Marathon-Weltrekord in München
Eigentlich wurde vor einem Jahr in München ein phantastischer Marathon-Weltrekord gelaufen – und nun ergibt sich eine neue Chance. Im Zeittunnel.
Großes Thema in der Welt des Ausdauersports: Wird es jemals einem Menschen gelingen, die mythische Marathonstrecke von 42,195 Kilometern unter zwei Stunden zurückzulegen? Und falls ja, wann könnte das geschehen? In zehn, zwanzig, in hundert Jahren?
Der Münchner Andreas Brünnert, der für die LG Stadtwerke startet, hat eigentlich schon vor einem Jahr erreicht, was für künftige Generationen noch eine kühne Vision ist: Seine Marathonzeit steht bei 1:55:16 Stunden – nachzulesen in der Ergebnisliste des „Bestzeitmarathon 2015“ im Riemer Park. Untertitel der Veranstaltung: „Der Lauf gegen die Gesetze der Physik.“ Ausrichter: der „Verein für außergewöhnliches Laufen“ in München.
Ein unbekannter Münchner läuft den Marathon „sub2“, wie man in der Branche sagt – wie kann das sein, was ist da passiert?
Die Zeit hat mit dem Datum zu tun. Sie ist nur möglich in einer besonderen Nacht des Jahres, die nun wieder bevorsteht: Nämlich, wenn am Sonntagmorgen um 3 Uhr die Uhren zurück auf Winterzeit gestellt werden. Um 3 Uhr ist es auf einmal wieder 2 Uhr. „Unsere Klientel“, sagt Henrik Lange vom Verein für außergewöhnliches Laufen, „ist das Spaßpublikum“. Das ködert es schon mit der Ausschreibung. In der steht: „Der sagenhafte Zeittunnel öffnet sich um 3.00 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit. Im Zeittunnel können wir keine exakte Zeitnahme durchführen. Das wäre viel zu gefährlich. Deshalb schauen wir erst nach Zieleinlauf auf die Uhr und bilden aus Zielzeit und Startzeit die Differenz.“ Im Klartext: Jeder Läufer bekommt eine Stunde geschenkt (die 1:55 Stunden des Siegers waren reale 2:55 Stunden). Leisten muss der Starter trotzdem einiges: 42 Kilometer, gelaufen in zwanzig Runden im Riemer Park „um den schnuckeligen Buga-See“, bleiben 42 Kilometer, die Wege sind kaum beleuchtet, die Mitnahme einer Stirnlampe ist unerlässlich. Und nach Mitternacht loszulaufen, „das ist vom Biorhythmus her auch nicht so leicht“, wie Henrik Lange sagt, der den Bestzeitmarathon bei der ersten Austragung 2012 gewann. Am kommenden Wochenende ist das Fünfjährige. Das erste Jubiläum.
Den Ruhm, einen solchen Lauf erfunden zu haben, nehmen die Münchner nicht für sich in Anspruch. „Wir haben da so einen Nerd bei uns, einen IT-Experten, einen Hacker“, erzählt Lange, und der habe das Original eines Laufes dieser Art in Bargfelde bei Hildesheim entdeckt: den „Zeittunnel-Marathon“. Den gibt es aber nicht mehr, er ist zu klein geblieben, um sich zu rentieren. In Bremen wird noch der „Zeitsprung-Marathon“ gelaufen, doch der Münchner Bestzeitmarathon ist dem von den Teilnehmerzahlen mittlerweile voraus. 2015 gab es bereits 52 Finisher, für 2016 wird ein Zuwachs erwartet. Denn der Verein für außergewöhnliches Laufen betreibt cleveres Marketing: Er warb an der Strecke des München Marathon vor drei Wochen – da war schließlich die Zielgruppe unterwegs.
Vor einem Jahr ist der Bestzeitmarathon vom Ostpark in den Riemer Park umgezogen. Nächtliche Vergnügungen in städtischen Grünanlagen sind nicht erlaubt, doch man bekam eine Sondergenehmigung. Mit Einschränkungen halt: Es darf keinen Startschuss geben, keine Musik, keine Ansagen. Bis zu 300 oder 400 Läufer, schätzt Henrik Lange, könne man vertragen, eine Massenveranstaltung werde man aber sicher nicht. Mehr Läufer fasst der Zeittunnel nicht.