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Sorgen um die Jugend und Online-Training - Wie Vereine den neuerlichen Lockdown bewerten und mit ihm umgehen

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Von: Phillip Plesch, Paul Hopp

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Damit ist nun erst einmal Schluss: Der Wettkampfbetrieb – das Archivfoto zeigt ein Ranglistenturnier für Jugendliche in Weilheim – ruht in Bayern bis mindestens 31. Dezember.
Damit ist nun erst einmal Schluss: Der Wettkampfbetrieb – das Archivfoto zeigt ein Ranglistenturnier für Jugendliche in Weilheim – ruht in Bayern bis mindestens 31. Dezember. © Ruder

Dieses Jahr finden im Tischtennis-Amateurbereich keine Spiele mehr statt. Die Vereine haben dafür Verständnis, sind aber auch besorgt.

Landkreis – Der Bayerische Tischtennis-Verband hat schnell reagiert. Schon drei Tage bevor der Amateursport im Freistaat in die neuerliche Corona-Zwangspause musste, stellte der BTTV den Spielbetrieb für Mannschaften ein. Vorerst bis 31. Dezember wird es keine Liga-Duelle geben. Die Heimatzeitung hat bei Vereinen nachgefragt, was dies für die Spieler und Teams – gerade mit Blick auf den Nachwuchs – bedeutet. Schon im Frühjahr war die Sportart betroffen – die Saison 2019/2020 musste vorzeitig abgebrochen werden.

Was den jetzigen Lockdown betrifft, so schlagen in der Brust von Bernd Horndasch zwei Herzen. „Sportlich gesehen ist es schade“, sagt der Abteilungsleiter des TSV Penzberg. Allerdings steht er als Spartenchef auch in der Verantwortung. Und angesichts dessen „ist mir die jetzige Situation lieber“. Wären Training und Spiele weiter erlaubt gewesen – und das bei den derzeitigen hohen Infektionszahlen –, so wäre ihm zufolge das Risiko, dass es im Sportbetrieb zu einer Ansteckung kommt, gestiegen. Hätte der BTTV nicht die Handbremse gezogen, dann „hätte ich wohl selbst gesagt: Die Sache wird mir zu heiß“, so der Abteilungsleiter. Sollte sich nämlich tatsächlich jemand bei einem Training oder einem Spiel in der alten Turnhalle am ehemaligen Wellenbad mit dem Coronavirus infizieren, „bekomme ich von den Behörden bestimmt unangenehme Fragen gestellt“, sagt der Penzberger. „Da habe ich wirklich keine Lust drauf.“

Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren die Penzberger Tischtennisspieler sportlich gesehen Leidtragende. Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs standen alle drei Erwachsenenteams auf einem Abstiegsplatz. Alle drei mussten also eine Klasse runter. In der aktuellen Spielzeit lief es für die Teams bis dato recht manierlich. Die erste Männer-Mannschaft steht in der Bezirksklasse B mit 7:3 Punkten auf dem zweiten Rang. Das Jungen-Team ist in der Bezirksklasse B noch unbesiegt und derzeit Dritter (7:1 Punkten). Die Penzberger hatten heuer gar eine vierte Männer-Mannschaft, für die Bezirksklasse D, gemeldet. Doch die zog man vorsichtshalber zurück, da einige Spieler älteren Semesters nichts riskieren wollten.

Desinfektionsmittel als Stolperfalle

Alle Vorgaben einzuhalten, „ist nicht ganz einfach“, hat Horndasch erkannt. „Wir haben so viele unterschiedliche, teils widersprüchliche Informationen bekommen.“ Als Beispiel nennt er die Lüftung in der Halle. Erst hieß es, die Lüftung würde, solange das Schuljahr nicht begonnen habe, volle Pulle laufen – die Spieler müssten nicht alle zwei Stunden die Halle räumen. Dann bekam er die Info, die Lüftung laufe nun auch während des Schuljahres voll. Von der TSV-Führung bekam er dennoch einen Rüffel, warum die Spieler nicht alle zwei Stunden die Halle verließen. Als Stolperfalle erwiesen sich auch die angeschafften Desinfektionsmittel – einige Produkte griffen die Oberflächen der Tischtennisplatten an. Man könne zudem nicht ständig jeden einzelnen Spieler in der Halle kontrollieren, ob er alle Vorgaben (Abstand, Desinfizieren des Balles etc.) genau einhält. „Von offizieller Seite gibt es Vorstellungen, die sind nicht umsetzbar“, sagt Horndasch.

