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Freude über neuen Modus hält sich zurück – Zu viele Derbys büßen Reiz ein – Die Stimmen der Vereine

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Das Nord-Süd-Derby zwischen FF Geretsried und SV Bad Tölz wird es im kommenden Frühjahr nicht mehr geben. Die Tölzer um Simon Pauli (li.) und Simon Essendorfer (re.) spielen in Abstiegsrunde G, Dominik Zelt und seine Fußball-Freunde kämpfen in Gruppe H um den Klassenerhalt.
Das Nord-Süd-Derby zwischen FF Geretsried und SV Bad Tölz wird es im kommenden Frühjahr nicht mehr geben. Die Tölzer um Simon Pauli (li.) und Simon Essendorfer (re.) spielen in Abstiegsrunde G, Dominik Zelt und seine Fußball-Freunde kämpfen in Gruppe H um den Klassenerhalt. Foto: Rudi Stallein © Rudi Stallein

Mit Spannung und Skepsis war er erwartet worden: Der neue Spielmodus mit derby-reichen Qualifizierungsrunden sowie Aufstiegs- und Abstiegsrunden im Kreis Zugspitze.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Der Modus wird testweise in dieser und der kommenden Spielzeit in den unteren Amateurligen von der C-Klasse bis in die Kreisliga umgesetzt. Nachdem die Saisonphase eins vorüber ist, gehen die Meinungen zum neuen System bei den Trainern weiterhin auseinander.

Für die DJK Waldram war die Einführung der neuen Ligen ein Segen. „Wir haben dadurch den letzten freien Platz bekommen“, freut sich DJK-Trainer Dominik Irmer. „Ohne die neue Gruppeneinteilung hätten wir das letzte Relegationsspiel nicht mehr spielen brauchen und würden heute in der Kreisklasse spielen.“ Rückblickend war die Freude über den Klassenerhalt jedoch ungleich größer als der Genuss mit dem neuen Spielsystem. Vor allem in dem engen Spielplan sieht Irmer ein Handicap. „Personelle Engpässe, und die sind nun mal im August, wenn die Saison beginnt, größer als im Frühjahr, wirken sich gravierender aus als früher. Wir hatten Spiele, wo sechs, acht Leute gefehlt haben, die dadurch verlorenen Punkte fehlen natürlich für die Aufstiegsrunde“, sagt der DJK-Coach und resümiert: „Uns hat es mehr geschadet, als genützt. Und ich kann auch nicht erkennen, dass die Liga attraktiver wäre: Wir haben gegen die gleichen Gegner gespielt wir immer.“

Interimstrainer des FSV Höhenrein steht dem neuen System positiv gegenüber

Er stehe dem neuen System „grundsätzlich positiv gegenüber“, erklärt Christian Feirer. Der Interimstrainer des FSV Höhenrain, der auch Mitglied der Projektgruppe für das neue Modell war, sieht einen konkreten Vorteil für seine eigene Mannschaft. „Für uns ist es positiv, weil der Rückstand in der Abstiegsrunde auf diese Weise überschaubar bleibt“, meint der Coach des Tabellenletzten der Kreisklasse 4. „Wir haben maximal drei Punkte Differenz zum rettenden Ufer, das sähe nach dem alten System deutlich schlechter aus.“ Ebenfalls als positiv erachtet der FSV-Trainer, dass in der Herbstrunde keine weiten Fahrten zu absolvieren waren. „Ich bin gespannt, wie es in der Abstiegsrunde weitergeht.“ Da sei bei vielen Vereinen die Angst groß, dass es „Ungerechtigkeiten“ in der Einteilung geben könnte (siehe Kasten unten). „Da müssen wir uns überraschen lassen.“ Mit dem Versprechen auf zahlreiche Derbys warben die Organisatoren im Vorfeld um Zustimmung für das neue Modell.

Die Freude darüber hält sich bei manchem Verein in Grenzen. „Auf der einen Seite sind Derbys schön, aber es wird auch ein bisschen die Brisanz aus den Nachbarschaftsduellen genommen, weil viel gegeneinander gespielt wird“, sagt Christos Georgiadis, Trainer der Fußball-Freunde Geretsried. „Es verliert schnell an Reiz, das ist auch der Grundtenor der Spieler.“

Die kürzeren Anfahrtswege müsse man auch angesichts der aktuellen Benzinpreise wohl als positiv herauskehren, sagt Guido Herberth, der sich für manch einen überraschend mit der SG Ascholding/Thanning für die Aufstiegsrunde qualifiziert hat, inzwischen aber seinen Posten räumen musste (wir berichteten). „Aber mehr Zeit zwischen zwei Derbys fände ich persönlich besser.“ Und ob im Frühjahr durch die neue Gruppeneinteilung mehr Spannung erzeugt werde, sei dahingestellt. „Wir haben unser Saisonziel erreicht, Absteigen können wir nicht mehr. Was jetzt kommt, ist Bonus. Ob das als Motivation ausreicht, um sich in jedem Spiel richtig reinzuhängen?“ Herberth hat da Zweifel: „Ich bleibe ein kritischer Betrachter des Modells.“

TSV Königsdorf: Im Team hat man gegen den neuen Spielmodus gestimmt

Eher skeptisch blickt auch Hannes Huber auf das neue Modell. Sein TSV Königsdorf hat eine überragende Herbstrunde in der A-Klasse 11 gespielt und muss sich nun mit drei neuen Gegnern und zwei Altbekannten in der Aufstiegsrunde behaupten. „Zwei Mal im Jahr ein Derby, das hat was. Jetzt spielen wir vier Mal gegen den FC Geretsried und Waldram.“ Auch im Team werde das eher negativ aufgefasst. „Wir haben vorher dagegen gestimmt, und ich bin immer noch der Meinung: Man sollte den Fußball so lassen, wie er war. Wenn ich es mir wünschen könnte, würde ich lieber wieder nach dem alten Modell spielen.“

