Sitz zu erringen.“ Die Linke hatte zuvor ebenso auf eine solche Absenkung plädiert. Der Abgeordnete Gregor Gysi hatte aber, anders als Schäfer, 3 oder 3,5 Prozent als Hürde für den Einzug ins Parlament genannt.
Wahlrechtsreform beschlossen - Grundmandatsklausel abgeschafft
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat kürzlich nach langem Ringen eine Wahlrechtsreform verabschiedet. Damit soll der Deutsche Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete verkleinert werden - in dieser Legislaturperiode sitzen dort 736 Abgeordnete. Die aktuelle Sollgröße beträgt 598 Abgeordnete, in der letzten Zeit war immer wieder die Rede von einem „aufgeblähten“ Bundestag. Mit der Reform wird neben den Überhangs- und Ausgleichsmandaten auch die Grundmandatsklausel abgeschafft, was zuletzt für hitzige Debatten sowohl im Plenum als auch in der Öffentlichkeit gesorgt hat.
Denn das könnte vor allem für die Linkspartei und die CSU ein Problem darstellen: Die Linke erzielte bei der letzten Wahl 2021 nur 4,9 Prozent und durfte ausschließlich dank der Grundmandatsklausel doch noch in den Bundestag einziehen. Die nur in Bayern vertretene CSU kam bundesweit geradeso auf 5,2 Prozent, gewann in Bayern aber fast alle Direktmandate. Die Grundmandatsklausel besagt, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einziehen können, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen.
SPD-Kompromissvorschlag bei der Wahlrechtsreform: Söder erteilt Absage
Dementsprechend empört reagierten CSU- und Linken-Politiker auf die beschlossene Wahlrechtsreform und die Abschaffung der Grundmandatsklausel. Auch der neue Kompromissvorschlag aus der SPD-Fraktion sorgt beim bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nicht für Begeisterung. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Die Ampel muss dieses Wahlrecht ganz zurücknehmen, Korrekturen reichen nicht.“ Und weiter: „Um sich ihre Mehrheit zu sichern, hat sie zwei von drei Oppositionsparteien in ihren Grundfesten benachteiligt. Die Ampel hat sich an der politischen Kultur versündigt.“
Ein anderer Vorschlag aus der Bundesregierung, die Wahlrechtsreform nachzubessern und Listenverbindungen von CDU und CSU zu ermöglichen, wurde vom Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz ebenfalls abgelehnt. „Wir empfinden es als geradezu übergriffig, dass die Koalition per Wahlgesetz jetzt darüber entscheiden will, wie sich CDU und CSU bei Bundestagswahlen aufzustellen haben. Der Vorschlag einer Listenverbindung ist unbrauchbar zur Lösung des von der Ampel selbst herbeigeführten Problems“, sagte Merz der Welt am Sonntag. Die Unionsparteien und die Linke wollen vor dem Verfassungsgericht gegen die beschlossene Reform klagen. (ale)