1. Startseite
  2. Sport
  3. Wintersport

Felix Neureuther: Rücken gestärkt, erster Schnee-Kontakt

Erstellt:

Von: Jörg Köhle

Kommentare

null
Lesestunde mit dem Neffen: Neureuther zeigt Oscar den Playboy - die Witzseite. © Facebook/Neureuther

München -  Felix Neureuther kehrt nach einem halben Jahr auf Schnee zurück, der Rücken ist mit neuer Therapie gestärkt.

Man könnte den Eindruck gewinnen, Felix Neureuther bereitet schon einen fließenden Übergang ins Leben nach der Ski-Karriere vor. Bei Sat.1 gibt er als Jury-Mitglied von „Super Kids“ seine Bewertungen ab, wenn ein 10-jähriger Chinese drei Zauberwürfel gleichzeitig löst oder tanzende Kinder sagenhafte Verrenkungen machen, als hätten sie Gelenke aus Gummi. Irgendwie erinnert der Nebenjob im TV an Papa Christians früheres Gastspiel bei Dalli-Dalli und an seine Eltern als musikalische Experten in der RTL-Chartshow („Mei, Rosi, weißt es noch?“).

Felix Neureuther, dem am 7. November beim Sportpresseball in Frankfurt der Preis „Sportler mit Herz“ verliehen wird, kann es gut mit Kindern, weil er sich mit 31 Jahren selbst das Kind im Manne bewahrt hat, tief drin ein ewiger Lauser steckt. Dazu passt auch ein Bild, das er neulich auf seiner Facebook-Seite postete. Auf seinem Schoß sitzt der acht Monate alte Neffe Oskar, Sohn von Schwester Ameli, und studiert fasziniert das üppige „Milchangebot“ im Wiesn-Playboy. „Nur die Witzeseite“, korrigiert der Onkel.

Wann es Zeit wird für eigene „Super Kids“? Neureuther lächelt das Thema schnell beiseite. „Jetzt machen wir erst mal noch ein bisserl Sport.“ Das kann er jetzt wieder. Nach einem halben Jahr ohne Schnee-Kontakt machen die ersten Versuche auf Ski durchaus Hoffnung, der Rücken, speziell die ramponierten Bandscheiben, könnten halten. Auch wenn sich die ersten Versuche nach so langer Pause „ein bisserl wie auf rohen Eiern“ angefühlt hätten. Das Timing, die Bewegungsabläufe, wie man die Stangen anfährt, „das war alles noch ein bisserl gequält“.

Es wird von Tag zu Tag besser, und Hauptsache: Keine Schmerzen. „Ich habe den Sommer komplett ohne Spritzen und Schmerztabletten durchgestanden“, erzählt Neureuther. Am Ende der letzten Saison, als er sich im Zweikampf mit dem letztlich wieder überlegenen Österreicher Marcel Hirscher aufrieb, hatten die schwer beleidigten Bandscheiben sogar Lähmungserscheinungen ausgelöst. Nicht auszudenken, wäre infolge dessen ein schwerer Sturz passiert. Noch im Frühjahr konnte Neureuther kaum länger stehen, eine durchaus beängstigende Situation.

Auf Initiative von Cheftrainer Mathias Berthold schlug man einen ganz neuen Kurs bei der Behandlung ein. Berthold lotste den Physiotherapeuten Oliver Saringer, bekannt aus der gemeinsamen Zeit beim österreichischen Skiverband, zum deutschen Skiteam – und zur speziellen Betreuung des Sorgenkindes. „Ein überragender Mann“, findet Neureuther. Ziel der Therapie war (und ist), den Rücken derart in Schuss zu bringen, dass die Muskulatur die Dämpfung der Schläge auf der Piste übernimmt, nicht mehr die Bandscheiben. Auch Neureuthers medizinischer Zick-zack-Kurs auf den Straßen ist übersichtlicher geworden. Klar war für ihn: „Ich mache das definitiv nicht mehr, 20 000 Kilometer im Jahr im Auto zu sitzen und zu Ärzten und Physiotherapeuten zu fahren.“

Er muss auf seinen Körper hören, die Trainingsumfängen immer wieder reduzieren. Wenn die Kollegen Fritz Dopfer, Stefan Luitz oder Linus Strasser acht Probeläufe absolvieren, macht Neureuther eben nur vier. Seit gestern trainieren sie in Hintertux, Neureuther soll von den Zeiten her schon wieder gut dabei sein. Einem Start beim Weltcup-Auftakt in Sölden am 25. Oktober sollte damit nichts im Wege stehen. Die Zielsetzung für diesen Winter formuliert er so: „Besser zu werden als letztes Jahr. Ich bin überzeugt, dass das noch in meinem Körper steckt, dass ich noch einiges rausholen kann.“ Vielleicht reicht es doch mal zur Kristallkugel.

Auch von seiner grundsätzlichen Karriereplanung rückt Neureuther nicht ab: Die Olympischen Spiele in Pyeongchang 2018 würde er gerne noch mitnehmen, wenn es der Körper irgendwie zulässt. „Vom Kopf her braucht man ein Ziel“, findet der Garmisch-Partenkirchner und hat sich dafür „eine Art Rocky-Mentalität“ zugelegt. Wie sich Sylvester Stallone im gleichnamigen Film für einen Boxfight stählt – wenn auch nicht Bäume durch den Schnee schleppend – will Neureuther für das Ziel Pyeongchang über die Schmerzgrenzen gehen. „Auch wenn’s mal härter wird, in der Früh aufzustehen.“

Dazu passt sein letzter Eintrag bei facebook: Ein Bild im Fitnessstudio, bei dem er in Abfahrtshocke Kniebeugen macht, auf dem Rücken ein schweres Hantelgewicht. Der Titel: „Mein Rücken ist be-Last-bar. Keep on fighting!!“

Jörg Köhle

Auch interessant

Kommentare