Schluss mit Vorkasse bei Flügen? Erstes Bundesland prescht vor
Wer ein Flugticket erwirbt, muss in der Regel direkt bei der Buchung den vollen Preis zahlen. In Niedersachsen will man die Vorkasse aber nun abschaffen.
Bereits Anfang 2020 hat die Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass reihenweise Flüge abgesagt wurden. Verbraucher mussten anschließend teils monatelang ihrem Geld hinterherlaufen – obwohl die Erstattung des Preises laut Fluggastrechteverordnung binnen sieben Tagen erfolgen muss. Und auch in diesem Sommer haben sich die Nachwirkungen der Pandemie gezeigt: Flugpersonal ist in andere Branchen abgewandert, sodass sich am Check-in lange Wartezeiten bildeten, Koffer liegen blieben oder zahlreiche Flüge vorsorglich annulliert wurden. Für Verbraucherschützer ist damit das Fass übergelaufen – sie verlangen die Abschaffung des Vorkasse-Prinzips bei Flugbuchungen. Auch das Verbraucherministerium forderte erst vor Kurzem die Überprüfung der Vorkasse-Praxis.

Flugtickets buchen: Niedersachsen will Abschaffung des Vorkasse-Prinzips voranbringen
Das Bundesland Niedersachsen hat sich den Vorstoß der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zu Herzen genommen: Die von SPD und CDU geführte Landesregierung will mit einer Initiative beim Bundesrat die Vorkasse bei Flugreisen abschaffen. „Künftig müsste dann das Ticket erst beim Check-in bezahlt werden. Damit wollen wir den Verbraucherschutz für die Reisenden deutlich verbessern“, sagte Landesverkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) dem Handelsblatt. Die Initiative soll am Dienstag im Kabinett beschlossen werden, um dann bei der nächsten Bundesratssitzung am 16. September auf die Tagesordnung der Länderkammer zu kommen.
Flugtickets ohne Vorkasse – Wie könnte das aussehen?
„Passagiere sind es leid, den Airlines zinslose Kredite zu geben, bei abgesagten Flügen auf den Kosten sitzen zu bleiben oder im schlimmsten Fall das Risiko einer Insolvenz tragen zu müssen“, sagte VZBV-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth laut Handelsblatt. Aber was genau würde sich mit der Abschaffung der Vorkasse ändern? „Letztlich ist es das, was man auch von anderen Geschäften kennt: ein vereinbarter Preis, den Verbraucher erst zahlen müssen, wenn sie die Ware in der Hand halten“, erklärt der Jurist Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen dem Online-Portal Travelbook. Möglich wäre zum Beispiel ein Lastschriftverfahren, bei dem der Preis erst später abgebucht würde.
Ende der Vorkasse? Kritik aus der Luftfahrtbranche
Von der Lufthansa kommt bereits Gegenwind zu dem Vorstoß der niedersächsischen Landesregierung. „Trotz der vielen Flugplanänderungen leisten wir die Erstattungen nahezu vollständig in der vorgegebenen Frist von nur sieben Tagen. Insofern gibt es für diese politische Initiative keinen Anlass“, sagte ein Unternehmenssprecher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zudem könne das Verbot der Vorkasse-Praxis auch das Ende von günstigeren Frühbüchertarifen bedeuten. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) stimmt dem zu und weist zudem darauf hin, dass die Vorauszahlung den Airlines „finanzielle Planungssicherheit“ bringe. Der VZBV sieht es aber nicht ganz so – Fluggesellschaften müssten sich zwar voraussichtlich zusätzliches Geld bei den Banken leihen, um den Wegfall der Vorkasse auszugleichen. Jedoch: „Selbst bei einer vollständigen Überwälzung auf die Fluggäste würden sich die Preise um nicht mehr als 3,3 Prozent erhöhen.“