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Die  Erdinger Fußballfusion: Vertagt oder doch schon leise begraben?

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Von: Dieter Priglmeir

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Im Kleinfeldbereich sind der FC Erding und die SpVgg Altenerding stark aufgestellt. Aber was kommt danach? © Christian Riedel

Blitzhochzeiten sind nur was für Las Vegas. Eine Fußballfusion darf keine Glückssache sein, meint Dieter Priglmeir in seinem Sportgeflüster zum Wochenende und bittet darum: Macht eure Hausaufgaben. Dann gibt‘s noch Hoffnung.

Der Fasching heuer war so ärmlich, dass er sich nicht einmal eine Bettel-Hochzeit leisten konnte. Die Fußball-Fusion zwischen der SpVgg Altenerding und dem FC Erding wurde abgesagt. Und das war die richtige Entscheidung – zumindest für den Moment. Denn in der aktuellen Situation wäre das tatsächlich mehr Arme-Leute-Speisung als Prachthochzeit gewesen.

Die Jugendarbeit liegt beim FCE in Trümmern – abgesehen vom starken Kleinfeldbereich. Zudem mussten die Erdinger zur Winterpause ihre abstiegsgefährdete Kreisliga-Mannschaft erneut komplett umbauen. Die SpVgg wiederum hat zwar die erfolgreichste Nachwuchsarbeit im Landkreis. Doch so stabil, wie die Veilchen nach außen wirken, steht der Verein auch nicht da. Das räumt sogar Fußballchef Andreas Heilmaier ein. Gern würde er mal eine A-Jugend komplett im Verein halten. Aber höherklassige Vereine bedienen sich halt nicht weniger am Altenerdinger Talente-Pool. Und Heilmaier kann der Konkurrenz nicht einmal böse sein. Inzwischen versucht die SpVgg zwar das Verhältnis „80 Prozent fremde und 20 Prozent eigene Spieler“ ins Gegenteil zu drehen – aber jahrelang holte er die besten Kicker aus der Umgebung in die SpVgg-Jugend, wo sie über Jahre ausgebildet wurden. Und dann? Kommt eben die A-Klasse. Da sollen dann jene kicken, die einst ihren Heimatverein verlassen haben, um in der Jugend-BOL zu spielen?

Wie gesagt, Braut und Bräutigam wären etwas derangiert zur Vermählung geschritten. Prachtvoller Hochzeitsstrauß? Pusteblume. Da lockst du keine Zuschauer und schon gar keine Sponsoren an. Also: zurück auf Anfang! Aufhübschen, Aussteuer erhöhen – und vor allem: Hausaufgaben machen!

Denn gescheitert ist die Fusion weniger am etwas zerbeulten Anzug, sondern an einem dicken Problem: Die Fusion ist nur durch die Gründung eines neuen Vereins möglich. Beide Traditionsvereine, die größten im Landkreis übrigens, würden also ihre Fußballabteilung verlieren. Die SpVgg ohne Fußballer – das ist schwer vorstellbar. Und schon gar nicht in dem Jahr, in dem der Verein sein 100-Jähriges feiert. Beim TSV Erding scheint das noch eher denkbar, denn da gibt es seit Jahren eh schon das inoffizielle Gebilde namens FCE (seit der Fusion mit den SC-Fußballern). Und laut Köppen stehen die Mitglieder einer weiteren Kooperation eher neutral gegenüber. Vielleicht ist es denen inzwischen auch schon wurscht. Aber das ist jetzt eine fiese Unterstellung. Bleiben wir optimistisch:

Die Idee, Kräfte zu bündeln, ist gut, es ging nur alles viel zu schnell. Blitzheiraten sind was für Las Vegas: Es ist reines Glücksspiel, das selten gutgeht. Beide Abteilungsleiter haben betont, dass die Fusion nicht geplatzt, sondern vertagt ist. Es wird sich nun zeigen, ob sie damit das Projekt nur leise begraben wollten, oder ob sie wirklich mit Konzepten die Mitglieder überzeugen wollen.

Visionäres zu schaffen – und nicht weniger kann es sein – und gleichzeitig den Alltag zu meistern, das wird brutal schwer. Die SpVgg muss raus aus der A-Klasse. Und der FCE muss für seine Nachwuchsfußballer hoffen, dass ihn die JFG Sempt Erding wieder aufnimmt, die er in den vergangenen Jahren im Stich gelassen hat und die er auch jetzt höchstens als Lebensabschnittspartner ansieht. Ob die alte Jugendliebe nochmal die Bettdecke hebt, ist zumindest fraglich.

Das alles ist schwierig, aber nicht unlösbar. Neben Zeit braucht’s dafür aber auch entsprechende Leute, die Heilmaier und Köppen unterstützen (was sie definitiv verdient haben). Leute wie zum Beispiel Sebastian Held und Markus Listl, die seit Jahren im Landkreis tätig sind, jeden Fußballer kennen und spätestens ab der neuen Saison frei wären. Oder der ehemalige Profi Philipp Bönig, der weit über den Tellerrand hinausschaut. Und damit wäre erst einmal der sportliche Bereich einigermaßen abgedeckt. Mindestens genauso wichtig sind erfahrene Kräfte aus Politik und Wirtschaft (Erdinger Weißbräu, Therme, Amadeus?). Erst wenn dieser Dreiklang aus Sportwissen, Einfluss und finanziellen Möglichkeiten stimmt, dann klingen die Hochzeitsglocken gut. Und die 40 000-Einwohner-Stadt – bis dahin werden es so viele sein – hätte den Fußball, den sie verdient.

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