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Deutschlands neue Biathlon-Hoffnung Zobel vom SC Garmisch: „Hilft auch mal, auf die Schnauze zu fallen“

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Von: Thomas Jensen

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Hinein ins Glück: In Kontiolahti erlebte David Zobel sein mit Abstand bestes Weltcup-Wochenende
Hinein ins Glück: In Kontiolahti erlebte David Zobel sein mit Abstand bestes Weltcup-Wochenende. © IMAGO/Kalle Parkkinen

David Zobel spricht mit uns über den starken Start in die noch junge Weltcup-Saison und Rückschläge in seiner Biathlon-Karriere. War Finnland nur eine Eintagsfliege?

München – Starker Start. Das gilt für das ganze deutsche Team. Und es gilt für David Zobel. Beim Einzel in Kontiolahti hat der 26-jährige Athlet des SC Garmisch das erste Weltcup-Stockerl seine Karriere erreicht. Bevor der Weltcup nun in Hochfilzen weitergeht hat der gebürtige Starnberger mit unserer Zeitung gesprochen und erzählt, warum seine Wintersport-Karriere schon mal auf der Kippe stand.

David Zobel, auch wenn es schon ein paar Tage her ist – wie war Ihre Gefühlslage nach dem dritten Platz?

David Zobel: Nach dem Rennen war es eine Reizüberflutung. Davor bin ich nicht mit diesen Erwartungen an den Start gegangen, wollte einfach in die Punkte laufen und hätte auch auf der Strecke nie gedacht, dass es fürs Podest reicht. Im Anschluss ist man dann natürlich happy, aber es dauert, bis man selbst über diese Leistung nachdenken kann, da erst mal ein Medienmarathon ansteht und so viele Gratulationen kommen.

Biathlon: Zobel glänzt in Kontiolahti - und nährt den Traum von WM und Olympia

Die Ruhe dürften Sie nun gefunden haben. Wie denken Sie jetzt über Ihre Leistung?

Zobel: Natürlich steht ein Weltcup-Podium über vielem. Denn wozu nehmen wir die ganze Arbeit auf uns? Um irgendwann mal bei einer WM oder Olympia auch da zu stehen – und dass es im Weltcup funktioniert, zeigt, dass es möglich ist. Dadurch, dass ich in Sprint und Verfolgung auch in die Top Ten gelaufen bin, hat es noch mal einen höheren Stellenwert für mich bekommen, da ich bestätigt habe, dass es keine Eintagsfliege war.

Sind auch die starken Ergebnisse der ganzen Mannschaft und nicht nur die eigenen gut fürs Selbstvertrauen?

Zobel: Definitiv. Insgesamt muss man sagen, dass wir extrem gutes Material hatten, das hilft enorm bei der Dichte in der Weltspitze. Und irgendwie ist es von Beginn an gelaufen und hat sich dann potenziert. Wenn das früh so aufgeht, können alle ein bisschen ruhiger bleiben, weil man weiß, dass das Umfeld und die Medien zufrieden sind.

DSV-Biathlet David Zobel: Gute Quoten am Schießstand, überragendes Material

Was ist nun wichtiger: Versuchen, die Erwartungen zu bremsen, oder möglichst euphorisch den Schwung mitzunehmen?

Zobel: Ich denke beides. Es ist wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass es nur ein Wochenende war, das extrem gut gelaufen ist, und dass die anderen auch Bock haben, gute Rennen zu zeigen. Es kann schnell wieder in die andere Richtung laufen. Aber kleinreden müssen wir uns auch nicht, denn ganz ehrlich: Wenn wir weiterhin so gute Quoten am Schießstand haben und das Material stimmt, warum soll es dann nicht so weiterlaufen? Fürs Selbstbewusstsein hat Kontiolahti auf jeden Fall nicht geschadet und der mentale Aspekt ist immer wichtig im Biathlon.

Ist das Gefühl jetzt schon ein anderes als vor dem Start?

Zobel: Ja schon. Aber nochmal: Falls jetzt in Hochfilzen im Sprint (Live-Ticker) niemand unter die besten 20 läuft, ist Kontiolahti auch schnell wieder vergessen. Die Norweger zum Beispiel sind uns zumindest bei den Herren schon noch einen Ticken voraus. Die liefern ab und machen danach auch immer so weiter, daran können wir uns ein Beispiel nehmen.

Obwohl Sie das erste deutsche Podest der Saison geholt haben, waren Sie im Rennen danach, der Staffel, nicht dabei. Eine Enttäuschung?

Zobel: Natürlich hätte ich mich gefreut, mitzulaufen. Aber am Ende muss man die Trainer beglückwünschen, denn es ist ja alles gut gelaufen. Wir sind in der Staffel Zweiter geworden und ich habe in Sprint und Verfolgung wieder gute Rennen gezeigt. Womöglich auch deswegen, weil ich einen Tag mehr Regeneration hatte. Dass ich gerne Staffel laufen würde, womöglich schon hier in Hochfilzen, ist ja klar.

Biathlon: Frühen Aufstieg betrachtet David Zobel rückwirkend als Fehler

Hochfilzen wird ihr achter Weltcup-Stopp, ihr Debüt haben Sie im März 2021 gegeben. Warum sind Sie nicht früher aufgefallen?

Zobel: Da muss man etwas weiter zurückgehen. In der Jugend lief es ganz gut bei mir, ich habe da auch EM- und WM- Medaillen gewonnen. Nach der Juniorenzeit bin ich dann direkt in den A-Kader gekommen. Im Nachhinein war das allerdings zu früh.

Warum?

Zobel: Ich habe da mit Erik, Simon und Arnd (Lesser, Schempp und Peiffer, Anm.d.Red.) trainiert. Es war eine coole Erfahrung und hat viel Spaß gemacht. Aber es war am oberen Limit ich habe in jedem Lehrgang mehr oder weniger ums Überleben gekämpft. Bestimmt hätte es funktionieren können, aber bei mir hat es das nicht. Vor allem mental bin ich nicht so gut klargekommen und habe einfach sehr viele Fehler geschossen.

Wann wurde es wieder besser?

Zobel: 2019 habe ich mir gesagt, dass es so nicht weiter geht. Entweder ich höre auf oder ich mache etwas anders. Aufhören war allerdings keine Option, ich wollte mir nicht vorwerfen, nicht alles versucht zu haben. Wenn es dann weiter nicht funktioniert hätte, hätte ich zumindest sagen können, dass ich mir nichts vorwerfen kann und alles gegeben habe. Das ist mir wichtig, das möchte ich irgendwann auch am Ende der Karriere sagen können.

Und was haben Sie anders gemacht?

Zobel: Ich bin von daheim weggezogen, was natürlich nicht einfach war, zum Stützpunkt nach Oberhof. Das war auch mit Mark Kirchner abgesprochen. Die neuen Reize haben dann irgendwie gleich angeschlagen. Ich habe mental den richtigen Modus gefunden und das Schießen in den Griff bekommen. Ich möchte es niemandem wünschen, aber im Biathlon kann es auch mal helfen, auf die Schnauze zu fallen und daran zu reifen.

Der Biathlon-Weltcup wird zum 46. Mal ausgetragen. Den Zeitplan sowie alle Termine, Orte und Disziplinen für die Saison 2022/2023 gibt es hier im Überblick.

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