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Drama in vier Akten

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Von: Patrick Hilmes

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Ein Pulk an Spielern vor dem Tor des SC Riessersee.
All die Arbeit umsonst: Die Weiß-Blauen stemmten sich mit allem was sie hatten gegen die Niederlage im zweiten Viertelfinal-Spiel. Doch am Ende jubelten wieder die Hannoveraner. © Oliver Rabuser

Aufopferungsvoll hat der SC Riessersee gekämpft, phasenweise Eishockey mindestens auf DEL2-Niveau gezeigt - und doch verlor er gegen die Hannover Scorpions das zweite Viertelfinalspiel in der Overtime.

Garmisch-Partenkirchen – So ein Eishockey-Spiel lässt sich ja immer wunderbar in Drittel aufteilen, gibt ja allein schon die reguläre Spielzeit von dreimal 20 Minuten so vor – plus Overtime. Bei Partie Nummer zwei der Playoff-Viertelfinalserie zwischen dem SC Riessersee und den Hannover Scorpions funktioniert das auch vom reinen Spielverlauf her bestens. Eine Chronologie des Dramas in vier Akten.

Erster Akt: Schönheit

Angefangen hatte alles mit Drittel eins, das den Namen Schönheit verdient hatte. Für das erste Highlight sorgten bereits die Fans vor dem Anpfiff mit einer äußerst sehenswerten Choreo. Daran knüpften die Weiß-Blauen auf dem Eis an. Vom Bully an bewiesen sie, dass sie verstanden hatten, was auf dem Spiel steht. Das ein 0:2 in der Serie einer Mammutaufgabe gleich kommen würde. Und so drückten sie der Partie direkt ihren Stempel auf – nur ihren. Veit Oswald hielt nach gewonnenem Bully einfach mal drauf und hinterließ einen verdutzen Brett Jaeger im Gäste-Tor – das 1:0. Ein Wirkungstreffer, der seinen Namen verdient hatte. Denn Hannover, der souveräne Nordmeister und mindestens Mitfavorit auf den Titel, wirkte überraschend angeknockt. Einzige Gefahr für den SCR zu diesem Zeitpunkt: Sie mussten diese Verunsicherung der Gäste nutzen – und zwar so, dass sie auch auf der Anzeigetafel sichtbar wurde. Gelang dann ausgerechnet der Reihe, die zuletzt untergetaucht war: die jungen Wilden. Sebastian Cimmerman ergaunerte sich die Scheibe, legte auf Marlon Wolf ab, der zunächst noch scheiterte, aber Christopher Chyzowski ließ das Olympia-Eissportzentrum jubeln. Es folgte konsequentes, strukturiertes und zugleich äußerst ansehnliches Eishockey der Gastgeber. Es muss ein Hochgenuss für Pat Cortina gewesen sein. Einziges Manko, wenn man davon überhaupt sprechen kann angesichts des namhaften Gegners: Es stand nur 3:0 zur Drittelpause. Sam Verelst ballerte die Scheibe unter die Latte, Moritz Israel dachte wohl, ein Mitspieler steht in noch aussichtsreicherer Position und passte in seinen Rücken auf einen Hannoveraner, zudem scheiterte Lubor Dibelka am Pfosten. So war es „nur“ noch Simon Mayr, der per Schlagschuss erfolgreich war. Das Ende des stärksten SCR-Drittels der gesamten Saison.

Zweiter Akt: Kampf

Und gleichzeitig das Ende der Schönheit. Den Abschnitt zwei hatte den Namen Kampf verdient. Wobei ein Duell mit den Fäusten bereits in den ersten 20 Minuten dafür gesorgt hatte, dass Verelst und Hannovers Patrick Klöpper zum Duschen geschickt wurden. Doch in Minute 20 bis 40 ging es ebenso wenig zimperlich zur Sache. Beiden Seiten, wie auch all den 2731 Zuschauern im OEZ, war bewusst, welch’ immense Bedeutung diese Phase hatte. Kann der SCR dem nun naturgemäßen Druck der Gäste standhalten? Jein. Schnell verkürzten die Scorpions auf 1:3, dann rieben sich beide Teams in diversen hart geführten Zweikämpfen und einigen Scharmützeln auf. Immer wieder wanderte auf der einen oder anderen Seite ein Akteur auf die Strafbank, mal mehrere gleichzeitig, mal ein Hannoveraner zu wenig. So geschehen, als Cimmerman einen Schläger seines Gegenspielers ins Gesicht. Doch lange schien der SCR die Gäste auf Distanz halten zu können. Bis zwölf Sekunden vor dem Ende des Drittels: Hannover kam in Überzahl auf 2:3 heran.

Dritter Akt: das große Bibbern

Damit war der Name für das Schlussdrittel bereits im Vorfeld klar: das große Bibbern. Hannover wollte partout eine weitere Auswärtsfahrt gen Süden vermeiden, sich den Matchball für Sonntag sichern. Und das wurde mehr als sichtbar. Der SCR wurde in seinem Defensivdrittel eingeschnürt wie ein perfekt verpacktes Weihnachtsgeschenk, an dem man Minuten lang knibbeln und reißen muss, ehe man es auf hat. Doch in dieser Rolle gingen die Weiß-Blauen auf, warfen sich angepeitscht von den großartigen Fans mit allen Körper- und Ausrüstungsteilen, die sie zur Verfügung hatten gegen den drohenden Ausgleich. Somit glich der Schlussabschnitt einer 20-Minuten-Überzahl der Hannoveraner. Und irgendwann half auch der Fanghandschuh von Daniel Allavena, das Bein von Ville Hyvärinen oder der Oberkörper von Ryker Killins nicht mehr. 2:02 Minuten waren noch auf der Uhr, da glich Christoph Kabitzky zum 3:3 aus.

Vierter Akt: die kurze Hoffnung

Ab in die Endless-Overtime, ab in den Akt Namens Hoffnung. Doch dieser Abschnitt war ein maximal kurzer, die Hoffnung der Weiß-Blauen ruckzuck zunichte gemacht. Nur 24 Sekunden dauerte es, da sackten die Riesserseer zusammen, die Köpfe senkten sich nach unten, schnurstracks waren sie in den Katakomben verschwunden. Zurückblieben die Hannoveraner, die jubelnd auf André Reiß zustürmten – ihren Siegschützen.

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