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Geschäftsführer spricht über die aktuelle Situation
Löwen-Boss Ayre im exklusiven Interview: "Natürlich sind wir nervös, aber...“
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München - Der TSV 1860 steckt in der Ergebniskrise. Löwen-Boss Ian Ayre spricht bei uns im exklusiven Interview über das Abstiegsszenario und seinen Weg nach München.
Ayre: Ich war erst um zwei Uhr zurück aus Kaiserslautern. Nach einem Bier wäre mir schon gewesen, aber es hatte kein Biergarten mehr auf (lacht).
Ayre: Ich bin schon lange im Fußballgeschäft. Es bringt nicht viel, sich in meiner Position zu lange Gedanken über einzelne Spiele zu machen. Die Situation, in der wir stecken, ist das Resultat der gesamten Saison. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo vier Spiele über das Schicksal des Klubs entscheiden. Die sind mit einem Pokalfinale vergleichbar – wir müssen sie in erster Linie über Kopf und Herz gewinnen. Es geht um mentale Vorbereitung, dazu können wir alle unseren Teil beitragen, die Spieler, der Trainer, die Fans, meine Wenigkeit. Rechnen bringt nichts. Was die anderen machen, können wir nicht beeinflussen.
Ayre: Mein Job ist es zu führen, jeden zu unterstützen. Ich spreche mit dem Trainer, mit dem Präsidenten, mit Hasan Ismaik. Es geht darum, eine positive Stimmung zu erzeugen, unsere Kräfte zu bündeln.
Ayre: Ich glaube an positives Denken. Für mich ist das Glas immer halbvoll. Wenn du beginnst, pessimistisch zu denken, dann planst Du quasi dein Versagen. Ich bin erst seit drei Wochen hier, aber ich sehe so viel Gutes, so viele Möglichkeiten hier bei 1860. Es nicht zu schaffen, drinzubleiben, wäre ein Desaster epischen Ausmaßes. Jeder muss kämpfen, um das Gute hier zu erhalten.
Ayre: Wir haben gute Spieler und in Vitor Pereira einen großartigen Trainer mit Erfahrung und Siegermentalität. Es ist seine Aufgabe, den Spielern den Glauben ans Gewinnen zu vermitteln. Die Zutaten sind ja alle da, um den Kuchen zu backen. Die Mannschaft kann spielen, sie kann treffen und sie kann gewinnen, das hat sie in dieser Rückrunde schon bewiesen. Diese Bestandteile müssen jetzt zusammengefügt werden, sodass sie über 90 Minuten funktionieren.
Ayre: Natürlich tut es das. Es wäre idiotisch zu behaupten, dass wir nicht nervös sind. Wir sind Menschen und es steht viel auf dem Spiel. Aber bedeutet das, dass wir nicht gewinnen können? Nein, überhaupt nicht! Denn darum geht's doch im Profisport! Du musst die Angst und Energie kanalisieren und zu einem positiven Ergebnis kommen.
Nicht so, dass wir keine Leader hätten
Ayre: Wir könnten mehr haben, darum kümmern wir uns. Aber es ist nicht so, dass wir keine Leader hätten. Michael Liendl hat diese Qualitäten schon gezeigt, auch Stefan Aigner und Abdulaye Ba sind Leader...
Ayre: Nein, das ist die Aufgabe des Trainers. Ich habe einen engen Draht zu Vitor, das ist meine Aufgabe als Geschäftsführer. Wir müssen offen und ehrlich zueinander sein, auch fähig sein, zu streiten. Mit Vitor ist das alles möglich. Es macht großen Spaß, mit diesem Mann zusammenzuarbeiten.
Ayre: Letzteres. Man muss immer den Kontext beachten, um so etwas fair beurteilen zu können. Unmittelbar nach einer Niederlage wie dieser am Freitag Rede und Antwort zu stehen, das ist, wie wenn du von Mike Tyson umgenietet wirst und am Boden liegend sagen sollst, wie's dir geht. Ich habe am Wochenende mit Vitor gesprochen. Er war wirklich sehr enttäuscht. Nicht über die Leistung, sondern darüber, dass die Mannschaft so viel gegeben hat, ohne sich die Belohnung dafür abzuholen.
Ayre: Eine große! Die Loyalität unserer Fans ist unglaublich. Leider haben wir sie in den vergangenen Jahren oft strapaziert. Aber immerhin mit Erfolg. Jetzt heißt es wieder "Stand and fight together" - oder wie man hier sagt: "Zamhoitn!"
Abstieg? Beide Szenarien werden geplant
Ayre: Beide Szenarien werden geplant. Wir müssen wir auch für den Fall des Abstiegs gewappnet sein. Was es für die Mannschaft bedeutet, für die Sponsoren, fürs Ticketing.
