Zoff bei der CDU: Präsidiums-Mitglied droht Seehofer mit „richtig Krach“

Horst Seehofer und Jens Spahn haben der Union zuletzt einen neuen, harten Ton verpasst. Einem Bericht zufolge stoßen sie nun im CDU-Präsidium auf Widerstand.
Berlin/München - Der ein oder andere Deutsche mag in den vergangenen Wochen seine Regierung nicht wiedererkannt haben. Eigentlich war es nur die „gute, alte“ GroKo, die kürzlich die Regierungsplätze im Reichstagsgebäude wieder einnahm. Aber sie klang auf einmal ganz anders.
Mit harten, polarisierenden Äußerungen setzten in den vergangenen Tagen vor allem Horst Seehofer (CSU) und Jens Spahn (CDU) einen Aufreger nach dem anderen: Seehofer verbannte verbal den Islam aus dem kulturellen Inventar der Republik und forderte dichte Grenzen. Spahn klapperte beinahe systematisch die Reizpunkte der SPD ab: Hartz IV, Abtreibung und so fort.
Nun scheint sich ernstlicher Widerstand zu regen. Die Überraschung dabei - es ist offenbar nicht der Koalitionspartner, der vehement auf die Barrikaden steigt. Sondern das eigene politische Lager der beiden polternden Minister. Die CDU ringt wohl schon jetzt um ihren Kurs in der GroKo. Und das augenscheinlich sogar auf höchster Ebene.
Laschet droht Seehofer - und bekommt Rückendeckung
Denn wie die Süddeutsche Zeitung erfahren haben will, kam es am Montag in der turnusmäßigen Sitzung des CDU-Präsidiums zu einer Konfrontation. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet habe Seehofer „richtig Krach“ angedroht. Anlass sei die Linie des neuen Innenministers in Sachen Grenzschutz gewesen.
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Dem Bericht zufolge war Laschet zuvor bei einer Klausurtagung NRW-Landtags-CDU mit einigem Unmut konfrontiert gewesen. Das Schengen-Abkommen sei für sein Bundesland enorm wichtig, habe Laschet klargestellt. Und Rückendeckung von Hessens Regierungschef Volker Bouffier und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther erhalten. Auch Spiegel Online berichtete am Montagabend über die Verstimmungen.
„Kalt und hart“
Auch Spahns jüngste Einlassungen stießen offenbar auf Widerwillen in der CDU-Spitze. Laut SZ kritisierte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die Tonalität der Spahn-Äußerungen. Sie ließen die CDU „kalt und hart erscheinen“. Kramp-Karrenbauer hatte Spahn schon zuvor ins Gebet genommen - und äußerte sich auch in der Pressekonferenz nach der Sitzung indirekt kritisch über den Kurs des neuen Gesundheitsministers.
Laut Spiegel zeigte sich Spahn auch teils einsichtig: Er sei ebenfalls nicht glücklich über das Echo seiner Äußerungen in der Öffentlichkeit, habe der CDU-Konservative erklärt, steckten Teilnehmer der Runde dem Nachrichtenmagazin.
Stegner fühlt sich an „kalten Kaffee“ erinnert
Und die SPD? Die bleibt wesentlich gelassener. Auch wenn Spahns Linie teils quer zu den erklärten Zielen der Sozialdemokraten liegt - etwa im Streit um das Informationsverbot für Ärzte, die Abtreibungen anbieten. Auf diesem Feld hatte die SPD unlängst noch zugunsten des Koalitionsfriedens zurückgesteckt.
"Für mich ist das Muckefuck, kalter Kaffee, schwarz und schwach“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner Spiegel Online mit Blick auf die provokante Linie von Seehofer und Spahn. Auch der erklärte GroKo-Gegner Kevin Kühnert äußerte sich betont gemäßigt. "Ich erwarte von Angela Merkel, dass sie ihren Laden in den Griff bekommt", sagt Kühnert dem Portal. "Von den Ministerinnen und Ministern der SPD erwarte ich, dass das nicht der Sound dieser Koalition wird."
Immerhin hatte zuvor SPD-Vizechefin Manuela Schwesig klargestellt, Seehofer und Spahn seien „auf dem völlig falschen Dampfer“. Von dieser klaren Kante wünschen sich einige Sozialdemokraten mehr. Die stellvertretende Vorsitzende der NRW-SPD, Britta Altenkamp, etwa. Sie ärgere die schwache Reaktion ihrer Partei aufs Spahns Vorpreschen, sagte sie am Montag. "Wir müssen noch ein bisschen üben, wie wir uns in der Koalition profilieren."
fn
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