Dahoam is dahoam

Ob es am Umweltbewusstsein liegt und an der Diskussion um den CO2- Ausstoß beim Fliegen, an Wirtschaftskriseundklammen Geldbeuteln – oder einfach nur an der weitläufigen Meinung, dass es daheim halt doch am schönsten ist.
Tatsache ist, dass immer mehr Bayern in Bayern Urlaub machen. Berchtesgaden statt Bahamas, Märchenschlösser statt Taj Mahal – über die Hintergründe eines touristischen Sinneswandels.
WERBUNG MIT STARS
Mit bekannten Gesichtern werben, das funktioniert auch im Tourismus. Schauspielerin Michaela Merten („Unser Charly“) ist seit 2009 Kneipp-Botschafterin von Bad Wörishofen.
„Durch sie ist es uns gelungen, ein zeitgemäßes Bild von Kneipp zu vermitteln und neue Gäste für einen Aufenthalt in unserem Kurort zu begeistern“, sagt Klaus Holetschek, der Bürgermeister von Bad Wörishofen.
Gerade mal eineinhalb Stunden war Torsten Kretschmann aus Oberalting im Landkreis Starnberg heuer unterwegs, um an sein Urlaubsziel zu gelangen. Das ist ungefähr die Flugzeit von München nach Mallorca. Aber Herr Kretschmann ist nicht geflogen. Er hat sich ins Auto gesetzt und ist knapp 90 Kilometer weit gefahren, in ein kleines Dorf im bayerischen Oberland, in ein hübsches Hotel im Grünen – sein Traumziel für die schönsten Tage des Jahres.
Hier, zwischen Schliersee und Tegernsee, umgeben von viel Natur und hohen Bergen, hat Kretschmann alles, was er zur Erholung braucht. „Es gibt nichts Schöneres, als nach einer gemütlichen Wanderung in einer Hütte einzukehren, ein kühles Bier zu trinken und dabei in die Berge zu schauen. In so einem Moment weiß ich genau, warum ich lieber in meiner Heimat Urlaub mache, als an überfüllten Mittelmeerstränden.“

In der bayerischen TourismusStatistik ist Torsten Kretschmann kein Einzelfall, wie die neuesten Zahlen belegen. 32 Prozent aller deutschen BayernUrlauber kamen in diesem Jahr aus dem Freistaat selbst, sind sozusagen nur einmal ums Dorf gefahren, um in direkter Nähe die Ferien zu verbringen. Es sind Menschen wie die Familie Heidingsfelder aus Ansbach, die zwei Wochen zur Erholung im Sibyllenbad im Oberpfälzer Wald war. „Gerade für eine Familie ist Bayern als Urlaubsziel ideal“, sagen sie. „Kurze Anreise, günstige Preise und es gibt viel zu erleben.“ Wandern und Wellness, das sei die beste Kombination für einen erholsamen Urlaub gewesen. „Dafür muss man sich doch nicht stundenlang ins Flugzeug setzen!“ So sah es auch Benedikt Knoch aus Coburg und verbrachte seinen fünftägigen Kurzurlaub heuer in und um München, Stadtrundfahrt, Shoppen, Biergartenbesuche und ein Ausflug an den Starnberger See inklusive. „Die wertvolle Freizeit durch langes Warten auf Flugplätzen zu vertun, darauf hatte ich keine Lust“, sagt er.
Woher kommt die neue Heimatliebe? Aus dem Fernsehen? „Dahoam is dahoam“: Knapp eine Million Zuschauer schauen seit 2007 die gleichnamige Serie im Bayerischen Fernsehen. Zwischen vier und fünf Millionen sitzen vor dem Bildschirm, wenn am Dienstagabend die Rosenheim Cops im ZDF ermitteln. Und während vor Chiemgauer Traumlandschaft Morde aufgeklärt werden und im fiktiven bayerischen Bilderbuch Dorf Lansing gebraut, gelebt, geliebt und geheiratet wird, kommt beim Zuschauer die Werbebotschaft an: So schön kann unser Bayern sein!