Ein Lob richtet er an den Jugendtrainer Martin Sonn: „Der macht sehr gute Arbeit.“ Der Coach hat, erzählt Horndasch, während der Zeit der Hallenschließungen sogar auf eigene Kosten die Tennishalle angemietet, um dem Nachwuchs ein Sportangebot bieten zu können. Gern würden die Penzberger ihre Zahl an Teams aufstocken, auch an ein Frauen-Team und ein Bambini-Training ist gedacht. In Corona-Zeiten, sagt Horndasch, „ist es aber doppelt schwer, etwas aufzubauen“.

Positiv hat Johannes Eberle vom TSV Peiting die Entscheidung aufgenommen, dieses Jahr nicht mehr zu spielen. Wenn wir einen Monat nicht trainieren können und dann direkt wieder antreten müssen, hätte die Spielleistung gelitten“, sagt Peitings Nummer zwei. Der 23-Jährige hofft, dass der Dezember zur Vorbereitung genutzt werden kann, um im Januar wieder Punktspiele auszutragen.

Der Saisonstart ist für die Peitinger Herren in der Bezirksklasse A recht gut verlaufen. Mit drei Siegen und einem Unentschieden stehen sie an der Tabellenspitze. „In der Deutlichkeit hatten wir das nicht erwartet“, sagt Eberle, „dennoch freut es uns, so gut gestartet zu sein.“ Nun ist für die Tischtennisspieler aber wieder komplette Pause angesagt. Mehr, als sich ab und an über die Ergebnisse im Profisport auszutauschen, ist nicht drin.

Tischtennis-Training im Jahr 2020: Nach den neuerlichen Einschränkungen ist der Nachwuchs des TSV Peiting auf Online-Training umgestiegen, wie im Instagram-Account des Vereins zu sehen ist.
Tischtennis-Training im Jahr 2020: Nach den neuerlichen Einschränkungen ist der Nachwuchs des TSV Peiting auf Online-Training umgestiegen, wie im Instagram-Account des Vereins zu sehen ist. © Screenshot Instagram

Anders sieht es für die drei Jugendmannschaften des TSV aus. Nach Spielstärke aufgeteilt bieten Eberle und sein Trainerkollege Christian Schwarz zweimal pro Woche Training über die Online-Plattform „Zoom“ an. „In den Bereichen Fitness, Ausdauer, Koordination und Mentales lässt sich auch so viel trainieren“, erklärt Eberle. „Es muss natürlich ein Ende absehbar sein.“ Bei den Kindern kommt der Einsatz der Trainer gut an. Als einer von wenigen Vereinen im Landkreis hat der TSV Peiting kein Nachwuchsproblem.

Zwangspause „ist gerechtfertigt“

Vom Online-Training profitiert auch die Jugend des TSV Peißenberg. Denn der Peitinger Lizenztrainer Christian Schwarz trainiert dort ebenfalls den Nachwuchs. „Sehr, sehr froh“ sind die Peißenberger darüber und begeistert von den Cyber-Trainingseinheiten. „Das ist genial“, sagt Bernhard Jepsen, stellvertretender Abteilungsleiter. „Da haben wir uns drangehängt.“

Mit dem Lockdown sei angesichts der Entwicklung der Corona-Zahlen zu rechnen gewesen, sagt Jepsen. Die Maßnahme „ist gerechtfertigt und nachvollziehbar“. Als „nicht nachvollziehbar“ empfindet er es, wenn der Tischtennissport im Landkreis pausieren muss, gleichzeitig aber der EC Peiting in der Eishockey-Oberliga – die dritthöchste von sechs Spielklassen in Deutschland – antreten darf. Die Oberliga „ist kein Profisport“, sagt Jepsen. „Es verwundert mich ganz gewaltig, dass so eine Liga spielen darf. Aber so etwas müssen schlauere Menschen als ich entscheiden.“ Es sei schon ein Unterschied, ob jemand einen Kontaktsport ausübt oder eine Disziplin wie Tischtennis, bei der die Akteure Distanz voneinander haben.

Für die Peißenberger Tischtennis-Sparte ist die neuerliche Pause „eine Katastrophe“, sagt Jepsen. „Gerade der Herbst ist unsere Hauptzeit.“ Je länger nicht trainiert und gespielt werden kann, „desto mehr entwöhnen sich die Mitglieder vom Verein“. Speziell für die Kinder und Jugendlichen „sind vier Wochen unglaublich lang“. Und wer wisse schon, ob ab Anfang Dezember wieder ein Vereinstraining stattfinden dürfe.

