Reserven im Aufstiegsrennen: Wie Raisting, Polling und Habach mit ihren Zweitvertretungen verfahren

Dieses Trainingslager wird Stefan Fuchs nicht vergessen. Wie seine Habacher Autoreifen hin und her wuchteten, das waren Bilder für die Vereinschronik.
Landkreis – Mit 37 Mann rückte der ASV aus. Zum ersten Mal fuhr auch die Reserve mit nach Südtirol. Das zeigt nochmals, was der Coach seit Wochen wahrnimmt: „Die haben alle richtig Bock.“
Schon im Januar, vor dem Trainingsstart, meldeten die Kicker brav ihre Ausdauerläufe beim Trainer an. Diverse Spieler kamen auf über 50 Kilometer, einer gar auf 150 Kilometer – vor der ersten offiziellen Einheit.
In den vergangenen Jahren gab’s immer Mal wieder unfitte Gesellen bei der ASV-Reserve. Nicht dieses Jahr. Nach dem Wiederaufstieg aus der B-Klasse hat es die Mannschaft direkt in die Meisterrunde geschafft. Das Minimalziel hat sie abgehakt. Jetzt geht der Spaß so richtig los. „Wir können völlig ohne Druck aufspielen“, sagt Stefan Fuchs. Der ASV Habach II startet am Sonntag in Polling (16 Uhr) in die Meisterrunde der A-Klasse. Gegen eine weitere Reserve. Genau der richtige Zeitpunkt also, um einmal nachzufragen: Wie gehen eigentliche zweite Mannschaften mit dieser neuen Ausgangslage um?
Oft muss die Reserve Notstände der ersten Garnitur aller Art ausbaden: Mal dient sie als Spielerpool bei Verletzungen, mal als Talent-Entwicklungsstelle, mal als Parkplatz für weniger begabte Fußballer. Im Altlandkreis Weilheim haben es mit Raisting, Polling und Habach drei Reserven in die Meisterrunde geschafft. Das Wichtigste vorweg: In allen drei Fällen ist der Erfolg ein Produkt gesunder Vereinskultur. Über die Plätze hinweg weisen die Trainer auf die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen „Erster“ und „Zweiter“ hin.
Stefan Fuchs in Habach spricht von „diesem ASV-Gen“: „Jeder kann sich auf den anderen zu 110 Prozent verlassen. Privat und auf dem Platz.“ In Polling, bei Coach Bodo Berger, gehört der Zusammenhalt innerhalb der Seniorenteams ebenso zum Credo. Egal, ob bei der Christbaum- und Altpapiersammlung, beim Weihnachtsmarkt oder der Mini-WM – sie ziehen das als ein Verein durch. „In Polling war das immer schon wichtig, ein soziales Denken an den Tag zu legen.“ Und auch Roland Perchtold schwärmt davon, wie sehr die zweite Mannschaft in Raisting innerhalb des Klubs geachtet wird. „War schon immer so“, betont der Coach. Er hat das selbst als Aktiver miterlebt, damals trat Raisting II sogar noch in der Bezirksliga an. „Die ,Zweite‘ hat einen Stellenwert.“ Dieses Muster ist klar zu erkennen: Wer als Team zwei vorne mitspielen möchte, muss eng verzahnt mit der „Ersten“ sein.
Das war’s aber dann auch schon mit den basalen Gemeinsamkeiten. Wenn’s um Ziele und die Vorbereitung geht, sieht das ganz anders aus. Die größten Ambitionen äußert der SV Raisting. Er will zurück in die Kreisklasse, um den Abstand zum Bezirksliga-Team nicht zu groß werden zu lassen. Rückblickend kann Roland Perchtold dem Abstieg gar was Positives abgewinnen. Eine Liga tiefer hat sich das junge Team wieder gesund gekickt. Aber ein Jahr A-Klasse als Seelenbalsam reicht nun auch wieder. „Unser Ziel ist schon, so schnell wie möglich wieder aufzusteigen“, betont der Coach. Dafür beschritt er im Winter komplett neue Pfade. Bereits im Januar lud er zu Spinning-Kursen in Weilheim oder zu Waldläufen ein. „Damit man nicht komplett bei Null anfängt.“
Bei seinem Team kam’s gut an. Perchtold stehen an die 20 Mann zur Verfügung für das Projekt „Kreisklasse“. Nur Justin Steeg fehlt schon länger verletzt. Die große Prüfung wartet gleich an Spieltag eins am Sonntag. Um 14 Uhr trifft Raisting im Duell der Vorrundenersten auf die SG Lechsee. „Wenn wir gewinnen, ist das ein Meilenstein“, sagt Perchtold.
Die Abteilung „Gelassenheit“ findet sich 15 Kilometer südlich, in Polling. „Bei uns ist der Dampf draußen“, sagt Trainer Bodo Berger. Verständlich, hat der SV Polling II doch schon zum Winter sein großes Ziel abgehakt mit dem Klassenerhalt. „Wir haben mehr erreicht, als wir wollten“, sagt Berger. An der Trainingsbeteiligung merkt er’s, die zurückging. Der Spaß stehe absolut im Vordergrund. Zwei Motivationsquellen hat Berger aber auch in Polling aufgetan: Erstens stehen einige Spieler auf dem Sprung zur Kreisliga-Mannschaft, die möchte er bestmöglich unterstützten. Zweitens sind’s seine letzten zehn Spiele als Trainer. Mit 58 Jahren, hat er entschieden, reicht es dann auch mal. Für die aktuelle Saison habe man ihn nochmals überredet, sagt der langjährige Jugendtrainer. „Die Jungs kennen mich in- und auswendig. Frisches Blut tut immer gut.“ Wenn er tippen müsste, wie die Liga ausgeht, dann würde er Polling und Habach auf die hinteren zwei Plätze setzen. Die drei starken Teams aus der Garmischer Gruppe (Murnau II, Grainau und den 1. FC Gramisch II) sowie die JFG Hungerbach bestreiten das Aufstiegsrennen.
Diese Prognose gehen sie in Habach natürlich nicht mit. Klar, Favoriten sind die anderen, aber warum sollte nicht der ASV nach dieser Vorbereitung überraschen? Unter den Spielern sehe die Meisterrunde niemand „als Gaudi-Kick“, stellt Stefan Fuchs klar. Die Testspiele haben’s gezeigt: Keine Niederlage kassierte die ASV-Reserve, selbst in drei Partien gegen Kreisklassisten verlor sie nicht. Technisch werde sein Team sicher nicht das beste sein, „aber kämpferisch und fitnessmäßig ist einiges von uns zu erwarten“, sagt der Trainer.
Der ASV Habach setzt auf eine gute Mischung aus Jung (unter anderem zwei A-Jugendliche) und Alt (ehemalige Kreisligagrößen wie Kevin Höcherl und Florian Spensberger). Vielleicht kann sich dieser Mix ja in die Relegation schleichen. Was dann im Dorf los wäre – in Kombination mit einem Aufstieg der ersten Garnitur – , ist Stefan Fuchs klar: „14 Tage Ausnahmezustand.“ (Andreas Mayr)