In einer emotionalen Zwickmühle sitzt Makis Kimissoglou. Der hat mit den Fußball-Freunden Geretsried II zwar ausgelassen die Herbstmeisterschaft in der C-Klasse gefeiert. Durch das damit verbundene Vorrücken in die Abstiegsrunde der B-Klasse fühlen er und seine Mannen sich als „so etwas wie Testobjekte“. Die Zusammensetzung der Abstiegsrunde P (siehe unten) beschert den FF jede Menge Derbys: SG Ascholding II, SG Gaißach II, SV Tölz II und SV Gelting kommen aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Möglichkeit, sich im Frühjahr schon mit B-Klassisten messen zu können – vier sind es in Gruppe P – findet Kimissoglou „nicht schlecht“. Beim letzten Aufstieg vor Corona sei seine Mannschaft gleich wieder nach unten durchgereicht worden. „Jetzt können wir uns rantasten. Wenn wir uns gegen die anderen nicht behaupten können, wissen wir, dass wir da nichts zu suchen haben“, sagt der FFG-II-Trainer. „Aber wir haben dieses Mal einen starken Kader.“

Sportfreunde Bichl: Aufstiegsrunde durch „unnötige Punktverluste“ verpasst

„Richtig anfreunden“ mit dem neuen Modus konnte sich auch Christian Strobl nicht, Trainer der Sportfreunde Bichl. Das liegt allerdings keineswegs daran, dass die Bichler die Aufstiegsrunde verpasst haben. „Das haben wir mit einigen unnötigen Punktverlusten selbst verbockt. Allerdings hat uns auch übermäßiges Verletzungspech zu schaffen gemacht. Würde es nach der Winterpause die gewohnte Rückrunde geben, bestünde mit genesenen Spielern die Chance, Boden gut zu machen.“ Nun ist das Thema Aufstieg erledigt, und die Sportfreunde werden sich voll auf den Klassenerhalt konzentrieren. „Hängenlassen ist nicht das richtige Rezept. Wir werden volle Pulle zur Sache gehen.“

Absolut das Ziel verfehlt hat die Regelung für Thomas Neumaier, den Coach des TSV Benediktbeuern. Hauptgrund seines Wissens war, durch die Einteilung mehr Derbys und somit kürzere Fahrstrecken für die Mannschaften zu schaffen und zugleich ein größeres Zuschauerinteresse hervorzurufen: „Bei uns in der Kreisklasse 4 war das Gegenteil der Fall. Wir hatten vier Gegner aus Ortschaften, die mehr als 60 Kilometer entfernt liegen. Zu Auswärtsspielen fahren nur sehr wenige Anhänger mit, und umgekehrt ist es genauso.“ Etwas besser sieht es diesbezüglich zumindest in Abstiegsrunde K aus. Mit Kinsau und Bernbeuren sind zwar erneut zwei sehr entlegene Gegner dabei. Aber Uffing, Antdorf und Söchering sind dafür nur wenige Autominuten entfernt. Um die Erfolge der Vorrunde sieht Neumeier sein Team gleichwohl gebracht: „Auch wenn wir knapp an der Aufstiegsrelegation gescheitert sind, haben wir 22 Punkte gesammelt. Das war bisher ein gutes Polster für die Rückrunde. Jetzt starten wir mit lediglich vier Bonuspunkten im Kampf um den Klassenerhalt. Wenn es dumm läuft, sind die schnell aufgebraucht, und es wird eng.“

Daniel Heidemann vom SV Bad Tölz will noch kein endgültiges Urteil über den neuen Modus fällen

Neben der ersten Mannschaft ist auch die zweite Garde der neu gegründeten Spielgemeinschaft aus SC Gaißach und SV Wackersberg-Arzbach als Spitzenreiter über die Ziellinie der C-Klasse 9 gegangen. Da gibt es eigentlich keinen Grund für Headcoach Thomas Gärner, über den neuen Modus zu nörgeln: „Noch ist es allerdings schwierig, ein Urteil zu fällen. Natürlich gibt es Vereine, die dadurch vielleicht einen kleinen Vorteil hatten, für andere war genau das Gegenteil der Fall. Ich glaube, mit dem Start nach der Winterpause kommt neue Spannung auf.“ Während die Erste um den Aufstieg in die Kreisklasse spielen wird, hat es die Zweite bereits in die B-Klasse geschafft und spielt in Gruppe P um den Klassenerhalt. Gärner: „Wir hatten mit Holzkirchen III nur einen starken Rivalen. Alle anderen Begegnungen endeten recht deutlich für uns, manche sogar zweistellig. Jetzt bekommen wir bessere Gegner, das macht die Sache bestimmt interessanter.“

Auch Trainer Daniel Heidemann vom SV Bad Tölz will noch kein endgültiges Urteil über den neuen Modus fällen. Positiv war für ihn die zum Ende der Gruppenphase für einige Teams aufkommende Spannung: „Da fiel die Entscheidung über die Qualifikation für Aufstiegs- oder Abstiegsrunde erst an den letzten Spieltagen. Das gab es sonst vor der Winterpause nicht.“ In Österreich wird ein ähnliches System seit fünf Jahren angewandt. Das mehrmalige Aufeinandertreffen mit gleichen Gegnern machen Begegnungen nicht uninteressanter. Heidemann: „Die Stärken oder Schwächen sind besser bekannt, und das macht die Aufgabe interessanter.“ (rst)

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