- vonRudolf Ogiermannschließen
Brigitte Hobmeier spricht im Interview über ihren ARD-Fernsehfilm „Ein Teil von uns“, Stärke und Schwäche sowie ihre Erinnerungen an Götz George.
Ein Job, eine Wohnung, eine neue Liebe – Nadja (Brigitte Hobmeier) ist auf dem besten Weg, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Dann taucht ihre alkoholkranke, obdachlose Mutter (Jutta Hoffmann) auf und stellt alles wieder in Frage. Nicole Weegmanns Fernsehfilm „Ein Teil von uns“, zu sehen am Mittwoch, 16. November um 20.15 Uhr im Ersten, zeigt in teils drastischen Bildern eine dramatische Mutter-Tochter-Beziehung, die auch die Tochter in den Abgrund zu reißen droht. NadjaDarstellerin Brigitte Hobmeier sorgte als Theaterschauspielerin am Münchner Volkstheater („Lulu“) und an den Kammerspielen („Susn“) für Furore, war von 2013 bis 2015 die Buhlschaft im Salzburger „Jedermann“. In den vergangenen Jahren zeigte die 40-Jährige auch in Kino und Fernsehen Präsenz, etwa in „Räuber Kneißl“, „Sommer in Orange“ und „Was machen Frauen morgens um halb vier?“. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Münchnerin die Kammerspiele verlässt. Zu diesem Thema wollte sie sich im Gespräch mit unserer Zeitung jedoch nicht äußern.
Nadja fühlt sich verantwortlich für ihre Mutter, wird aber von ihrem Umfeld auch verantwortlich gemacht, nicht nur von der Mutter selbst. Ist das die Botschaft des Films?
Inwieweit hat der Film Ihre Sicht auf das Schicksal von Obdachlosen verändert?
Wenn wir wollen, sehen wir diese Menschen ja, die unter den Brücken leben und auf der Straße herumlaufen. Wir schauen auf sie, denken aber nicht an die Familien, die sie vielleicht noch haben. Wie leben die wohl damit? Das ist das Spannende an „Ein Teil von uns“, dass man sich als Zuschauer klar machen muss: Du kannst vor deinem Leben nicht davonlaufen, und Nadjas Schicksal ist nun mal, dass sie eine Mutter hat, die alkoholkrank ist und auf der Straße lebt.
Sind Sie privat auch eine, auf der man Verantwortung ablädt, nach dem Motto: Die schafft das schon?
Es gibt natürlich Augenblicke, in denen ich spüre, dass mir mehr zugemutet wird, als ich in der Lage bin zu leisten. Niemand ist Superman oder Superwoman. Aber grundsätzlich finde ich es gut, gefordert, auch mal überfordert zu werden. Über seine Kräfte hinauszuwachsen ist eigentlich etwas Schönes.
Sie spielen oft Charaktere, die sich behaupten müssen, auch als Frauen in einer Männerwelt…
Ah ja?
Ich denke da beispielsweise an „Die Hebamme – Auf Leben und Tod“, in der Ihre Figur mit der Kirche und der Schulmedizin gleichermaßen in Konflikt gerät.
Sie haben keine Angst davor, festgelegt zu werden?
Wenn mir ein Buch gefällt, ist nicht mein erster Gedanke: Nee, das ist den Figuren zu ähnlich, die ich bisher gespielt habe, das mache ich nicht. Außerdem macht das eine Rolle ja reizvoll. Schauen Sie sich die großen literarischen Figuren an. Die zeigen ihre Stärken und ihre Schwächen, sie lassen spüren, wo sie an Grenzen kommen, sie zeigen Fallhöhe. So etwas gefällt mir immer, weil es mir viele Spielmöglichkeiten gibt.
Sie haben im Jahr 2010 in „Papa allein zuhaus“ mit dem in diesem Jahr verstorbenen Götz George gespielt. Wie war das?
Toll! Es war nur ein Drehtag, aber ich war furchtbar aufgeregt. Das war eine Szene, in der ich die ganze Zeit reden musste, er musste nur reagieren und ein, zwei Sätze sagen. Ich hatte Muffensausen vor der Szene.
Inwiefern?
Sie waren – jedenfalls aus Münchner Perspektive – schon ein Theaterstar, bevor Sie sich auch durch Film und Fernsehen einen Namen gemacht haben. Sehen Sie das Theater als Ihre eigentliche Berufung?
Die Frage habe ich schon oft gestellt bekommen, aber ich habe noch immer keine passende Antwort darauf gefunden. Warum ist man Schauspielerin? Ich spiele, weil ich gerne spiele. Ich spiele auf der Bühne, weil ich da extrovertierter, konzeptioneller arbeiten kann. Ich spiele im Film, weil ich mich auf diesen klaren Naturalismus freue. Da ist eine Riesenleidenschaft für beide Seiten. Dass ich die entsprechenden Angebote bekomme, dass ich Theater Film machen darf, ist ein großes Geschenk.