In-Fusion für Patient Fußball: Warum sich der FC Erding verändern muss

Nicht jede Fusion macht Sinn. Die zwischen dem FC Erding und RW Klettham allerdings schon.
„Was? Der TSV Erding und Rot-Weiß Klettham fusionieren?“ Mein Sportkollege aus Freising erschrak. „Dann haben die ja künftig 14 Tischtennismannschaften.“ Bevor wir uns den Kopf zerbrechen, wie dann das Lokalderby in der Bezirksklasse D zwischen Erding XIII und Erding XIV heißen würde (XXXS-Duell, Classicito oder doch The Battle of Erding), lösen wir das lieber gleich auf:
So ein Zusammenschluss macht natürlich keinen Sinn. Nicht immer ist „mehr“ auch „besser“. Niemand würde etwa daran denken, Dorfens Eispiraten und Erdings Gladiators in ein gemeinsames Trikot zu zwängen, um dann in der Eishockey-Oberliga zu spielen – wenngleich natürlich die Trainerkombi Steer/Schütz schon etwas hätte.
Keine Frage, Fusion kann schnell zu Konfusion führen, manchmal aber auch zur Infusion werden. Und die hat der seit Jahren siechende Patient FC Erding einfach nötig. Und damit kommen wir zum Namenswettbewerb, den wir vergangene Woche ausgerufen haben. Die Fußballer des FCE wollen ab kommender Saison gemeinsam mit RW Klettham unter dessen Federführung als FC Herzogstadt Erding kicken. Es kamen keine Vorschläge. Warum nicht? Weil es uns Zeitungsleuten gar nicht zustünde, Vorschläge zu machen? Das meint jedenfalls FCE-Kassier Kurt Müller („auch wenn mir der Name selber nicht gefällt“).
Oder weil der FC Erding inzwischen so belanglos ist, wie Hubert Netter vermutet. Viele Jahre war er Schriftführer der Abteilung, noch heute steht er bei Heimspielen im Kiosk, verkauft Wurstsemmeln – und schaut dabei nur selten in bekannte Gesichter. „80 Prozent der Zuschauer kommen vom Gegner“, schätzt er. „Frag doch mal in der Innenstadt, ob jemand weiß, wie der FC Erding gespielt hat. Das weiß niemand.“ Netter macht eine kurze Pause und liefert den Grund: „Weil es keinen interessiert.“
Peng! Das schmerzt insbesondere die ganz Alten, die schon so viele Achterbahnfahrten des TSV Erding erlebt haben und die sich wie etwa Mandi Faltermaier sicher sind: „Wir waren schon in der C-Klasse und sind dann hoch bis in die Bezirksliga.“ Aller Optimismus und Erfahrung dieser verdienten Leuten in Ehren – aber das hilft dem Erdinger Fußball nicht weiter.
Der FCE respektive TSV muss sich grundlegend verändern, sonst geht das Trauerspiel noch 20 Jahre so weiter. Das weiß doch niemand besser als Ralf Sandner, der seit vielen Jahren für seinen Verein alles gibt – als Spieler, Trainer, Mitgründer der JFG Sempt und Abteilungsleiter. Mehrfach räumte er schon die Trümmer weg, wenn der FCE auf dem Holzweg war, und fing dann wieder von vorn an. Natürlich hat auch er – zum Beispiel beim Einstieg einer zu entscheidungsfreudigen Sponsorin – Fehler gemacht. Aber so etwas wird ihm nicht mehr passieren.
Ralf Sandner wird nie laut, und da heißt es dann schon etwas, wenn er ganz bestimmt sagt: „Ich bin jetzt auch schon seit 1978 dabei. Und wir sind die, die den Verein am Leben halten.“ Damit meint er die neue, sehr engagierte Abteilungsführung, mit der er eben nun den neuen Weg geht – gemeinsam mit Rot-Weiß Klettham, wo übrigens schon seit ein paar Jahren dieser neue Geist weht und wo man sich wohl eher überlegt, ob der Schritt überhaupt nötig ist.
Einen Haken hat die Fusion: Die Mitglieder wurden vorab nicht befragt. Die Abteilungsführung hätte das Mandat für Gespräche einholen müssen, auch wenn noch mehr wertvolle Zeit verstrichen wäre. Mit dem Malus muss der künftige Verein leben. Dennoch schließen wir gern mit den Appell von Kassier und Haudegen Kurt Müller: „Hört’s doch auf mit dem alten Krampf von C-Klasse bis Bezirksliga. Lasst’s einfach mal die Jungen machen!“