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Olympische Winterspiele 2018: Freibrief für das IOC?

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Die Grundstücke an der Romanshöhe sind mit einem Mal in den Fokus der öffentlichen Olympia-Diskussionen geraten. Foto: hutter

Oberammergau - Mit Befremden wird in Oberammergau der Inhalt einer Nutzungsvereinbarung zwischen der Gemeinde und Grundstückseigentümern zur Kenntnis genommen. Danach würde die Kommune das volle Haftungsrisiko bei Schäden, Regressansprüchen, etc. tragen.

Was war man froh und glücklich in Oberammergau, als kurz vor Jahresende das Landratsamt noch Grünes Licht für den (in zähen Verhandlungen nachgebesserten) Haushalt 2009 gab. Die Angelegenheit hatte ohnehin schon genug peinliche Züge angenommen. Nun droht – kaum hat 2010 begonnen – der Gemeinde ein neues finanzielles Abenteuer. Im Fokus dabei: die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018. Hierzu ist jetzt der Entwurf einer sogenannten Nutzungsvereinbarung (Stand 30. November 2009) öffentlich geworden, die notariell zwischen den Grundeigentümern und der Gemeinde Oberammergau, die ja bekanntermaßen im Falle eines Zuschlags Austragungsort für die Langlauf- und Biathlonwettkämpfe wäre, geschlossen werden soll. Ein Papier, in dem viel Brisanz steckt.

In der neunseitigen DIN A-5-Erklärung ist nämlich unter anderem wörtlich die Rede davon, „ . . . dass die Gemeinde Oberammergau das volle Haftungsrisiko trägt und dem Eigentümer für alle Schäden Ersatz leistet, die durch die Errichtung der temporären Wettkampfeinrichtungen und durch die Durchführung der Olympischen Spiele am Grundstück entstehen und trotz eines Rückbaues eventuell verbleiben (zum Beispiel Kontamination) . . . “ Auch tauchen in dem Vertragswerk erste Anhaltspunkte an finanzieller Beteiligung der Kommune auf. Danach soll die Gemeinde sämtliche Kosten für Notar, Vertragsabschlüsse, Urkunden und grundbuchamtlichen Vollzüge tragen.

Diese und weitere Inhalte der Vereinbarung sieht Korbinian Freier aus Oberammergau „sehr kritisch“. Er ist der Ansprechpartner im Ammertal für das „Netzwerk NOlympia 2018 – BürgerInnen fragen BürgerInnen zu Olympia“. Freier: „Hier wird ein Szenario entworfen, in dem die Gemeinde vollständig haftbar ist, während den Veranstaltern eine Art Freibrief ausgestellt wird. Der Vertrag trägt Züge der Selbstentmündigung in sich.“

Dem 28-Jährigen leuchtet nicht ein, warum die Gemeinde Oberammergau dafür verantwortlich sein soll, dass die Grundstücke wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden, und nicht die Bewerbungsgesellschaft oder Folgeorganisationen. Käme der Vertrag so zustande, wäre dies für Freier der „Todesstoß für die Finanzsituation des Ortes“.

Über die Internetseite der Grünen (!) verschaffte sich der Landtagsabgeordnete Florian Streibl (Freie Wähler) Kenntnis von besagter Vereinbarung. Obwohl er und seine Fraktion hinter der Olympia-Bewerbung stünden, sei so ein Vertrag nicht akzeptabel: „So geht es nicht. Oberammergau kann nicht das volle Haftungsrisiko übernehmen für Schäden, auf die es keinerlei Einfluss hat. Hier stehen andere wie der Bund oder der Freistaat in der Pflicht.“ Das Vorgehen bewertet Streibl schon als „etwas seltsam“, und blickt schon mal voraus: „In unserem Gemeinderat wird es dafür sicher keine Mehrheit geben.“

Ludwig Utschneider, Fraktionssprecher der Freien Wähler, verlangt, dass dieses Thema auf die öffentliche Tagesordnung der Ratssitzung in der kommenden Woche kommt: „Uns gehen wahnsinnig viele Informationen ab. Wir möchten wissen: Wie hoch sind definitiv die Kosten, die auf uns zukommen?“

Darauf weiß auch Bürgermeister Arno Nunn derzeit keine Antwort. Bezüglich der Vereinbarung bestünde noch Klärungsbedarf, es fänden laufend Gespräche darüber statt: „Wichtig war uns, für die Eigentümer die Nutzung der Grundstücke zu regeln.“ Die Garantien, die die Gemeinde gegenüber dem IOC abgeben müsse, seien „sicher kritisch zu sehen und noch diskussionswürdig“, so der Bürgermeister. Er werde den Gemeinderat in der nächsten Sitzung über den Sachstand informieren. Ob öffentlich oder nicht-öffentlich, stünde noch nicht fest: „Da steckt derzeit viel Sprengkraft drin.“

Ludwig Hutter

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