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„Mini-Olympia“ weckt Begehrlichkeiten: Ist München bereit für eine Bewerbung?

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Von: Günter Klein

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50 Jahre danach: Das Olympiastadion und der Park drumherum versprühen auch in diesen Tagen noch ihren Charme. Wir sind überwältigt! Einfach grandios, wie die Championships angenommen werden. Olympiapark-Chefin Marion Schöne Programm Sportliches Niveau Erscheinungsbild Zugang Rahmenprogramm Kontakte
50 Jahre danach: Das Olympiastadion und der Park drumherum versprühen auch in diesen Tagen noch ihren Charme. Wir sind überwältigt! Einfach grandios, wie die Championships angenommen werden. © Championships

Die European Championships werden von den Münchnern gut angenommen. Sollte sich die Stadt jetzt für Olympia bewerben? Die Politik ist skeptisch.

München – „Mini-Olympia“ – dieser Begriff für die European Championships hat sich bei ihrer zweiten Austragung etabliert. Und an allen Wettkampfstätten werden die Sportlerinnen und Athleten gefragt, ob es nicht mal wieder an der Zeit wäre, dass leibhaftige Olympische Spiele nach Deutschland kommen. Und wenn man jetzt unter Münchens Bevölkerung abstimmen lassen würde, ergäbe sich vielleicht eine Mehrheit für eine starke Bewerbung, anders als bei vorangegangenen Bürgerentscheiden. „Wir sind überwältigt! Einfach grandios, wie die Championships angenommen werden“, zwischenbilanzierte auch Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne. Laut ihrer Aussage haben man in der ersten Woche knapp 900 000 Menschen bewegt. Doch sind die Formate Championships und Olympia überhaupt vergleichbar?

Programm

Olympia ist auf der einen Seite größer (33 Sportarten schlagen neun), innerhalb der Disziplinen jedoch kleiner. Bei Europameisterschaften leben sich die Sparten aus. Beispiel Rudern: 24 Entscheidungen waren es bei der EM, olympisch sind nur 14 Bootsklassen. Oder Marathon: Da auch um Teammedaillen gelaufen wurde, waren pro Nation sechs Starter zugelassen. Die zeitlichen Abläufe sind bei Großveranstaltungen ähnlich: Die Regie übernimmt der internationale Fachverband, der ein festes Layout für die Wettkampftage anwendet.

Sportliches Niveau

Bei Olympia natürlich höher, die Qualifikationsnormen sind oft anspruchsvoll - und die Stars kommen aus aller Welt, nicht nur von einem Kontinent. In einigen Sportarten ist eine Europameisterschaft auch nur Beiprogramm.

Erscheinungsbild

Die visuelle Kommunikation von „Munich 2022“ ist stark angelehnt an den olympischen Standard. Farben, Schriften, Embleme - der Besucher merkt sofort, wenn er sich auf offiziellem Areal befindet. Allerdings ist die Landschaft der sich präsentierenden Sponsoren bei Olympia eine gänzlich andere: Dort dominieren die großen internationalen Marken (häufig aus Ländern, die es mit der Demokratie nicht so genau nehmen) und ist nicht erlaubt, was konkurriert - in München hingegen kamen lokale und regionale Unternehmen zum Zug, dürfen auch kleinere Caterer Geld verdienen. Werbung ist bei den European Championships ziemlich präsent, wird aber nicht als störend empfunden.

Zugang

Olympische Wettkampfstätten sind Hochsicherheitstrakte - durchaus aus gutem Grund nach den Anschlägen von München 1972 und Atlanta 1996. Eine der größten Bühnen der Welt (die Menschen haben, wenn Spiele sind, zwei Wochen wirklich nichts anderes im Sinn) ist in hohem Maß gefährdet. Journalisten verlieren bei Olympia täglich mehrmals Zeit in Sicherheitskontrollen, die sich von denen an Flughäfen nicht unterscheiden. In München wird man dieser Tage durchgewunken, bei zahlenden Besuchern wird ein Blick in die Rucksäcke und Taschen geworfen, doch es gibt keinen Body-Check mit Abtasten. Wäre Olympia noch einmal in München, wäre wohl der Zutritt zum Park reglementiert und nicht offen.

Rahmenprogramm

Viele Menschen strömen derzeit wegen der Konzerte in den Olympiapark. Bei den Spielen wäre das Kulturangebot überschaubarer – denn die Leute sollen in die Sportstätten. Was bei Olympia eher nicht möglich wäre: Abschiedszeremonien wie für Turnerin Kim Bui und Zehnkämpfer Arthur Abele – das Ausrichterland soll sich nicht in den Vordergrund stellen; das internationale Protokoll sieht das nicht vor. Dennoch: Olympische Spiele sind immer in der Lage, einen besonderen Zauber zu entwickeln. Barcelona 1992, Sydney 2000, London 2012 – es gibt herausragende Beispiele, dass das olympische Ideal doch noch nicht tot ist.

Kontakte

In München wohnen die Sportler in Hotels, es gibt kein eigenes Dorf. Der Austausch unter Nationen findet so gut wie nicht statt, die meisten erlebten andere Wettkämpfe nur im Livestream und reisten nach ihrem Einsatz schnell wieder ab. Da bietet Olympia klar mehr, die Sportler bleiben länger, die Übernachtungskosten sind günstiger. Herausragend in München: die Nähe, die die Teilnehmerinnen und Starter zuließen. Sie mischten sich unters Volk, saßen auf Bierbänken. Allerdings sind die wenigsten von ihnen Superstars, die zu viel Öffentlichkeit nerven würde. Bei den Spielen gibt es hingegen Größen wie NBA- oder Tennisprofis, die sich lieber abschotten.

Die European Championships sind in vielem unkomplizierter – weil sie es sich leisten können.

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