Katharina Vogl trotzt Druck und Schmerz

Mit einem Handicap war Katharina Vogl zur bayerischen Meisterschaft der U23-Leichtathleten gereist. Doch die Hohenpeißenbergerin - mittlerweile für die LG Augsburg startend - trotzte im Weitsprung allen Widrigkeiten.
Hohenpeißenberg – Auf ihren Fuß konnte sich Katharina Vogl nicht voll verlassen, umso mehr war der Kopf gefordert. Angesichts einer Verletzung, die sie sich 14 Tage vorher zugezogen hatte, wusste die Leichtathletin aus Hohenpeißenberg, dass sie bei der bayerischen U23-Meisterschaft im Weitsprung nicht viele Optionen haben würde. Der erste Versuch musste passen, alles Weitere lag in der Schwebe. Eine echte Nervenprobe – und die bestand Vogl. Sie lief an, sprang ab und landete – unweit ihrer persönlichen Bestleistung – bei 5,65 Metern. Damit lag sie schon einmal vorn.
Im weiteren Verlauf der Konkurrenz „habe ich gesehen, dass das reichen sollte“, berichtet die 22-Jährige. Sie konnte sich also in die Rolle der Beobachterin begeben und den Fuß schonen. Am Ende holte sie – wie schon 2020 – die Goldmedaille. „Ich war sehr zufrieden und habe mich auch sehr gefreut“, sagt Vogl. Der Titel ist zugleich „ein super Saisonabschluss“. Womöglich steht für sie im September noch ein Ländervergleichskampf mit Teams aus dem benachbarten Ausland an. Doch ob der stattfindet, steht – Stichwort „Corona“ – in den Sternen.
Für Vogl stellte diese Saison in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar. Im Frühjahr zog sie nach Augsburg, arbeitet dort als Fachangestellte in einer Steuerkanzlei. Ein Vereinswechsel war daher naheliegend, zumal ihr Lebensgefährte, Tim Osenberg, als Coach bei der LG Augsburg aktiv ist. Bis dato war Vogl für den TSV Peißenberg gestartet, hat dort zusammen mit Sabine Osenberg, der Mutter von Tim, trainiert. Die Jahre beim TSV „waren super, und es hat auch viel Spaß gemacht“, so Vogl. Sie habe auch überlegt, weiter für die Peißenberger anzutreten. Doch letztlich sprach mehr für die LG Augsburg. Dort „trainieren viele Leute in meinem Alter“, sagt die Leichtathletin. Allein dieser Umstand eröffnet neue Perspektiven. „Das ist einfach etwas anderes.“ Vogl gehört nun dem TSV Göggingen an, er ist Teil der LG Augsburg. Das Training findet im Rosenaustadion statt, eine Sportarena, in der ehedem der FC Augsburg auch seine Fußballspiele bestritt.
Schwierige Trainingssituation im Winter und Frühjahr
Das Training gestaltete sich für Vogl im Winter und Frühjahr besonders schwierig. Da es für die U23 in Bayern keinen Landeskader gibt, war für sie – wie für alle anderen „gewöhnlichen“ Vereinsathleten – die Werner-von-Linde-Halle und überhaupt jede Sporthalle geschlossen. Vogl behalf sich mit Einheiten auf öffentlich zugänglichen (Bolz-)Plätzen oder „in irgendwelchen Parks“. An Wettkämpfen konnte sie als Athletin ohne Kaderstatus auch erst ab Juni wieder teilnehmen.
Katharina Vogl machte heuer jedenfalls viel aus der Situation. Beim „BLV-Re-Start“-Festival in München startete sie in die Saison. Mit der 4 x 100-Meter-Staffel der LG Augsburg belegte sie den vierten Platz (49,57). Beim Max-Steger-Sportfest im heimischen Rosenaustadion war sie im Weitsprung mit 5,66 Metern die beste Frau. Darüber hinaus lief sie die 200 Meter (26,62/1. Platz) und absolvierte den Speerwurf (27,19/6. Platz).

Pech hatte die Hohenpeißenbergerin bei der süddeutschen Meisterschaft für die U23: In Frankfurt/Main verletzte sie sich beim Einspringen am Sprungfuß. Den Wettkampf konnte sie nur unter Schmerzen zu Ende bringen. Mit 5,58 Metern (6. Platz) war sie unter diesen Umständen zufrieden: „Ein Sprung hat funktioniert.“ Ohne Handicap „wäre es wohl noch weiter gegangen“.
Da die Schmerzen blieben, musste Vogl ihren „Matchplan“ für die bayerische U23-Meisterschaft anpassen, was letztlich gelang. Der starke erste Versuch reichte, auf die Zweitplatzierte hatte sie am Ende acht Zentimeter Vorsprung. Im sechsten Durchgang ging Vogl dann doch noch einmal an den Start, doch der war ganz knapp ungültig – leider. „Ich denke, das wäre wohl eine Bestleistung gewesen.“ Ihre Top-Weite im Freien (gesprungen 2020 in Erding) liegt bei 5,71 Metern. Vogl trat in Hösbach noch im 100-Meter-Sprint an und erreichte auch das Finale. Mit ihren 12,86 Sekunden (7. Platz) war sie nicht zufrieden. Allerdings war es auch ihr erstes 100-Meter-Rennen der Saison. „Ich konnte nicht so locker laufen wie erhofft.“
Im kommenden Jahr möchte Vogl ihr Repertoire erweitern – sie hat, nach längerer Pause, den Siebenkampf für sich wiederentdeckt: „Das Training wird so viel abwechslungsreicher. Und ich mache alle Disziplinen gern.“ Ziel ist, sich für die DM zu qualifizieren. Am schwierigsten ist für sie „der Hürdenlauf“, sagt Vogl. Den Dreier-Rhythmus gleichmäßig durchzulaufen, erfordert Übung. Viel Training müsse sie auch in den Speerwurf investieren. Die Kombination aus Anlauf, Stemmschritt, Armzug hat es in sich: „Da kann man so viel falsch machen.“ Die „schlimmste Disziplin“ hingegen ist der abschließende 800-Meter-Lauf. Der stellt laut Vogl besondere Anforderungen – was das Sich-Quälen-Können betrifft. Da spielt der Kopf wieder eine entscheidende Rolle. Wie gut, dass Vogl sich auf ihre Psyche verlassen kann.