Auch prominente Botschafter tragen ihren Anteil zum wachsenden Erfolg des Urlaubslandes Bayern bei. Biathletin Magdalena Neuner wirbt seit 2008 für ihren Heimatort Wallgau im Werdenfelser Land, Skistar Markus Wasmeier hat am Schliersee mit seinem Heimatmuseum eine neue Attraktion geschaffen. Skirennläuferin Maria Riesch macht sich jetzt für Olympia in ihrem Heimatort Garmisch stark. Nicht nur, aber auch wegen Eisschnelläuferin Anni Friesinger fahren die Urlauber immer noch auf Inzell ab. Und selbst in der Gemeinde Pähl am Ammersee, die bislang so gut wie niemand kannte, kicken sie sich nach der FußballWM in den Fußstapfen ihres ShootingStars Thomas Müller jetzt in die touristische Spitzenliga. Und über allem steht er, der FernsehFörster der Nation: Hardy Krüger jr. Seit 2008 ist der Schauspieler, beruflich und privat tief im Landkreis Starnberg verwurzelt, offizieller Botschafter für die Urlaubsmarke „Lust auf Natur“ von Bayern Tourismus. Keine Frage, wo der Mann, der in Kanada und Afrika, in Australien und auf den Seychellen dreht, am liebsten Urlaub macht. Daheim natürlich!
Christine Hinkofer
BAYERN – MENSCHEN UND MOTIVE

DIE HIGHLIGHTS Er wäre heuer 165 Jahre alt geworden und ist so aktuell wie eh und je. Ludwig II, unser Märchenkönig, ist immer noch Bayerns bestes Zugpferd, und der Finanzminister im Freistaat ist dem Monarchen posthum wohl herzlich dankbar für seine überbordende Bauwut. Denn die Königsschlösser sind weltberühmte Aushängeschilder und immerwährende Publikumsmagneten. Mit 190 000 verkauften Eintrittskarten verzeichnete Schloss Neuschwanstein im Juli 2010 die meisten Besucher, gefolgt von Linderhof und Herrenchiemsee (jeweils knapp 70 000 Besucher).
DIE BOTSCHAFTER Sie haben kein CC-Zeichen am Auto und keinen Diplomatenpass in der Tasche. Und trotzdem sind Bayerns Sportler die besten Aushängeschilder, die sich der Freistaat wünschen kann. Sympathische Vertreter ihrer Heimat und der weißblauen Lebensart. Für ihren Heimatort Wallgau zieht Biathletin Magdalena Neuner (Foto) schon mal das Dirndl an. Skistar Markus Wasmeier holt die Touristen in sein Heimatmuseum nach Schliersee. Und Maria Riesch macht sich jetzt auch für Olympia in Garmisch stark.

DER URLAUBER Fünf Tage Zeit hatte Benedikt Knoch aus Coburg für einen kleinen Kurzurlaub zwischendurch. „Viel zu schade, um einen Teil davon mit langer Warterei auf Flughäfen zu verbingen“, entschied er – und fuhr schnell entschlossen nach München. Shoppen, Sightseeing und Biergartenbesuche standen auf dem Programm. Und dank eines traumhaft sonnigen Badetags am Starnberger See hat der Coburger nicht einmal das Meer vermisst.
DIE FILME Bayerisch ist Trend und macht Quote. Seit 2002 ermitteln die Rosenheim Cops im Chiemgauer Land und tragen die Werbebotschaft vom weißblauen Urlaubsparadies hinaus in die Fernsehwelt. Seit 2007 läuft im BR nun auch die erste bayerische Daily Soap „Dahoam is dahoam“ mit knapp einer Million Zuschauern.
DER BUCHTIPP Auch um die letzten Naturparadiese dieser Welt zu finden, muss man nicht um den halben Erdball fliegen – nach Afrika, Asien oder Australien. Auf Safari gehen kann man auch in den bayerischen Nationalparks fast direkt vor der eigenen Haustür. In seinem Handbuch „Die letzten Paradiese Süddeutschlands“ stellen sieben Autoren Naturlandschaften im Bayerischen und im Oberpfälzer Wald, an der Oberen Donau, im Steigerwald und in der Fränkischen Schweiz vor. Erschienen ist das Buch im Bruckmann Verlag. ISBN 978-3-7654-5323, Preis: 19,95 Euro.
