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Söders Grenz-Truppe: „Großes Signal“ oder reine Symbolpolitik?

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Söder möchte in Kirchdorf Weitblick beweisen- das klappt nur begrenzt.
Söder möchte in Kirchdorf Weitblick beweisen- das klappt nur begrenzt. © dpa / Lino Mirgeler

Bayerische Polizisten dürfen seit Mittwoch an der Grenze zu Österreich kontrollieren - wenn auch nicht völlig eigenmächtig. Markus Söder feiert seine neue Einheit, trotz aller Kritik.

Kirchdorf - Markus Söder weiß genau, auf welche Bilder es ankommt. Erst recht an diesem Tag, an dem eines seiner Prestigeprojekte im Landtagswahlkampf Realität wird, vielleicht sogar das für ihn wichtigste. Seine bayerische Grenzpolizei darf, endlich, mit Kontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze beginnen. Und natürlich kommt der Ministerpräsident höchstselbst frühmorgens angefahren, um an dem „besonderen Tag“, wie er sagt, dabei zu sein.

Und da sind sie auch schon, die Bilder, die von den vielen Kameras eingefangen werden: Söder bei dem Beamten, der Fahrzeuge in die Kontrollstelle winkt. Söder in der mobilen Einsatzzentrale, in der die Polizisten Ausweise checken oder Fingerabdrücke nehmen können. Söder neben dem Beamten, der eine Polizei-Drohne steuert. Söder an einem Gerät zur automatischen Kennzeichenerfassung.

Und natürlich greift Söder trotz hellster Morgensonne zu dem Nachtsichtgerät, das aussieht wie ein großes Fernglas, hält es hoch, schaut durch, die Kameras klicken - doch Söder sieht: nichts. Die Schutzkappen sind noch drauf, Durchblick unmöglich, alles schwarz. Es dauert einen Moment, dann entfernt er die Kappen, schaut nochmal, jetzt richtig.

„Signalwirkung“ wird zur wichtigsten politischen Kategorie 

Doch die Bilder sind nur das eine an diesem Mittwochvormittag. Das andere ist die Botschaft, mit der Söder extra den weiten Weg hierher gekommen ist - auch wenn diese nicht neu ist, auch wenn er diese seit Wochen quasi vor sich her trägt. „Damit setzen wir einfach ein großes Signal“, sagt der CSU-Politiker.

„Signal“ und „Signalwirkung“ sind überhaupt seine beiden zentralen Wörter: „Wir setzen auch - und das ist das Ziel - ein klares Signal in die internationale Schlepper- und Schleuserszene, dass es sich weniger lohnt, Bundesgrenzen zu übertreten, und dass es sich noch weniger lohnt, das hier in Bayern zu machen“, betont Söder. Und auch wenn Schleuser-Routen nun neu justiert werden sollten: „Für die bayerische Bevölkerung ist das schon ein Signal.“ Söders stolzes Fazit: „Das gibt's nur in Bayern.“

Doch die Kritik an der neuen bayerischen Grenzpolizei ist groß - und kommt aus verschiedenen Richtungen: dass Söder mitten im vereinten Europa neue Grenzkontrollen etabliere; dass er die Polizisten nicht lieber woanders einsetze, wo sie mehr gebraucht würden; dass er in Sichtweite des Landtagswahltermins reine Symbolpolitik betreibe. Andererseits lästern Kritiker, die Grenzpolizisten seien nur ein Hilfstrupp der Bundespolizei. Und Augenwischerei sei das Ganze ohnehin: Bayern habe schließlich viele Dutzend Grenzübergänge. Tatsächlich wurden davon bisher nur drei große Autobahn-Übergänge kontrolliert - aber Umfahrungen sind dank Google Maps kein Problem.

Bayerische Polizisten an die Grenze zu schicken sei „Symbolpolitik bei aktuell fünf illegalen Grenzübertritten am Tag“, schimpft etwa SPD-Landeschefin Natascha Kohnen. „Zudem degradiert Markus Söder die Beamtinnen und Beamten zu Hilfssheriffs. Denn sie dürfen nur auf Anweisung der Bundespolizei handeln, die dort zuständig ist.“

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Bundespolizei hat das Sagen

Tatsächlich, darüber hatte es bis vor wenigen Tagen letzte Diskussionen zwischen München und Berlin gegeben, hat weiterhin die Bundespolizei das Sagen. Die bayerischen Beamten dürfen nur mit Erlaubnis oder auf Anforderung des Bundes handeln. Vor allem dürfen sie niemanden an der Landesgrenze zurückweisen und nach Österreich zurückschicken, wie dies mancher CSU-Politiker gerne gehabt hätte.

Söder gibt sich dennoch zufrieden, weist sämtliche Kritik zurück. Die Zusammenarbeit funktioniere sowieso schon heute reibungslos. Die flexiblen, stundenweisen Kontrollen der bayerischen Grenzpolizei sollten die stationären der Bundespolizei ergänzen. „Damit wird Deutschland, das glaube ich schon, ein Stück sicherer.“

An anderen Grenzübergängen ist alles beim Alten

Dass es ihm nur um Wählerstimmen gehe, weist er zurück - die Menschen wollten Recht und Ordnung und den Schutz der Grenzen. Er sieht seine Grenzpolizei sogar als mögliche Blaupause für andere Bundesländer. Denn solange die EU-Außengrenzen nicht ausreichend geschützt würden, seien Kontrollen an den Binnengrenzen eben schlichtweg notwendig.

Ein paar Kilometer weiter, während Söder seine Grenzpolizei feiert, ist derweil aber alles beim Alten: In Simbach am Inn rollt der Verkehr völlig ungehindert über die Grenze. Nur hinter der Innbrücke steht ein Polizeifahrzeug mit zwei Beamten. Von der Bundespolizei.

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dpa

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