Tölzer Löwe Dominik Gißibl: Vom Eishockeyspieler zum Boxer

Vom Tölzer Löwen in den Ring: Dominik Gißibl beendet Eishockey-Karriere und wendet sich dem Boxen zu.
Hausham/Bad Tölz – Es spielten mehrere Faktoren mit hinein: Seine Mama, ein Tattoo, sportlicher Ehrgeiz und gewissermaßen sein buddhistischer Glaube trugen dazu bei, dass Dominik Gißibl die Schlittschuhe gegen die Boxhandschuhe eintauscht. „Ich hätte es im Eishockey weit bringen können“, ist der Stürmer der Tölzer Löwen überzeugt. „Aber beim Boxen kann ich noch mehr schaffen.“

Jeder kämpft für sich allein
Deshalb geht der 19-Jährige aus Hausham einen doch etwas überraschenden Schritt: Nachdem er die Nachwuchsteams des SC Reichersbeuern und EC Bad Tölz durchlaufen hatte und im ersten Jahr in der Oberliga bei den Tölzer Löwen gut Fuß gefasst hatte, beendet er nun seine Eishockey-Karriere und konzentriert sich voll auf seine Passion, den Boxsport.
Beides nebeneinander - ging irgendwann nicht mehr
Sport gehört zum Leben des bulligen jungen Mannes, der eine kleinere Schwester und eine thailändische Mutter sowie vier Halbbrüder in Thailand hat. „Sport war bei mir immer im Fokus“, sagt Gißibl. „Als kleiner Bua habe ich sehr viel gemacht.“ Fußball, Tennis, Eishockey, Basketball, „alles, wo man sich viel bewegen muss“. Beim Boxen und Eishockey blieb er hängen. „Irgendwann ging beides nicht mehr zusammen“, sagt Gißibl. Er entschied sich für den schnellsten Mannschaftssport der Welt – vorläufig –, trainierte aber noch gleichzeitig für beide Sportarten. „Damals dachte ich, ich könnte im Eishockey mehr erreichen.“ Irgendwann im Laufe der Jahre machte er sich Gedanken, ob er wirklich den richtigen Sport ausübe. „Spezl haben zu mir gesagt: ,Du bist doch eher ein Boxer.‘“ Und Anfang der abgelaufenen Saison beschloss er, auf sein Herz zu hören, das ihn weg vom Eis und in den Ring zog. Dennoch: am Eishockey hatte er immer Spaß: „Es war eine geile Zeit, ich bereue gar nichts.“
Eingedampft nach verlorenem Kampf
Auf der anderen Seite hatte er auch Rückschläge, Zweifel, dachte immer wieder an den Ring zurück. Seinen ersten Wettkampf mit zwölf, den er gewann. Seinen zweiten, den er verlor. „Da habe ich gesehen, was für ein kleines Licht ich doch eigentlich bin.“ Doch noch etwas wurde ihm klar: Man müsse mit fast allem im Leben selbst fertig werden. Jeder kämpft für sich allein – nicht nur im Ring. Und daran habe er sich aufgerichtet.
„Im Ring, da musst du bereit sein zu sterben“
Beim Eishockey, da können die Mitspieler mal einen Fehler ausbügeln, den man an einem nicht so guten Tag macht. „Im Ring, da musst du bereit sein zu sterben – und kein anderer kann dich retten.“ Sehr fatalistisch, das ist ihm schon bewusst. Aber beim Boxkampf geht es um Mann gegen Mann, Sieg oder Niederlage. Ein Boxkampf sei oft schon vor dem Kampf entschieden. „Das ist eine mentale Sache.“
Aufstieg mit der DNL-Mannschaft
Während der laufenden Oberliga-Saison fasste Gißibl den schon länger schwärenden, aber schwierigen Entschluss: Dies sollte seine letzte Spielzeit auf dem Eis sein. Die Saison lief alles andere als erfolgreich für die Löwen. „Wir sind die ganze Zeit davon ausgegangen, dass wir zu den sechs besten Teams gehören können.“ Doch am Ende wurde es Rang zehn und das Aus in den Pre-Play-offs. Trotzdem fiel ihm der Abschied schwer. „Ich werde immer ein Tölzer Bua bleiben und den Verein unterstützen, wo es geht“, sagt Gißibl. Zumal er gerade noch mit der U 20 in die DNL Division 1 aufstieg. „Aber mein Herz hängt am Boxen.“
Aufholen bei der Fußtechnik
Jetzt freut sich Gißibl, der den Realschulabschluss in Miesbach „mit ein bisschen Glück, aber nicht nur“ geschafft hat, auf das, was kommt. Er greift verstärkt ins Boxtraining ein. Mehrere Stunden im Siam-Gym im Tölzer Farchet, mehrere Stunden im BoxClub Hausham. Die Technik sei nicht mehr so gut wie früher. „Am meisten aufzuholen habe ich bei der Fußarbeit.“ Da sei Schlittschuhlaufen doch etwas ganz anderes. Die Explosivität möchte er vom Eishockey mitnehmen, die Rückstände beim Boxen allerdings auch in einem Trainingslager aufholen – in Thailand, mit einem Thaibox-Trainer. „Ich denke, man kann da viele Dinge fürs klassische Boxen mitnehmen.“ Drei Wochen Boxen, dann eine Woche Urlaub.
Tattoo von angesehenem Krieger
Und noch etwas steht in der Zeit auf der Agenda: ein Tattoo mit Wirkung, eines, das ihm Kraft verleihen soll. „Da spielt viel buddhistischer Glaube mit rein“, sagt Gißibl. Die Tätowierung, die ein „angesehener Krieger“ vornimmt, verleiht Kraft und schreibt dem Träger gleichzeitig die Einhaltung bestimmter Regeln vor. „Deswegen ist meine Mutter auch nicht so begeistert“, sagt der 19-Jährige. „Weil man kann verrückt werden, wenn man die Regeln nicht befolgt.“ Doch das ficht ihn nicht an. „Das sind Dinge, die man sowieso einhalten sollte. Freunde schätzen, nichts Böses tun, das passt schon.“
Vom Eishockey nimmt er durchaus einiges mit für das Boxen. „Man muss als Mensch besser werden. Man will versuchen, immer der Beste zu sein.“ Und auch von seinem Schülertrainer Derek Mayer habe Gißibl viel gelernt. „Der hat mir weitergeholfen, mich besser gemacht.“ Für Gißibl war es damals ein gutes Jahr, er gewann mit dem EC Bad Tölz die Vorrunde souverän, wurde Zweiter der Meisterrunde. Doch beim Meisterschaftsturnier, bei dem seine kongenialen Sturmpartner Klaus und Thomas Heigl verletzt ausfielen, verpassten die Tölzer ein gutes Ergebnis.
Trainieren, während die Spezln feiern
Das soll jetzt beim Boxen kommen. Losgehen mit den Wettkämpfen soll es so bald wie möglich, wenn er aus Thailand zurück ist. Dann ist er gerüstet, glaubt Gißibl. Die Voraussetzungen stimmen: Kraft, Schnelligkeit, körperliche Fitness, Spaß am Sport, Disziplin. „Ich denke, ich bin gut vorbereitet.“ Er weiß allerdings auch, dass seine Wahl mit vielen Entbehrungen verbunden ist. Die Freunde gehen Feiern, ins Freibad, auf Konzerte. „Und ich sitze oft wie ein Volldepp allein im Boxkeller und trainiere“, sagt Gißibl. „Das denke ich mir ab und zu.“ Aber immer wieder findet er zur Überzeugung zurück, dass es ihm das wert ist. „Ich weiß, dass ich das durchziehe.“