Putin im Mercedes auf der Krim-Brücke: Präsident will Symbol setzen, doch erntet dafür Spott
Zwei Monate nach der Explosion auf der Krim-Brücke zeigt sich Wladimir Putin wieder auf der annektierten Halbinsel. Was der Besuch bedeutet.
Kertsch – Zum ersten Mal seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich Wladimir Putin auf der Krim blicken lassen. Bei einem PR-Termin besichtigte er die bei einem Angriff im Oktober zerstörte Brücke zwischen Russland und der Halbinsel, die 2014 völkerrechtswidrig annektiert worden war.
Russische Fernsehsender zeigten den Präsidenten am Montag am Steuer eines Mercedes, mit dem er die Brücke auf dem wieder reparierten Teil für den Autoverkehr überquert habe. Auf dem Beifahrersitz war Vize-Ministerpräsident Marat Chusnillin zu sehen.
Putin auf der Krim-Brücke: Die Bedeutung des Besuchs
„Wir fahren auf der rechten Seite“, sagt Putin, als er über die Brücke fährt. „Die linke Seite der Brücke ist, soweit ich weiß, funktionstüchtig, aber sie muss noch fertiggestellt werden. (...) Sie hat noch ein wenig gelitten, wir müssen sie in einen idealen Zustand bringen.“ Putin geht auch über Teile der Brücke, um Abschnitte zu besichtigen, die noch sichtbar verbrannt sind. Zuvor hatten russische Medien gemeldet, dass der Autoverkehr auf der Krim-Brücke wieder freigegeben worden sei.
Die Krim-Brücke ist eines von Putins Vorzeigeprojekten und „symbolisiert, dass die Krim keine Halbinsel ist, sondern Teil des russischen Landes“, wie der russische Jurist und Aktivist Mark Fejgin dem Stern erklärt. Mit einer Länge von 19 Kilometern und Baukosten in Höhe von etwa drei Milliarden Euro wurde die Eröffnung 2018 entsprechend groß gefeiert, mitsamt Live-Übertragung im Fernsehen.

„Für Putin bedeutet seine Anwesenheit auf der Krim-Brücke das Ende eines Kapitels im Ukraine-Krieg“, sagt der Politologe Michail Komin im Interview beim unabhängigen TV-Sender Doschd. „Er will zeigen, dass alles, was die Ukraine womöglich erreichen wollte, nicht erreicht worden ist.“ Fast zur selben Zeit seien wieder Bomben auf die Ukraine gefallen – „das war kein Zufall“, sagt Komin. „Das war wichtig, um zu zeigen, dass es da einen Zusammenhang gibt.“ Der Kreml gebe ohnehin offen zu, dass die Angriffe auf zivile Infrastruktur Rache für die Explosion auf der Krim-Brücke seien.
Ukraine-Krieg: Wann besucht Putin die Front?
Weiter als auf die Krim hat sich Putin seit Kriegsbeginn allerdings nicht gewagt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte wiederholt einen Frontbesuch Putins im ebenfalls annektierten Donbass angekündigt. Viele namhafte Politiker ließen sich bereits in der Ukraine blicken – nur der Präsident nicht. Das soll vor allem an dessen Schutzdienst FSO liegen.
„Wir wissen, dass Putin eine sehr große Schwäche für Symbolik hat“, zitiert Stern Komin. Doch bei solch einem Besuch müsse man sichergehen, dass „keine Rakete so weit fliegt und kein Attentäter so weit kommt“. Der FSO müsse zunächst alle Risiken beseitigen, die Putin drohen könnten.
Solange würde Putin nichts übrig bleiben, als sich bei einer Fahrt im gepanzerten Mercedes zu inszenieren. „Wenn man das ganze Prozedere der Präsidialverwaltung überlassen hätte, wäre das Ganze bei weitem patriotischer gestaltet worden“, meint Komin. Ein Ideal könne Putin seinem Volk nicht mehr verkaufen. Auf Twitter machten sich Journalisten und andere Nutzer nun über die Fahrzeugwahl lustig: Der Präsident fuhr ein deutsches Auto. Laut Peskow einfach, weil dieses gerade zur Verfügung stand. Zur Eröffnung der Krim-Brücke war Putin noch in einem russischen Lkw unterwegs.
Krim-Besuch von Putin: Russlands Staats-TV begeistert
Trotz des eher wenig beeindruckenden und kaum patriotisch anmutenden Besuchs auf der Krim zeigte sich das russische Staatsfernsehen begeistert. Die Sendung „60 Minuten“ begann mit einer „wichtigen Nachricht“ und „exklusiven Aufnahmen“ von Putins Fahrt. Nach dem vom „Kiewer Regime verübten Terroranschlag“ habe der Präsident die Krim-Brücke „persönlich inspiziert“.
Am frühen Morgen des 8. Oktobers hatte eine Explosion Teile der Krim-Brücke zerstört. Drei Menschen wurden dabei getötet. Russische Behörden machen die Ukraine für die Explosion verantwortlich, Moskau sprach von „Terror“. Kiew ließ offen, ob man an der Explosion beteiligt war. (lrg/dpa/afp)