Monika Karsch: Großes Kopfkino, aber kein Happy-End

Sie wollte, sie gab alles, aber es hat nicht gereicht: Monika Karsch hat das olympische Finale in der Disziplin „Sportpistole“ verpasst. Pech und wohl auch fehlende Leichtigkeit spielten eine Rolle.
Tokio - Der Traum von einer Medaille ist geplatzt. Monika Karsch hat es mit der Sportpistole nicht geschafft, noch einmal aufs Treppchen zu kommen. Nach Silber in Rio belegte sie bei den Olympischen Spielen in Tokio mit insgesamt 580 Ringen den 20. Platz. „Ich habe es probiert bis zum Schluss“, stellte die gebürtige Schongauerin klar, dass sie alles gegeben hatte, um nach Platz 23 in der Präzision noch den Sprung in das Finale der besten Acht zu schaffen.
Die Hypothek von 288 Ringen aus dem ersten Teil des Programms erwies sich als zu schwer, um sie im Duell zu tilgen. Die 38-Jährige hätte schon einen Sahnetag gebraucht, wie ihn ihre Teamkollegin Doreen Vennekamp erwischte. Die Ronneburgerin hatte nach der Präzision sogar einen Zähler weniger als Karsch auf dem Konto, schoss dann aber vollkommen entfesselt und katapultierte sich mit phänomenalen 299 Ringen von Rang 32 auf Platz vier. „Es war ein Krieg im Kopf mit mir selber und ich habe ihn gewonnen“, würdigte Vennekamp ihr Resultat, die im Finale schließlich Siebte wurde.
Auch bei ihrer Teamgefährtin war großes Kopfkino angesagt. Karsch stieg in ihr Programm perfekt mit zwei Zehnern ein. „Ich wusste, ich muss heute voll auf Attacke machen, angreifen und meine Stärke ausspielen“, ging sie voll motiviert die 30 Schuss an. Doch dann folgte eine Acht, die den Druck noch einmal erhöhte. Sie steckte auch diese Herausforderung weg und legte sieben Zehner nach. „Ich habe mich gefangen, weil ich wusste, dass der Wettkampf erst bei 30 Schuss zu Ende ist“, teilte sie mit, wie sie sich wieder neu motivierte.
Monika Karsch startet ins Duell perfekt mit zwei Zehnern
Mit einer 98 zum Auftakt war noch nichts verloren, doch sie musste weiter liefern. Die zweite Serie begann sie mit fünf Zehnern in Folge, doch dann begann sie zu wackeln. Drei Neuner drückten ihr Ergebnis auf 97 Ringe. Da ihre Konkurrentinnen nichts herschenkten, wuchs der Druck vor dem letzten Durchgang ins Unermessliche. Die Sportschützin, die in Rott aufgewachsen ist, hätte nun alles abräumen müssen. Aber wieder flogen drei Schüsse nicht genau ins Ziel und auf der elektronischen Anzeige leuchtete zum zweiten Mal eine 97 auf.
292 Ringe waren ein stattliches Ergebnis, aber sie genügten nicht, um die Ausbeute vom Vortag zu kompensieren. „Gestern war für mich enttäuschender, weil da einfach drei Ringe gefehlt haben“, machte sie ihr Ergebnis in der Präzision für ihr Abschneiden verantwortlich. Karsch, die sich mustergültig auf die Spiele in Tokio vorbereitet hat, fehlte letztlich das Quäntchen Glück, das bei allem Können nötig ist, um ganz vorne zu landen. „Moni hatte im Präzisionswettkampf viel Pech mit vielen 9,9-Wertungen. Das hätten gut und gerne drei, vier Ringe mehr sein können“, haderte auch Bundestrainerin Barbara Georgi mit ihrer Ausbeute.
Während des Trainings kamen die Zweifel
„Sie ist schon ziemlich enttäuscht“, schilderte Thomas Karsch die Stimmungslage seiner Gemahlin, nachdem er mit ihr telefoniert hatte. Der Gatte, der als Landestrainer des Bayerischen Schützen-Bundes für Pistole auch mit seiner Frau zusammenarbeitet, entdeckte per Fernanalyse ein paar Punkte, die nicht wie gewohnt bei ihr funktionierten. „Sie hat sich nicht viel vorzuwerfen“, gab es für ihn rein technisch kaum etwas an ihrer Leistung auszusetzen. Ihm fiel jedoch auf, dass die Sportsoldatin ihren grenzenlosen Optimismus verlor, der eigentlich ihr Wesen prägt. „Es kamen Zweifel“, gab er zu, dass die Schützin im Training zu sehr ins Grübeln verfiel. „Zu viel analysiert, zu skeptisch“, konstatierte er, dass sich ein unbekannter Habitus bei Monika Karsch einschlich.
Vor fünf Jahren war sie noch vollkommen unbeschwert nach Rio gereist. Während des ganzen Trips fühlte sie sich wie in einem Abenteuerfilm, an dessen Ende sie noch einen Silberschatz hob. Damals erlebte sie aus nächster Nähe, unter welchem Druck sich die Sportschützen setzten, die bei Olympia stets leer ausgegangen waren. Sie selbst flog innerlich so frei wie ein Kolibri durch die Wettkämpfe. Von dieser Leichtigkeit war im von der Pandemie umklammerten Tokio nicht mehr viel zu spüren. Karsch vertraute auf die Routine einer Olympia-Medaillengewinnerin, die mit Fleiß, Akribie und Organisation ihren Erfolg wiederholen wollte. Doch es fehlte etwas. „Das Momentum war nicht auf ihrer Seite“, erkannte ihr Mann, dass es einfach nicht ihre Spiele waren, so sehr sie sich das auch gewünscht hatte.
Am Samstagmorgen verlässt Karsch die japanische Metropole wieder. Wie es dann weitergeht, muss sie selbst entscheiden. Nach ein paar Wochen Urlaub stehen schon die Deutschen Meisterschaften an. Danach kommt eine große Pause. „Ich kann mir alles vorstellen“, hält Thomas Karsch die sportliche Zukunft seiner Frau für vollkommen offen. Bis zu den Spielen von Paris beträgt die Olympiade nur drei Jahre. Monika Karsch wäre dann 41 Jahre und im besten Schützenalter. Warum sollte sie nicht eine entspannte Woche in der Stadt der Liebe und des Lichts verbringen?