Putin stinksauer: Partisanen schocken Moskau mit spektakulärer Aktion – Widerstand auch in Belarus?
Im Ukraine-Krieg kommt ein wohl völlig neuer Faktor hinzu: Partisanen. Russische Freiwilligenkorps attackieren angeblich Grenzdörfer in Russland. Und in Belarus schlagen offenbar Regimegegner zu.
München/Brjansk - Bekommt Moskau-Machthaber Wladimir Putin im Ukraine-Krieg jetzt richtig Probleme vor der eigenen Haustüre? Offenbar russische Partisanen haben zwei russische Dörfer an der Grenze zur Ukraine überfallen und zum Kampf gegen das Regime im Kreml aufgerufen.
Ukraine-Krieg: Offenbar russische Partisanen greifen Grenzdörfer in Russland an
Der Kreml bestätigte an diesem Donnerstag (2. März), dass am Morgen zwei grenznahe Dörfer in der russischen Region Brjansk angegriffen wurden. Manche Berichte sprechen von pro-ukrainischen Widerstandskämpfern, weil die bei Twitter abgebildeten Männer die für ukrainische Einheiten typischen gelben Bänder tragen.
Die Situation war am Abend völlig unübersichtlich. In anderen Berichten ist von russischen Neonazis die Rede. Die Männer hissten vor der Post des Dorfes Sushany und vor dem Gesundheitszentrum des Dorfes Lubetschanje Flaggen, was sie bei Social Media dokumentierten. Sie bezeichneten sich selbst als „russisches Freiwilligenkorps“, das die „die Staatsgrenze der Russischen Föderation überquert“ habe.
Dies lässt sich nicht unabhängig verifizieren, wie auch nicht die Version aus Moskau. Russische Staatsmedien berichteten von angeblichen „ukrainischen Sabotage-Einheiten“, die auf russisches Territorium „eingedrungen“ seien. Kiew dementierte dies umgehend. Putin-Sprecher Dmitri Peskow nannte die Attacke einen „Angriff von Terroristen“, der Kreml werde „Maßnahmen ergreifen, um sie zu vernichten“.
Angriff in Region Brjansk: „Russisches Freiwilligenkorps“ reklamiert Angriff für sich
Die Bild identifizierte eigenen Angaben zufolge die beiden Männer, die die Flagge im Dorf Lubetschanje hissten. Demnach soll es sich um den rechtsextremen russischen Oppositionellen Denis Nikitin handeln, der 2017 aus Russland geflohen sei und seitdem in der Ukraine lebe. Der zweite Mann sei unter seinem Kampfnamen „Fortuna“ bekannt. Laut t-online handelte es sich bei ihrer Fahne um die Flagge des rechtsextremen „Russian Volunteer Corps“ (RDK).
Auf dem Video aus Sushany sind indes im Hintergrund Gewehrsalven zu hören. Unklar ist, ob es zu Gefechten mit regulären russischen Truppen oder mit örtlichen Polizeieinheiten kam. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte die russische Armee immer wieder Nachschub in der Region Brjansk stationiert. In den vergangenen Monaten kam es hier immer zu Drohnen-Angriffen, die die ukrainischen Streitkräfte für sich reklamierten - unter anderem geriet ein Öl-Depot in Brjansk in Brand. Die Oblast grenzt im äußerten Westen Russlands direkt an die Ukraine und liegt rund 280 Kilometer nördlich von Kiew.
Mutmaßliche russische Partisanen: „Gegen Putins blutiges Kreml-Regime“
„Wir kämpfen nicht gegen Zivilisten und töten keine Unbewaffneten“, übersetzte die Bild die Ansprache eines der Kämpfer. Ein anderer forderte die russische Bevölkerung demnach auf, „gegen Putins blutiges Kreml-Regime zu kämpfen“. Auf ihrer Telegram-Seite übernahm besagtes „Russisches Freiwilligenkorps“ (RDK) die Verantwortung: „Das Russische Freiwilligenkorps kam in die Region Brjansk, um den Landsleuten zu zeigen, dass es Hoffnung gibt, dass freie russische Menschen mit Waffen in der Hand das Regime bekämpfen können.“
Mykhailo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, bezeichnete die Aktion auf Twitter als angeblich „bewusste Provokation“ Russlands. Der 51-Jährige schrieb: „Die Geschichte über eine ukrainische Sabotagegruppe in der Russischen Föderation ist eine klassische bewusste Provokation. Russland will seinen Leuten Angst machen, um den Angriff auf ein anderes Land und die wachsende Armut nach dem Kriegsjahr zu rechtfertigen. Die Partisanenbewegung in der Russischen Föderation wird stärker und aggressiver. Fürchte deine Partisanen...“
Angriff in Russland: Ukrainische Regierung richtet sich an Moskau
Bei Twitter mutmaßten Kommentatoren derweil über eine mögliche Aktion unter „falscher Flagge“ (False Flag). Annette Werberger, Professorin für Osteuropäische Literaturen an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) sah sich sogar an Gleiwitz 1939 erinnert. Nazi-Deutschland hatte Polen im September desselben Jahres den Krieg nach einem durch die SS fingierten angeblichen polnischen Überfall auf den Rundfunk-Sender Gleiwitz erklärt. Gleiwitz lag damals noch im Deutschen Reich.
Die Partisanenbewegung in der Russischen Föderation wird stärker und aggressiver. Fürchte deine Partisanen...“
Stimmt die gegenwärtige Partisanen-Version, hat Moskau nicht nur vor der eigenen Haustüre ein gewaltiges Problem - sondern offenbar auch im verbündeten Belarus. Auf dem Militärflughafen Matschulischtschi nahe Minsk wurde am Sonntag (26. Februar) angeblich ein dort stationiertes russisches Radaraufklärungsflugzeug des Typs A-50 durch einen Drohnenangriff so schwer getroffen, dass es nicht mehr einsatzfähig ist. Das behaupten zumindest belarussische Regimegegner im Exil, was sich nicht unabhängig überprüfen lässt.

Partisanen gegen Wladimir Putin? Auch in Belarus kam es offenbar zu einem Angriff
Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) reklamierte BYPOL den Angriff für sich, eine Organisation ehemaliger Angehöriger belarussischer Sicherheitskräfte, die die Opposition im eigenen Land unterstützt. Der BYPOL-Vorsitzende Alexandr Asarow äußerte gegenüber belarussischen Exilmedien, der Angriff sei von „Partisanen“ mit handelsüblichen zivilen Drohnen ausgeführt worden. Besagte Opposition ist in Belarus recht groß.
Exemplarisch: Am 16. August 2020 gingen einzig in der Hauptstadt Minsk 200.000 Menschen gegen Machthaber Alexander Lukaschenko auf die Straßen. So sind Lukaschenko und Putin offenbar auch in ihrer Sorge vor Partisanen vereint. (pm)