Trauerfeier für Kohl: Darum wird es für diese Männer ein besonderer Moment

Millionen Menschen werden am Samstag die Trauerfeier für Altbundeskanzler Helmut Kohl live im Fernsehen verfolgen. Für vier Männer aus Hamm (NRW) wird es ein besonderer Moment sein.
Hamm - Die Welt verabschiedet sich am Samstag in Speyer ein letztes Mal vom verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl. Der TV-Sender „Das Erste“ wird die Trauerfeierlichkeiten ab 17.10 Uhr live aus dem Speyerer Dom übertragen. Besonders für vier Männer aus Hamm wird es ein stolzer Moment. Denn Thomas May, Betriebsleiter der Hammer Sargfabrik „Heinrich Glunz“, sowie seine Kollegen Michael Büscher, Reiner Driesner und Waldemar Wiens haben im Auftrag eines Bestatters aus Ludwigshafen den Sarg für Helmut Kohl gebaut.
„Für mich war es eine besondere Ehre, den Sarg für einen so großen Staatsmann wie Helmut Kohl zu erstellen“, sagt May dem Westfälischen Anzeiger. Dabei war er bei der Wiedervereinigung Deutschlands, die auf Ewigkeiten eng mit dem Namen Helmut Kohl verbunden sein wird, gerade einmal elf Jahre alt und hatte mit Politik „noch nicht wirklich etwas am Hut“. Aber auch danach habe Helmut Kohl noch viel bewirken können, findet er.
Sarg größer als die meisten anderen
Dass ausgerechnet die Firma aus Hamm-Weetfeld den Auftrag erhalten hat, den Sarg für Helmut Kohl zu bauen, hat sie der jahrelangen Zusammenarbeit mit Bestattern aus dem gesamten Bundesgebiet zu verdanken. Der Auftrag traf dabei erst vorigen Donnerstag ein. Für den Bau mussten die gelernten Tischler sogar Nachtschichten einlegen, weil es sich um einen „Sonderauftrag“ handelte.
Ein Standardsarg ist in der Regel 200 mal 70 Zentimeter groß. „In diesem Fall sollte der Sarg 216 mal 92 Zentimeter groß werden“, sagt May im WA. Eine solche Sondergröße habe man aber nicht auf Lager. Daher habe man ihn erst zurechtschneiden müssen. Außerdem sollte der Sarg „Eiche rustikal mit Buchdeckel“ an den Seiten zwei Edelstahl-Stangen für insgesamt acht Träger und nicht wie sonst üblich sechs Haltegriffe für sechs Träger bekommen. „Buchdeckel deshalb, weil die Oberseite des Sarges nicht flach ist, sondern einem aufgeklappten Buch ähnelt“, erklärt May.
Wegen Zeitdruck war Teamarbeit gefragt
Eine Besonderheit war zudem, dass man den Sarg nicht von Innen ausstatten musste. „Das wird vor Ort geschehen“, so May im WA. Details hierzu konnte er nicht erzählen. Normalerweise dauert es „drei bis vier“ Tage, bis ein Sarg hergestellt ist. Jeder Mitarbeiter habe seine feste Aufgabe. „Der eine schneidet das Holz zurecht, andere führen die Hobelarbeiten durch, kleben die Einzelteile zusammen oder lackieren ihn.“ Beim Sarg von Helmut Kohl war aufgrund des Zeitdrucks hingegen Teamarbeit gefragt. „Wir haben uns gegenseitig geholfen“, sagt Michael Büscher.
Auch für ihn war es „eine Ehre“, an dem Sarg für Helmut Kohl mitgebaut zu haben. Jeden Monat verlassen rund 2500 Särge die Sargfabrik Glunz. May: „Wir haben etwa 100 Modelle. Hinzu kommen diverse Sondermodelle – nicht nur für Helmut Kohl.“ Fußballfans könnten sich zum Beispiel in einem gelb-schwarzen oder einem blau-weißen Sarg bestatten lassen. Gefragt sei auch der „Papst-Sarg“. Es handele sich dabei um einen Nachbau des Sarges, in dem vor zwölf Jahren Papst Johannes Paul II. bestattet wurde.
Rühmann, Westerwelle, Enke...
Helmut Kohl ist nicht der einzige Prominente, der in einem Sarg aus Hamm seine letzte Ruhe findet. Auch Heinz Rühmann, Guido Westerwelle sowie der frühere Fußball-Nationalspieler Robert Enke wurden in einem Sarg der Firma Glunz – sie ist eine von noch rund 25 Sargfabriken in ganz Deutschland – beigesetzt.
Und das wird auch Helmut Kohl. Viel wurde im Vorfeld der Trauerfeierlichkeiten in den Medien über den Streit berichtet, der deswegen innerhalb der Familie entbrannt ist. „Und das macht mich traurig – vor allem, dass sein Sohn wohl nicht an der Beisetzung teilnehmen wird“, sagt Tischlermeister Thomas May.
Der Weg des Hammer Sargs am Samstag:
Die Trauerfeierlichkeiten beginnen am Samstag um 11 Uhr mit einem europäischen Trauerakt in Straßburg, an dem auch Kanzlerin Angela Merkel und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton teilnehmen werden. Kohl wird als erster Politiker überhaupt mit einer solchen Zeremonie auf EU-Ebene geehrt. Danach wird der Sarg mit einem Hubschrauber zu Kohls Geburtsort Ludwigshafen geflogen. Geplant ist, dass der Sarg mit dem Leichnam durch Ludwigshafen gefahren und danach auf einem Schiff nach Speyer transportiert wird. Im dortigen Dom ist um 18 Uhr eine Totenmesse, anschließend findet die Beisetzung im Familien- und Freundeskreis statt.
Stefan Gehre/Marko Orlovic