Ayre: Den finalen Plan haben wir noch nicht, wir arbeiten daran. Dazu muss ich mit allen sprechen – mit Hasan Ismaik, dem Management, dem Team. Ich kann noch nicht sagen, was das Ergebnis sein wird, weil das ein Prozess ist.
Ayre: Ja, den habe ich.
Ayre: Es ist meine Aufgabe, einen Finanzplan für den Fall X zu erstellen, aber es gab noch keine konkreten Gespräche. Deswegen kann ich auch nicht sagen, wie seine Gedanken dazu sind.
Ayre: Worüber? (lacht) In den Verträgen sind alle Eventualitäten ziemlich klar geregelt. Ich hatte in den drei Wochen hier viele Gespräche – mit der Deutschen Fußball Liga, mit dem Bayerischen Fußball-Verband, mit dem BFV. Die Bayern standen nicht ganz oben auf meiner Liste.
Ayre: Ganz ehrlich: Das ist bisher nicht diskutiert worden. Daher möchte ich das Thema Stand jetzt nicht weiter kommentieren.
Hoffe, dass die Serie nicht mit meiner Person in Verbindung gebracht wird
Ayre: Diese Frage betrifft eher den Trainer und das Team. Mein Standpunkt ist, dass wir alle Möglichkeiten haben, dieses Spiel zu gewinnen. Die Mannschaft hat oft genug bewiesen, dass sie mit allen Teams mithalten kann. Nur diesen Gedanken sollten alle bis Sonntag im Kopf haben, die Fans eingeschlossen.
Ayre: Das ist es, in der Tat. Und ich hoffe, dass Sie diese Serie nicht mit meiner Person in Verbindung bringen (lacht). So ist eben der Fußball, aber mein Job hier ist ein bisschen größer. Wir müssen jetzt alles, was wir haben, in diese vier Spiele hineinwerfen, und danach können wir erreichen, was wir erreichen wollen.
Ayre: Ich bin noch zu kurz hier, um über grundlegende Veränderungen zu sprechen. Ich denke, es ist nie eine einzige Person, die die Planung übernimmt. Es ist wichtig, eine Balance zu haben und jeden Input aufzunehmen. Infrastruktur, Scouting, Teammanagement – ich denke, wir können uns in allen Bereichen verbessern, aber das ist ein langer Weg. Niemand schwimmt gerne auf der Stelle. Aber wenn wir diese Herausforderung meistern, werden wir als Gruppe gestärkt aus dieser Situation hervorgehen.
Ayre: Ich denke, diese Grundstimmung hast du überall, wo Teams über einen längeren Zeitraum unten stehen, das ist in England nicht anders. Es ist unsere Aufgabe, den Turnaround zu schaffen, und wenn das gelingt, kannst du enorme Energie freisetzen. Leicester City letzte Saison ist das beste Beispiel. Auf einmal haben die jeden Gegner weggeblasen. Es ist nicht leicht, eine positive Stimmung zu kreieren, aber dass der Klub so viele Menschen berührt, ist doch eine sehr gute Basis. Eine so große Loyalität wie im Fußball hast du sonst nirgends. Ich denke, es wird Zeit, dass der Löwe erwacht.
Ayre: Ich habe schon bei unserem ersten Treffen gespürt: Keiner will es so wissen wie er. Und keiner wäre glücklicher als er, wenn wir es schaffen, erfolgreich zu sein. Er ist ein so emotionaler Mensch. Das habe ich in solch einer Konstellation noch nie erlebt. Aber Geld hin oder her: Garantie auf Erfolg hast du nie. Das ganze Sportbusiness ist am Ende auch ein bisschen ein Glücksspiel.
Ayre hat ein paar Rennpferde
Ayre: Ich bin kein Zocker, aber ich besitze tatsächlich ein paar Rennpferde (lacht). Grundsätzlich ist meine Strategie immer, Risiken so gut es geht zu reduzieren und die Dinge bestmöglich vorzubereiten. Für mich ist das der Schlüssel zum Erfolg.
Ayre: Es ist ein großer Schritt für Sie und unsere Tochter in eine fremde Stadt zu gehen, aber bisher ist sie begeistert. Vom Land, von der Freundlichkeit der Menschen. Sie ist auch ein großer Fußballfan und freut sich auf die Herausforderung.
Ayre: Nicht so viel wie in Liverpool. Das liegt daran, dass ich mich seit dem 0:1 in Kaiserslautern unter dem Bett versteckt habe (lacht). Stimmt natürlich nicht ganz: Erst am Sonntag war ich in einem Irish Pub, um das Liverpool-Spiel zu sehen. Da hat mich dann direkt ein Liverpool-Fan angesprochen: Sind Sie Ian Ayre? Was soll ich da sagen? Wir fanden es beide lustig. Wenn wir mit 1860 Erfolg haben, werden mich bestimmt auch ein paar Löwen-Fans erkennen.