Was das Hygienekonzept anbelangt, „waren wir extrem vorsichtig“, sagt Jepsen. Akribisch wurden alle Teilnehmer an den Trainingseinheiten dokumentiert. Einmal, erinnert sich der stellvertretende Spartenchef, sei ein Kind vorsichtshalber vom Training wieder heimgeschickt worden, weil es mit leichten Erkältungssymptomen gekommen war.

„Die Halle bleibt zu“, heißt es erst einmal auch für die Tischtennisspieler des TSV Schongau. Der Kontakt bricht bei den Spielern dadurch aber nicht ab. „Bei uns im Verein ist alles sehr familiär. Wir machen auch privat viel“, berichtet Abteilungsleiter Robert Lang. Solange die Einschränkungen gelten, wird halt telefoniert. Nur die für 12. Dezember geplante Weihnachtsfeier steht nun auf der Kippe.

Sportlich verlief der Saisonstart in der Bezirksklasse A „schon zufriedenstellend“. Ein Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage stehen zu Buche. Nachdem Schongaus bisherige Nummer eins, Rainer Eichner, im Sommer nach Seeg gewechselt war, hatte Lang, der nun an eins spielt, das so erwartet. „Mittelfeld bis vorderes Drittel“, lautet seine Einschätzung zum Leistungsstand der Schongauer.

„Schade“, findet der Abteilungsleiter, „dass die Amateure nicht spielen dürfen und die Profis schon“. „Aber damit müssen wir leben.“ Größere Sorgen macht dem 57-Jährigen aber die Jugend. Es komme nichts mehr nach, sagt er. Das sei aber unabhängig von Corona ein Problem. „Insgesamt ist Tischtennis kein Zukunftssport und wird irgendwann sterben“, prognostiziert Lang.

Hoffen auf Training im Dezember

In Schongau liegt das Durchschnittsalter der Männermannschaft bei rund 50 Jahren. „In der zweiten sieht es nicht anders aus“, sagt Lang. „In Schongau lebt das Tischtennis, solange es den Alten Spaß macht.“

Sechs Männer-Teams und drei Jungen-Mannschaften hat der TSV Weilheim zum Spielbetrieb angemeldet. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr organisierte die Sparte für die Jugendlichen im Sommer eigene Trainingseinheiten. Das Angebot kam an: „Die meisten Kinder und Jugendlichen sind uns erhalten geblieben“, sagt Jugendleiter Waldemar Bulitta. Als es dann Mitte September mit den Spielen wieder losging, war der Nachwuchs auch heiß aufs Spielen. Allerdings: Das Anfänger- und Bambini-Training darbt vor sich hin. „Es sind einige nicht mehr zum Training gekommen“, sagt Bulitta. Bei ein paar Spielern, weiß der Jugendleiter, spielte Vorsicht vor Corona eine Rolle. In den vergangenen Jahren kamen im Oktober auch oft Interessenten in die Halle, die sich nach einem Sport für sich umsahen. „Das ist heuer entfallen“, sagt der Jugendleiter.

Bulitta hofft darauf, dass im Dezember zumindest das Training wieder stattfinden kann. Das Angebot wurde bislang in diesem Jahr trotz Corona „recht gut angenommen“. Er habe keine Bedenken, dass wegen eines Monats Pause die Jugendlichen nicht mehr erscheinen. Diejenigen, die im Ligabetrieb stehen, „spielen gern“. Die erste Jungen-Mannschaft ist in die Verbandsliga Süd-West mit zwei Siegen gestartet; Gegner sind unter anderem Gräfelfing, Langweid, der FC Bayern und Dillingen. Alle fünf Spieler, die bis dato zum Einsatz kamen, kommen aus Weilheim oder sind beim TSV verwurzelt. „Das ist eine fast einmalige Sache“, sagt Bulitta. Youngster wie David Bruns, Christian Widder und Felix Bulitta bekommen auch regelmäßig Einsatzzeiten in den Männer-Teams – teils sogar im Bezirksoberliga-Team.

Auch wichtig: Die Turnhalle der Röntgenschule bietet gute Bedingungen. „Das Lüften ist dort gut möglich“, sagt der Jugendleiter. Obendrein klappe das Zusammenspiel mit der Basketball-Abteilung, die auch die Halle nutzt, sehr gut. Was Tischtennis und den Amateursport generell betrifft, „heißt es jetzt Abwarten“, sagt Bulitta.

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